Interpretationsmöglichkeiten des Sündenfalls?
Zusammenfassung:
Der Herr gebot dem Menschen und sprach: Du darfst essen von allen Bäumen im Garten, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm isst, musst du des Todes sterben (Gen 2,16-17)
Die listige Schlange verführte Eva: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse. Da sah die Frau, dass es köstlich wäre, von dem Baum zu essen, dass der Baum eine Augenweide war und begehrenswert war, um klug zu werden. Sie nahm von seinen Früchten und aß; sie gab auch ihrem Mann, der bei ihr war, und auch er aß. (Gen 3, 4-6)
Gott bestrafte alle Beteiligten des Sündenfalls, die Schlange soll am Boden kriechen, Eva Geburtsschmerzen erleiden und wegen Adam wurde der Erdboden verflucht. (Vgl. Gen 3,14-19)
Meine Interpretation des Sündenfalls: Wenn der Mensch probiert, wie Gott zu sein und dem Göttlichen näher zu kommen, hat dieses Handeln Konsequenzen und es geht nicht gut aus.
Man könnte also ethische Fragen, wie die Abtreibung mit dem Sündenfall begründen. Weil der Mensch, wenn er über Leben und Tod entscheidet, meine er spiele Gott.
Meine Frage: Wie interpretiert ihr den Sündenfall? Oder welche allgemeine Interpretationsmöglichkeiten gibt es von Gen 3, 1-24?
9 Antworten
Wenn der Mensch probiert, wie Gott zu sein und dem Göttlichen näher zu kommen, hat dieses Handeln Konsequenzen und es geht nicht gut aus.
Das kann ich der Erzählung so nicht entnehmen, das würde ich eher als Überinterpretation sehen. Denn der Verlauf der Versuchung betont nicht dass das "sein wie Gott" begehrenswert war, sondern "dass der Baum begehrenswert war, Einsicht zu geben" (Gen 3,6), eine Einsicht und Eigenschaft die bis dahin nur Götter hatten: "Siehe, der Mensch ist geworden wie einer von uns, zu erkennen Gutes und Böses." (Gen 3,22).
Die Einsicht war es, die begehrenswert war. Etwas das den Menschen bis heute auszeichnet, den Wunsch auf Einsicht in die Funktion des Universums, die Neugier.
Man könnte also ethische Fragen, wie die Abtreibung mit dem Sündenfall begründen. Weil der Mensch, wenn er über Leben und Tod entscheidet, meine er spiele Gott.
Ich denke aus oben genannten Gründen nicht, dass das mit dem Sündenfall gut zu argumentieren wäre, aber auch weil Gott dem Menschen den Herrscherauftrag über die Erde gegeben hat (Gen 1,28) und später den Israeliten das Gesetz, anhand dessen sie über Leben und Tod entschieden und Hinrichtungen durchgeführt haben.
Über Leben und Tod entscheiden scheint mir weder in der Paradieserzählung von Gen 3 eine Rolle zu spielen, noch etwas mit "Gott spielen" zu tun zu haben.
In der Frage zur Abtreibung halte ich das AT sowieso nicht für hilfreich. Dort beginnt das Leben erst mit dem ersten Atemzug (Gen 2,7).
Es war eine Prüfung, ob der Mensch gehorcht. Nicht in dem Apfel war die Erkenntnis sondern darin, dass Adam und Eva Schuldgefühle bekamen, nachdem sie nicht gehorcht hatten, plötzlich schämten sie sich, was sie zuvor noch nie taten. Das Gefühl war neu. Die Erkenntnis von Schuld und Unschuld. Wodurch allein ein Mensch aber nicht zu Gott wird, sondern befähigt wird, Verantwortung zu übernehmen.
Der Mensch besaß den freien Willen doch Gott verlangte, bedingungslos zu gehorchen, ohne Grenzen zu überschreiten und bestrafte dafür gnadenlos.
