Jean Jacques Rousseau : Wieso empfindet er die Reflexion als schlecht?
Der Mensch ist nach Rousseau im Naturzustand gut und durch Reflexion wird er schlecht. Wie ist das zu verstehen? Gibt es hierfür eine Begründung? Geht er von einem Axiom aus?
Im Grunde genommen relfektiert er doch selbst, während er seine Philosophie "entwickelt" hat.
Danke im Voraus
1 Antwort
Rousseaus "Mensch im Naturzustand" ist ein Mensch, der noch in und ganz mit der Natur lebt, also eine Art eigebildeter "Vormensch", der sich noch nicht seines Verstandes bedient. Mit der Bewusstheit auf sein Ich beginnt die Abgrenzung von anderen ICHs, beginnt die gesellschaftliche Organisation. Erst in der gesellschaftlichen Organisation entsteht für Rousseau Gewalt, Macht, Eigentum, Selbstbehauptung und das alles ist das Ergebnis eines Ich-bewussten Menschen, der sich und seine Umwelt reflektiert, wertet. Rousseaus "Mensch im Naturzustand" ist ein unrealistisches Ideal als Gegenposition zum gesellschaftlich organisierten Menschen. Ein Zurück in den "Naturzustand" gibt es eh nicht mehr. Rousseau braucht den "Naturzustand" nur, um ein Paradies zu beschreiben mit idealen Werten und Werthaltungen, zu der dann wieder eine die Entartungen der Gesellschaft reflektierende Menschheit hingelangen soll. Statt theoretisch gesellschaftliche Ideale zu beschreiben steckt Rousseau sie in ein Märchen vom "Menschen im Naturzustand". Das enthebt ihn der Mühe, die Idealbilder zu reflektieren auch auf ihre inneren Widersprüche hin, auf die in ihnen angelegten Zielkonflikte. Die treten dann in seinem Gesellschaftsentwurf zu Tage, der im Prinzip in einer Diktatur endet.