Ist der Jäger schuld?
Angenommen, der Jäger schießt auf ein Reh, das weicht der Kugel aus.
Die Kugel prallt am Baum ab und trifft 50 Meter entfernt ein Rentner im Kopf.
Der Rentner stirbt.
Wäre das Totschlag oder versehentliche Tötung?
10 Antworten
Ok, zwei Sachen: Erst zu Deiner Frage an sich und dann zu dem, wie es rechtlich aus meiner Sicht (ich bin kein Anwalt) bewertet wird.
Angenommen, der Jäger schießt auf ein Reh, das weicht der Kugel aus.
Das Reh weicht der Kugel nicht aus. So ein Reaktionsvermögen haben weder Mensch noch Tier. Die Kugel fliegt auf relativ kurze Distanz (jagdliche Schüsse liegen im Flachland oft im Bereich von 30 bis max. 150 Meter) mit Kugeln die Überschallgeschwindigkeit erreichen (also eher am Ziel ankommen als der Knall des Schusses).
Aber es kann natürlich vorkommen, dass das Reh aus irgend einem nicht vorhersehbaren Grund plötzlich genau in dem Moment abspringt in dem man abdrückt. Das ist dann halt so, so etwas kann passieren. Das ist nun einmal die Realität die ist nicht planbar wie ein Laborversuch.
Die Kugel prallt am Baum ab (…)
Nächste Fehlannahme. Die Kugel prallt nicht am Baum ab. Die bleibt normalerweise darin stecken bzw. zerlegt sich.
(…) und trifft 50 Meter entfernt ein Rentner im Kopf.
Das wäre dann ein Unglücksfall. Im Zweifel noch nicht einmal fahrlässige Tötung, wenn der Jäger ordnungsgemäß vorgegangen ist.
Denn:
Der Jäger hat sich vor Schussabgabe zu versichern, dass das Schussfeld frei und ein Kugelfang gegeben ist.
Hat er das gemacht, dann ist er seiner Pflicht nachgekommen. Hat im Folgenden also auch nicht fahrlässig gehandelt.
Sollte dann plötzlich eine Kette von Umständen eintreten die kein Mensch voraussehen kann, z.B. (Deine Frage leicht abgewandelt):
- Reh springt in der Sekunde ab,
- der Erdboden fängt die Kugel nicht sondern sie prallt an einem zufällig genau passend platzierten Steinchen seitlich ab ohne zu zersplittern,
- fliegt in eine vorher nicht vorhersehbare Richtung noch ein Stück mit genug Energie weiter
- und es kommt plötzlich ein vorher nicht sichtbarer Bushcrafter in Tarnkleidung (oder ein Rentner, oder …) aus dem Gebüsch gesprungen und fängt die Kugel mit dem Kopf auf…
Dann ist das einfach nur Pech.
Denn daran war seitens des Jägers gar nichts fahrlässig.
"Versehentliche Tötung" kennt das StGB nicht. Das wäre wohl fahrlässige Tötung nach § 222 StGB..
Wäre wohl fahrlässige Tötung (abgesehen davon, das sowas extrem unwahrscheinlich bis unmöglich ist).
Denn hätte der Jäger alle unververhütungsvorschriften eingehalten wäre es auch nicht dazu gekommen. Damit hat er wohl fahrlässig gehandelt.
hätte er doch alle Sicherheitsvorschriften 100% eingehalten und es kommt zu einem Unfall mit einem Toten wäre niemand Schuld.
… sorry, aber der Teil ist falsch:
Denn hätte der Jäger alle unververhütungsvorschriften eingehalten wäre es auch nicht dazu gekommen.
Den Zufall kann man nie tu 100% ausschliessen. Dieser Rückschluss ist so nicht zulässig.
Zu den Sicherheitsvorschriften gehört aber meiner wissen auch, das nur geschossen werden darf, wenn keine Querschläger möglich sind. Wenn es lt der Frage doch zu einem gekommen ist, wurde wohl doch fahrlässig gehandelt da diese Schutzvorschrift und damit nicht alle erforderliche Sorgfalt beachtet wurde
Zu den Sicherheitsvorschriften gehört aber meiner wissen auch, das nur geschossen werden darf, wenn keine Querschläger möglich sind.
Nein, so in der Form nicht. Denn das kann man nicht so pauschal ausschliessen. Wie willst Du „darf nicht möglich sein“ denn definieren?
Niemand weiss, ob in der Erde hinter dem Wild (die üblicherweise als Kugelfang dient, darum schiesst man ja schräg von oben vom Hochsitz aus) zufällig genau an der Stelle ein Steinchen steckt an dem eine Kugel theoretisch abprallen könnte. So etwas ist in der Realität nicht kontrollierbar.
Dann könnte man ja genauso gut in die StVO schreiben „jeder darf nur so Auto fahren, dass Unfälle nicht möglich sind“ und wir hätten keine Unfälle mehr…
Du wirst lachen: Sowas passiert ab und zu. Meist ist trifft es aber einen anderen Jäger (der natürlich auch Rentner sein kann).
Nicht selten wird sowas aber dann als "bedauerlicher Jagdunfall" erklärt.
Nicht selten wird sowas aber dann als "bedauerlicher Jagdunfall" erklärt.
Genau. 👍
Was es ja auch ist, wenn der Schütze nicht beweisbar fahrlässig gehandelt hat.
Dann ist es eben einfach nur Pech.
Das wäre fahrlässige Tötung gemäß §222 StGB.
Das wäre fahrlässige Tötung gemäß §222 StGB.
Welche Fahrlässigkeit kannst Du dem Jäger vorwerfen?
Danke, genauso sehe ich das auch.
Nur dass hier in dieser Frage keine Fahrlässigkeit vorliegt, wenn der Rentner nicht vorher um Schussfeld zu sehen war. Und wenn das der Fall gewesen wäre, dann hätte der Jäger nicht geschossen.