Ich hasse meine Familie und meine Religion?

11 Antworten

Kurze Gegenfrage:

Gibt es überhaupt das „Böse“ bei den Jesiden? Also ich dachte, dass man an die Boshaftigkeit nicht glaubt. Soll jetzt nicht so als Provokation rüber kommen, war ne normale Frage. Die Frau von meinem Onkel kennt sich mit dem Jesidismus gut aus, zwar ist sie selber keine Jesidin, hat aber kurdische Wurzeln, und wie man weiß, sind der Großteil der Jesiden Kurden. Die meinten jedenfalls, dass alle Leute, egal ob sie schlechte oder gute Leute waren, alle ins Paradies kommen.

Nun, Elternschaft oder Verwandschaft kann man nicht kündigen. Du bleibst das Kind deiner Eltern, da können die noch dreimal nackt im Regen Purzelbäume schlagen. Das heißt auch: Egal was passiert, unterhaltspflichtig bleiben sie dir gegenüber. Wenn sie meinen, es sei billiger, dir ne Wohnung zu mieten, anstatt dich im eigenen Haus zu behalten... Nun denn, deren Sache. Wichtig ist nur, dass du auch für dein Recht sorgst.

Dein Recht, wenn du 14 bist, ist auch die freie Wahl deiner Religion. Wenn du nicht das gleiche glaubst wie deine Eltern, dann können die sich nochmal nackt im Regen wälzen, sie werden nichts daran ändern können... Glaube findet im eigenen Kopf statt, und was darin stattfindet, kann man nunmal nicht vorschreiben.

Frage doch mal deine Eltern, was denn so schlimm daran ist, dass du allmählich erwachsen wirst, dir deine eigenen Gedanken machst und selbst entscheidest, was recht ist und was nicht. Immerhin ist das doch genau das, worauf sie die letzten Jahre hingearbeitet haben... Es ist ja nicht so, als wolltest du jetzt plötzlich ein böser Mensch werden.

Frage deine Eltern auch, ob sie es gut finden, wenn Muslime ihre Kinder zwingen, ebenfalls Muslime zu sein. Ob sie es gut finden, wenn Juden ihre Kinder zwingen, rein jüdisch zu leben. Denn das ist genau der Maßstab, den sie bei sich selbst anlegen können.

Frage deine Eltern, was du denn machen sollst, wenn du dich verliebst? Du kannst doch nicht beeinflussen, wen du liebst? Halten es deine Eltern wirklich für recht, der gottgegebenen Liebe zu entsagen, nur um menschengemachten Regeln zu gehorchen?

Diese Gespräche natürlich ohne jeden Vorwurf, in freundlichem Ton beginnen. Du möchtest einfach wissen, wie deine Eltern die Welt sehen.

Ich frage mich in solchen Fällen immer, warum Leute in ein sehr liberales Land ziehen, das jedem seine freie Entfaltung (und eben auch freien Glauben) zugesteht, und sich dort dann doch lieber so benehmen wollen wie in dem Land, das sie verlassen haben. Dann hätten sie doch auch da bleiben können?

Mittlerweile steht irgendwo, das du 14 bist und mit 18 baldmöglichst ausziehen willst... Theoretisch ist das möglich. Du kannst nen Hauptschulabschluss oder ne Mittlere Reife machen, eine Berufsausbildung anfangen und mit dem gesparten Ausbildungsgeld am 18. Geburtstag direkt hasta la vista sagen. Ist nur die Frage, ob man das auch wirklich will, oder ob es nicht einfacher ist, die Eltern etwas zu erziehen.

Hier kann man wieder einmal sehen, was Religion so anrichten kann, denn diese Geschichte fängt ja erst an.

Euer Jesidentum verbietet eine Ehe mit Andersgläubigen, es wird in der Glaubensfamilie geheiratet. Du kannst dem wirklich nur entgehen wenn du tatsächlich von daheim ausziehst sobald du kannst, wie alt bist du? Meine Frau ist von daheim ausgezogen da war sie 15, und in eine WG gezogen. Es gibt keinen Tausi-Melek, und auch keine Engel. Aber das brauchst du deiner Mutter ja nicht zu sagen...


xKeinNamex2401 
Beitragsersteller
 09.06.2018, 21:06

Ich bin 14 ,aber weiß noch nicht genau wie ich das schaffen soll auszuziehen ohne Unterstützung und sowas..

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joerosac  09.06.2018, 21:17
@xKeinNamex2401

Halte dich besser mit Diskussionen über das Thema Religion (und eben alles was dazugehört - ist sehr viel) daheim zurück, denn das könnte nicht gut ausgehen. Mache deine Schule fertig, ich weiß nicht, vielleicht schaffst du ja ein Abi und kannst studieren, aber ziehe das erstmal durch und verrenne dich jetzt nicht in das Thema Ausziehen. Dass du dich nicht verheiraten lässt dürfte deiner Mutter inzwischen klar sein.

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Mit der Familie zu streiten und sich abzusetzen ist sicher eine schwere Entscheidung, die dir niemand abnehmen kann.

Die Konflikt vermeidende Strategie wäre, nicht über aĺles reden was du denkst und so früh wie möglich dein eigenes Leben zu leben. Und dich Freundinnen, Klassenkameradinnen anvertrauen, nicht Familienmitgliedern.

Ich vermute mal aus der Frage, dass du mit deiner Familie in Deutschland lebst, mit Aufenthaltsstatus und im Alter 14-17 also "jugendlich" ... zuständig wäre wenn du Opfer von Zwang wie Verbot einer Beziehung oder Zwangsverlobung wärst, das Jugendamt bzw. Die Polzei. Im Fall einer Eskalation also einfach dort anrufen oder hingehen, die werden nicht ohne Absprache zu den Eltern gehen und sind dafür da, zu helfen und zu beraten.

Du hast Recht, deine Familie lebt wirklich in der Steinzeit und wurden von ihrer Religion in eine Art mentale "Geiselhaft" genommen.

Ob Hass die angemessene Reaktion ist, mußt Du selbst beurteilen. Ich weiß nicht, welcher Art von Propaganda und existentieller Bedrohung (Drohung mit ausschluß aus der Gemeinschaft) deine Eltern ausgesetzt wurden, damit sie ihre religiösen und kulturellen Werte über das familiäre Band zu ihrer Tochter stellen.

Mir tun sie eher leid, weil sie damit sehr viel in ihrem Leben verlieren. Wenn Du sie nicht hasst, ist das dein Teil, den Du tun kannst, damit sie dich nicht hassen. Der Rest liegt aber an ihnen.

Aber Hass oder nicht: Solange deine Familie von ihrer Religion krank gehalten wird, ist es an Dir, dich vor den Auswirkungen dieser Krankheit zu schützen.

Also: Ausziehen und - falls das aus finanziellen Gründen nicht möglich ist - die Erfordernis mit einem unüberbrückbaren Zerwürfnis begründen - Wenn deine Familie dich beleidigt sind das Straftaten die Du nicht dulden musst. Sowenig wie Du dulden musst, daß sie deine Partnerwahl und sexuelle Selbstbestimmung einschränken. Eventuell auch in ein Frauenhaus / Jugendwohngruppe gehen. Das geht auch, wenn Du noch keine 18 bist.