Seine bedingungslose liebe und Gnade kam erst durch das Erscheinen von Jesus.
Meinungen zum ,,Sündenfall" gibt es wie Sand am Meer und kommen aus den unterschiedlichsten Lagern. Größtenteils sind sie unbrauchbar, da ideologisch verfärbt und nicht textnah.
Das Leitmotiv der Paradiesgeschichte ist nicht Schöpfung, sondern Landwirtschaft (Ackerbau). Wie die biblischen Chronologien gemeinsam mit der Edenbeschreibung ergeben, lebten Adam und Eva mitten in der Jungsteinzeit in einem der wichtigsten Zivilisationsherde der Welt: Südmesopotamien. Dort war damals die neolithische Revolution in vollem Gange. Nicht nur wird das nomadische Wildbeutertum gegen sesshafte Landwirtschaft (Gen. 2.15) eingetauscht und lose Siedlungsplätze gegen befestigte Städte, Stadtstaaten und Länder (siehe Edenbeschreibung).
Die neolithische Revolution begann also nicht erst nach der Vertreibung aus dem Paradies, sondern schon lange davor. Die ersten dieser Zivilisationen bildeten sich um Tempelanlagen (siehe auch Göbekli Tepe), die auch als Bäume bezeichnet wurden. Auch der ,,Baum der Erkenntnis" dürfte so ein Tempel gewesen sein. Das mit ,,essen" übersetzte Wort bedeutet verbrauchen, genießen und meint kein Anknabbern, sondern komplettes Aufbrauchen. Wahrscheinlich ging es um Ressourcen wie Energiequellen, die von befugten Personen (,,Elohim") verwaltet wurden und von Adam und Eva aufgebraucht wurden, was die Lebensbedingungen dramatisch verschlechterte. Die Vertreibung bzw. Flucht aus dem Garten Eden war die einzige Überlebenschance. Der ,,Strafkatalog" für Adam und Eva enthält weitere entscheidende Informationen: Frauen bekamen nun doppelt so viele Kinder wie zuvor, was sie wirtschaftlich abhängiger von den Männern machte. Männer wiederum gewannen an gesellschaftlichem Einfluss, die Frau war nun nicht mehr alleinige Lebensschöpferin, sondern nur noch der Acker für den viel wichtigeren männlichen Samen.
Die genaue Identität Nachaschs ist nicht zu klären, auch nicht seine Motivation. Sicher kann man nur sagen, dass er kein Tier war, denn ,,arum" (klug) wird in der Bibel niemals für ein Tier gebraucht. Verwirrung stiftet bisweilen die Aussage, dass er klüger war als alle anderen Tiere des Feldes. In den Übersetzungen hört sich das so an, als sei die Schlange das klügste Tier im Garten Eden. Die hebräische Formulierung meint aber einfach freie Felder außerhalb befestigter Einfriedungen wie dem Garten Eden. Dazu kommt, dass die Bibel bis auf die Gottebenbildlichkeit keinen wesentlichen Unterschied zwischen Mensch und ,,Tier" macht, siehe auch Pred. 3.18-20..
Bleibt noch die etymologische Herleitung: Nachasch leitet sich vom hebräischen Wort für Flüstern, Murmeln ab und wird öfter mit Wahrsager übersetzt. Möglicherweise war er also eine Art Seher, der den Wohlstand im Garten Eden neidete, in jedem Fall ein menschliches Wesen. Einen Teufel kennt hingegen das ganze Alte Testament nicht. Die Gestalt im Buch Hiob fungiert eher als ,,Staatsanwalt", denn als Bösewicht.
Buchtipp: ,,Auch Adam hatte eine Mutter" von Paul Hengge
,,Klima und Kulturen - Die Geschichte von Paradies und Sintflut" von Elmar Buchner
,,Das Tagebuch der Menschheit - Was die Bibel über unsere Evolution verrät" und ,,Die Wahrheit über Eva: Die Erfindung der Ungleichheit von Frauen und Männern" von Carel v. Schaik
Meine Frage an diesen beknackten und sadistischen Gott:
Reichte seine "All-Wissenheit" nicht aus, um vorherzusagen, was geschehen wird?
