Ist "Schuld" bloß ein moralisches Konzept, was nur subjektiv funktioniert, oder nicht doch eher objektiv eine "unerfüllte Verantwortung"?
6 Antworten
Wow, eine sehr spannende Frage!
Mir fallen da gerade spontan zwei Arten von Schuld ein:
- Wenn man jemandem oder etwas irgendetwas schuldet, oder
- Wenn man die Schuld an einer Sache trägt
Zum ersten Punkt finde ich die "unerfüllte Verantwortung" eigentlich sehr passend, wobei ich sie noch etwas ergänzen würde: "(noch) unerfüllte Erwartung". Doch gibt es das objektiv? Vielleicht schon. Doch wenn ich mir das durchdenke, ist dieses "objektiv" eigentlich nur sehr subjektiv zu beurteilen, was ihm dann irgendwie ein bisschen seiner Objektivität nimmt.
Was lässt sich zum zweiten Punkt sagen? Wenn ich eine Person absichtlich verletze, ist die Verletzung auf jeden Fall meine Schuld, ich habe im Optimalfall Schuldgefühle. Doch lässt sich dies objektiv beurteilen? Wohl kaum, denn es existiert bloss in unseren Köpfen. Und vor allem: Das Schuldgefühl haben wir ja nicht in allen Situationen, manchmal bleibt es aus, bei vielen anderen Tiere wissen wir auch gar nicht, ob es überhaupt existiert, zum Teil ist das ungerechte Verhalten gegenüber anderen Lebewesen also wohl auch einfach natürlich und, zumindest ursprünglich, überlebenswichtig.
Was soll man nun also sagen? Ich denke tatsächlich, dass diese Schuld, in beiden Fällen, ein moralisches und vor allem auch gesellschaftliches Konstrukt ist, das sich unglaublich schlecht objektiv beurteilen lässt. Aber ob es wirklich ganz rein subjektiv ist?
Du siehst, ich habe da auch keine Antwort, aber es hat mir auf jeden Fall Spass gemacht, meine Gedanken hier zu teilen, und ich danke für die Frage, die so toll zum nachdenken anregt! =D
Moralische Konzepte sind eng mit der Kultur verbunden und wandeln sich im Verlauf deren Entwicklung. Da gibt es z.T. erhebliche Kontraste.
Evolutionstechnisch haben sich unsere affenähnlichen Vorfahren zu sozialen Wesen entwickelt, die tendenziell in einer Gemeinschaft höhere Überlebenschancen hatten.
Das Zusammenleben in einer Gemeinschaft macht aber nur Sinn, wenn alle sich dem gleichen Regelwerk unterordnen. Und damit habe ich meine Verantwortung gegenüber dem anderen. Als Verkehrsteilnehmer muss ich mich z.B. darauf verlassen können, dass andere auch die Regeln beachten - sonst krachts
Jede Schuld ist somit erstmal ein Verstoß gegen einem anderen aus der Gemeinschaft. Während früher Menschen aus anderen Gruppen/Ethnien/Kulturen nicht dazu zählten hat der Humanismus das Konzept auf alle Menschen ausgeweitet und bis zu einem gewissen Grad auch auf Tiere.
Vielleicht liegt es am höher entwickelten Bewußtsein unserer Spezies, dass sich Neid, Machtbewußtsein, Konkurrenz gegen andere unserer eigenen Spezies richten. Vielleicht sind das noch destruktive Reste der biologischen Selektion als es tatsächlich noch darauf ankam besser&stärker als andere zu agieren.
Ja sicher.
Der allgemeine Spruch "Ich entschuldige mich..." ist ja nur eine Losprechung der eigenen Schuld. Es heißt nicht automatisch, dass es einem leid tut. Im Englischen "I'm sorry..."
Mit dem Spruch wird man die Verantwortung nicht los.
Schuld auf der anderen Seite, schuldig sein, ist die Übernahme einer Verantwortung, egal ob diese freiwillig oder resp von einem Gericht verhängt wird.
Oder was meinst du mit "unerfüllter Verantwortung"?
Naja, da könnte ich mitreden, da mir mein Vater die Verantwortung übertragen hat, als ich gerade mal 20 Jahre alt war.
Was genau ist denn jetzt deine Intention?
Ich dachte, dass Verantwortung sich objektiv verorten lässt, was aber nicht wahr ist, es ist ebenfalls durch subjektive Definition abhängig, was zur Verantwortung gehört, oder was nicht...
Vielleicht ist es am besten, wenn wir Schuld einfach mit Verantwortung ersetzen.
Das moralische Konzept "Schuld" gibt es in der Natur wahrscheinlich tatsächlich nicht. Aber wenn ich jemanden verletze, dann trage ich die Verantwortung dafür.
Eine unerfüllte Verantwortung im Sinne von "Schulden", müssen keine finanziellen sein, das gibt es schätze ich nicht in der Natur. Jedenfalls habe ich kein Bild dazu im Kopf.
Ich würde bei "Schuld" eher von einer erfüllten Verantwortung ausgehen, aber im negativen Sinne. Also ein negatives Ereignis, wofür man die Verantwortung trägt, weil man es herbei geführt hat.
Ich hoffe, das ist hilfreich.
Das ist dann die Frage, was genau Verantwortung ist, wie sie genau zu definieren ist...
"Schuld" ist eine Erfindung der römischen Kirche.
Es gibt sie gar nicht.
Ich meine damit, dass man Verantwortung bekommt, z.B. ein Geschäft richtig am laufen zu halten, was, wenn man dies tut, seine Verantwortung erfüllt hat, während, wenn man dies nicht tut, z.B. aus eigenem Unvermögen heraus, dann die Verantwortung nicht erfüllt hat, unerfüllte Verantwortung oder Schuld.