Inwiefern hat die Verfassung von 1871 demokratische und obrigkeitsstaatliche Elemente vereint?

Vielleicht ne Hilfe - (Schule, Politik, Geschichte)

4 Antworten

Der demokratische Anschein entsteht durch den Umstand, das ein Parlament gewählt wurde und die Abgeordneten durch allgemeines, gleiches, direktes und geheimes Wahlrecht für Männer bestimmt wurden.

Die demokratischen Elemente war ein Placebo fürs Volk. Ihnen wurde Souveränität vorgegaukelt. Die Regierungsgewalt unterlag nicht der Souveränität des Volkes. Der Kaiser konnte für seine Amtsführung nicht zur Verantwortung gezogen werden; seine Person war unverletzlich. Die Reichsverfassung verpflichtete den Kaiser auch nicht auf ein eidliches Gelöbnis, nur in Übereinstimmung mit der Verfassung zu regieren. Der Kaiser ernannte und entließ ohne Zustimmung von Bundesrat und Reichstag den Reichskanzler. Wenn die öffentliche Sicherheit bedroht war, konnte der Kaiser im gesamten Bundesgebiet in Krieg und Frieden, zwar bei Gegenzeichnung des Reichskanzlers, aber ohne Zustimmung von Bundesrat und Reichstag zeitlich unbegrenzt den Belagerungszustand erklären. Er konnte also mit dem von ihm ernannten Kanzler Putschen, wenn er es für angemessen hielt. Während des gesamten Ersten Weltkriegs war der Belagerungszustand erklärt. Aufgrund des Belagerungszustandes konnten die politischen Bürgerrechte wie Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit beliebig eingeschränkt werden. Die kaiserlichen Machtbefugnisse gingen insgesamt weiter, als der Name Präsidium des Bundes vermuten ließ. Machtpolitisch äußerst wirksam war, dass der Kaiser den Reichskanzler und die Reichsbeamten ernennen und absetzen konnte, sowie dass dem Kaiser nicht nur im Kriegsfalle, sondern auch im Frieden die Befehls- und Kommandogewalt über Heer und Marine zustand. Er konnte stets die Zeichnung der Vorlagen des Reichskanzlers verweigern, so dass das angestrebte Regierungsgeschäft nicht zustande kam. Zwischen 1890 und 1908 übte Kaiser Wilhelm II. sein Amt als persönliches Regiment aus, und bemühte sich trotz anhaltender Misserfolge in autokratischer Weise um Einfluss auf das politische Tagesgeschäft. Diese Möglichkeit war in der Verfassung angelegt: Das erforderliche Einvernehmen konnte auch dadurch hergestellt werden, dass der Kaiser Persönlichkeiten mit geringem politischem Gestaltungsbedürfnis zum Reichskanzler ernannte. Der Reichstag konnte den Reichskanzler weder wählen noch abwählen, so dass die Regierungsgewalt nicht auf Willensentschlüsse des Volkes zurückging, sondern auf den König von Preußen. Erst mit der Oktoberreform 1918 erhielt der Reichstag das Recht zur Abwahl des Reichskanzlers und die Zuständigkeit für Akte der kaiserlichen Befehls- und Kommandogewalt von politischer Bedeutung. Dadurch ging auch die Regierungsgewalt in die Souveränität des Volkes über.


daddeldrg1 
Beitragsersteller
 07.11.2018, 10:14

Dankeschön für die Mühe! Hat mir sehr geholfen.🤗

0

Dein Arbeitsblatt ist falsch. Im Deutschen Reich gab es kein allgemeines, gleiches Wahlrecht, sondern das sogenannte Dreiklassenwahlrecht. Je nachdem, wie viel du an Vermögen hattest, welchen Beruf du ausübtest oder dir juristisch hast was zu Schulden kommen lassen, hatte deine Stimme mehr oder weniger Gewicht oder das Wahlrecht wurde dir komplett entzogen.

Das demokratische Element waren die Wahlen. Es gab ein Parlament.

Allerdings konnte der Kaiser jederzeit diesen auflösen, sowie den Reichskanzler ernennen. Heute stimmt das von uns gewählte Parlament über den Kanzler ab. Damals bestimmte es der Kaiser. Auch hatte dieser die komplette Befehlsgewalt über das Militär. Heute ist die Bundeswehr eine Parlamentsarmee. Zumindestens theoretisch. Und wie ich eben schon ansprach - das Dreiklassenwahlrecht. Dort wurden die kaisertreuen Wahlberechtigten bevorzugt.


daddeldrg1 
Beitragsersteller
 06.11.2018, 22:03

Oh okay 😳 das ist ja Wahnsinn!
Dankeschön für deine Antwort! 😊

0
Albrecht  07.11.2018, 08:03

Das Arbeitsblatt ist richtig.

Nach der Verfassung von 1871, Artikel 20, und dem Wahlgesetz galt für den Reichstag ein allgemeines, gleiches, direktes und geheimes Wahlrecht für Männer.

https://de.wikisource.org/wiki/Verfassung_des_Deutschen_Reichs_(1871)

Weniger demokratisch waren die Wahlen zu Parlamenten in einzelnen Bundesstaaten, z. B. in Preußen mit einem Dreiklassenwahlrecht.

0

Obrigkeitsstaatlich: Person/Familie als Staatsoberhaupt
Demokratisch: Volk bestimmt mit (in dem Fall wählt es die Landesräte)


Vivaldig  06.11.2018, 21:46

und den Reichstag*

0
daddeldrg1 
Beitragsersteller
 06.11.2018, 21:50

Dankeschön 😊

0
Vivaldig  06.11.2018, 21:52

Gerne, ich hoffe es stimmt, so hätte ich es zumindest interpretiert

0

Da gab es nichts Demokratisches.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Innerhalb meines Studiums hatte ich viel mit Politik z utun