Hat er sich dann in dem Bewusstsein gesuhlt, nun wiedermal seine lehmgeformten Geschöpfe ins Messer laufen zu lassen und wie in einer Peep-Show zuzusehen?
Hat er sich eine ABM geschaffen in Form ewiger Sündenvergebung und nicht vereidigter, selbst geschaffener "Rechtssprechung", um sich nicht "beim Amt" anstellen zu müssen?
Welchen Zweck hat "er" überhaupt, folgt man diesem Unsinn, mit der Schaffung von Menschen verfolgt? Offensichtlich die selben, wir Pole Poppenspäler mit der Schöpfung seiner Marionetten!
Das Problem, das du nennst spielt auf jeden Fall mit hinein:
Das Angebot der Schlange ist klar, nämlich "wie Gott" zu sein. Das birgt in sich schon eine Ironie, denn Gott schafft den Menschen ja schon in Seinem Ebenbild¹ und gibt ihm auch eine durchaus "göttliche" Aufgabe: herrschen². Genau dasselbe (oder gar ein besseres?) Ergebnis als Gott erzielen zu wollen wird in 1. Mose 3 zweifelsohne als fatal dargestellt. Gott selbst kennt den Unterschied⁷. Und wenn es uns an Erkenntnis (auch darüber!) mangelt, ist das nichts gutes⁸...
Darüber hinaus spricht der Apostel Paulus aber auch davon, dass einige heutige Zustände so sind, wie sie sind, weil Eva verführt wurde³. Für seine Argumentation ist es nicht zentral, wozu sie verführt wurde, sondern dass sie verführt wurde. Da wir auch wissen, dass Gott Menschen nicht einmal versucht⁴, haben wir schon einmal eine sehr grobe Eingrenzung davon, ab wann etwas überhaupt erst Verführung sein kann: Es kommt nicht von Gott. Und das ist ja auch, was in 1. Mose 3 ganz offen auf der Hand liegt: Eva (und mindestens ebenso Adam) war Gott ungehorsam. Gott hat nichts dagegen, Menschen in seinem Namen einzusetzen. An vielen Stellen im Neuen Testament ist der Aufruf sogar, in Gottes Namen zu bitten⁵ - mal abgesehen davon dass menschen zum Herrschen über die Schöpfung berufen sind und Gott Mose auch selbst Pharao zum Gott gesetzt hat⁶.
Allgemein ist zu sagen, dass viele "Interpretationen" sich nicht gegenseitig ausschließen oder sogar gemeinsam der Wahrheit entsprechen. Nur sollten wir darauf acht geben, dass sie nicht im Widerspruch zum Rest des Wortes Gottes stehen. Denn wenn wir solche Interpretationen aufstellen und sie schlimmstenfalls auch nocht verbreiten, dann sind wir nicht so fern ab von dem, was die Schlange tut: Gottes Wort verdrehen, um unsere eigene Vorstellung von einer richtigen Welt durchzusetzen...
Es ist unvermeidlich, dass Anstöße [zur Sünde] kommen; wehe aber dem, durch welchen sie kommen! Es wäre für ihn besser, wenn ein großer Mühlstein um seinen Hals gelegt und er ins Meer geworfen würde, als dass er einem dieser Kleinen einen Anstoß [zur Sünde] gibt. (Lukas 17:1b-2)
¹ 1. Mose 1:27
² 1. Mose 1:26
³ 1. Timotheus 2:14
⁴ Jakobus 1:13
⁵ z.B. Johannes 14:14
⁶ 2. Mose 7:1
⁷ Jesaja 55:8
⁸ Hosea 4:6