Hiiilfe: Wie funktioniert eine parapatrische Artbildung?
Ich habe dazu überhaupt nichts im Internet finden können- lediglich, dass es ein Mittelweg zwischen der allopatrischen und sympatrischen Artbildung ist, weil dort eine Hybridzone vorliegt.
Doch wie können zwei Arten entstehen, wenn der Genfluss die ganze Zeit gegeben ist? Wenn ich jetzt auf der einen Seite schwarze Echsen habe und auf der anderen weiße, dann treffen sie ja in der Mitte aufeinander... Und dann kann es doch zu keiner reproduktiven Isolation kommen?
Danke im Voraus!!
1 Antwort
Hallo!
Zum einen wird der Genfluss durch die isolation by distance (IBD) limitiert. IBD meint, dass die genetische Distanz (will heißen: der genetische Unterschied) mit zunehmender geographischer Distanz (d. h. Entfernung) zunimmt und zwar auch dann, wenn es keine trennende Barriere (Fluss, Tal, Gebirge etc.) gibt, die einen Genfluss unterbindet. Der Grund dafür ist das limitierte Dispersal der Individuen. Mit Dispersal ist die Abwanderung der Individuen von ihrem Geburtsort mit Erreichen der Geschlechtsreife gemeint, welche Inzucht vermeiden soll. Die Individuen können aber nicht beliebig weit wandern, sondern nur innerhalb eines begrenzten Radius. Wie weit die Individuen abwandern können, ist von Art zu Art unterschiedlich. Eine terrestrische Spezies (z. B. ein Salamander) kann meist nicht so weit abwandern wie etwa eine fliegende Art (z. B. ein Vogel). Für Feuersalamander hat man etwa Dispersalradien von meist zwischen 400 bis 500 m ermittelt bis maximal 1000 bis 1300 m, in seltenen Fällen sogar bis 1900 m (Bar-David et al. 2007, Hendrix et al. 2017). Ein Bartgeier hingegen kann locker den gesamten Alpenraum durchfliegen. So wurde beispielsweise ermittelt, dass Bartgeier, die noch kein Brutrevier besetzt haben, im Schnitt täglich über 46 km weit fliegen und Streifgebiete von bis zu 10 000 km2 Größe nutzen (Margalida et al. 2017). Die Individuen können also nicht beliebig weit wandern und sich logischerweise nur mit den Individuen fortpflanzen, die sich innerhalb ihres Dispersalradius befinden. Individuen, die nah beieinander leben, unterscheiden sich deshalb genetisch nur gering voneinander. Je weiter sie aber entfernt sind, weil sie z. B. an den jeweiligen Grenzen des Verbreitungsgebiets der Art leben, umso stärker ist der Genfluss zwischen ihnen limitiert - weil sie einander einfach nicht erreichen können - und umso größer sind die genetischen Unterschiede.
Bei der parapatrischen Speziation erstreckt sich das Verbreitungsgebiet einer Art zum anderen meist über ein sehr großes Verbreitungsgebiet und folgt dabei einer geographischen Kline (also einem graduellen Unterschied etwa in den klimatischen Verhältnissen. Eine Art könnte z. B. von Nord nach Süd verbreitet sein, wobei es von Norden nach Süden hin immer wärmer wird. Die Populationen haben sich dabei in der Regel an die lokalen Verhältnisse angepasst, was zu morphologischen Unterschieden entlang der Kline führt. Diese verschieden aussehenden lokalen Anpassunsformen würden wir wahrscheinlich als Unterarten bezeichnen. Beispielsweise sind die Tiger im Amur-Ussuri-Gebiet ganz im Norden des Verbreitungsgebiets größer und schwerer (Bergmann'sche Regel) als die südlichen Unterarten wie etwa die Sumatra-Tiger und haben auch ein längeres und dichteres Fell. Selbst wenn entlang der Kline ein unbegrenzter genetischer Austausch möglich wäre, erfolgt die Partnerwahl in den meisten Fällen dennoch nicht wahllos, sondern nach dem Prinzip des assortative mating. Das bedeutet, dass bevorzugt Fortpflanzungspartner gewählt werden, die einem selbst am ähnlichsten sind. Der Hintergrund ist der, dass wenn ein Individuum an die lokalen Gegebenheiten gut angepasst ist, ein ähnlich aussehender Partner mit großer Wahrscheinlichkeit ebenso gut angepasst ist und dadurch auch die gemeinsamen Nachkommen am optimalsten angepasst sein werden. Hybride Nachkommen dagegen sind in der Regel nicht so gut angepasst und haben geringere Überlebensraten. Um beim Beispiel mit dem Tiger zu bleiben: im Norden wäre das Fell der Mischlings-Nachkommen vermutlich zu kurz, um überleben zu können, während es im Süden wiederum schon wieder zu lang wäre. Die größten Überlebensraten haben also im Norden Paarungen zwischen einem langhaarigen Individuum mit einem anderen lanhaarigen Individuum und vice versa gilt dasselbe im Süden für die Paarung kurzes Fell x kurzes Fell. Dass der hybride Nachwuchs eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit hat, wird manchmal auch Auszuchtdepression genannt. Übrigens ist das assortative mating auch für die sympatrische Artbildung von Bedeutung, wo es ja ebenfalls keine geograßhische Barriere gibt, welche eine Hybridisierung verhindern würde.
Daaanke dir für deine ausführliche Antwort 🫶🫶 Damit konntest du mir bei den Abiturvorbereitungen echt helfen + ich habe einige schlaue Wörter gelernt 😁