Ist dieser Vers eine Personifikation?
Die konten reden.Die Bilanzen schweigen.
Könnte jemand mir jemand mit der erklärung der bedeutung helfen und was der autor damit ausdrücken möchte?
Ehrlich esagt ich habe keine Ahnung was für ein sprachliches Mittel das ist.
2 Antworten
Die Zeile ist aus dem Gedicht "Die Zeit fährt Auto" von Erich Kästner aus dem Jahr 1928. Hierin wird eine kapitalistische, geldgesteuerte Welt beschrieben, Es gib zu diesem Gedicht im Internet massenhafte Interpretationen und Analysen, die du dir gerne durchlesen kannst.
Hier einmal das ganze Gedicht:
Die Zeit fährt Auto
Die Städte wachsen. Und die Kurse steigen.
Wenn jemand Geld hat, hat er auch Kredit.
Die Konten reden. Die Bilanzen schweigen.
Die Menschen sperren aus. Die Menschen streiken.
Der Globus dreht sich. Und wir drehn uns mit.
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Die Zeit fährt Auto. Doch kein Mensch kann lenken.
Das Leben fliegt wie ein Gehöft vorbei.
Minister sprechen oft vom Steuersenken.
Wer weiß, ob sie im Ernste daran denken?
Der Globus dreht sich und geht nicht entzwei.
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Die Käufer kaufen. Und die Händler werben.
Das Geld kursiert, als sei das seine Pflicht.
Fabriken wachsen. Und Fabriken sterben.
Was gestern war, geht heute schon in Scherben.
Der Globus dreht sich. Doch man sieht es nicht.
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Ein durchgehendes Stilmittel besteht darin, dass die Sätze kurz und knapp sind. Es sind meistens einfache Hautsätze. Sehr häufig beginnen sie mit einem bestimmten Artikel.
Das Ganze macht auf mich einen fatalistischen, unausweichlichen Eindruck.
Die von dir betrachtete Zeile kann man schon als Personifikation bezeichnen, da Reden und Schweigen menschliche Tätigkeiten sind.
Warum nun ausgerechnet Konten reden und Bilanzen schweigen, also diesen Konstrukten aus Zahlen, die doch beide Geldbewegungen und Geldbestände darstellen, gegensätzliche Aktivitäten zugeordnet werden, erschließt sich mir auch nach einigem Nachdenken nicht.
Firmenbilanzen sollen ja möglichst positiv sein. Je größer das Plus, umso zufriedener kann man sein. Aber eine solche Firmenbilanz verschweigt, welche Opfer erbracht worden sind, und auf welche Weisen Menschen unterdrückt worden sind, damit sie zu der positiven Bilanz beigetragen haben, z.B. die Fabrikarbeiter.
Hast du, Pegglyon05 denn inzwischen einen Erklärungsansatz gefunden?
Ja.
"Die Konten reden. Die Bilanzen schweigen."
Konten können nicht reden, das könnnen nur Menschen (=Personen). Bilanzen schweigen nicht, aber Menschen schweigen. Deswegen sind das zwei Personifikationen.
Die Bedeutung hat Achwasweissich sehr schön auf den Punkt gebracht. Da verdient sich jemand dumm und dämlich, und in den Bilanzen taucht nichts davon auf.
Gruß, earnest
Du bist wohl ein Lyrik-Liebhaber. Hast du persönlich mit dieser Website "Gesprochene deutsche Lyrik" zu tun?
Den Dichter Axel Maria Marquardt kannte ich bisher nicht. Er kommt humoristisch her, in der Art wie Eugen Roth, aber auch mit einer enrstzunehmenden Grundaussage.
Ein Gericht, das ich im Bekanntenkreis letzte Woche zur Diskussion gestellt hatte, ist "Hälfte des Lebens" von Friedrich Hölderlin:
Hälfte des Lebens ∼
Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne;
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.
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Weh mir, wo nehm' ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.
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Wie findest du das?
Wunderbare Bilder!
Nei, damit hab ich nichts zu tun. Aber in jüngeren Jahren, hab ich "auf Befehl" Haikus, Limericks und Blankvers rausgehauen.
;-)
Die realen Blumen und Baumblüten blühen weiterhin, denn es ist Frühling. Gerade gestern habe ich sie auf einer Fahrradtour bewundert. Aber es sind weniger Menschen draußen.
Ich dachte da auch eher an die metaphorischen Blumen, an die verschwindenden Blütenträume.
Bei Achwasweissich handelt es sich um Erich Kästner.
Deinen Erklärungsaspekt finde ich gut bzw. bedenkenswert.