Hat Deutschland die Philosophie geprägt weil wir Wörter haben welche es in keinen anderen Sprache gibt?

6 Antworten

DIE Philosophiesprache ist nicht Deutsch - sie war Griechisch, insbesondere: Lateinisch und ist heute oft Englisch. Die Fachterminologie ist auch im Deutschen, wie auch in anderen Sprachen, weitgehend nicht deutsch, sondern es sind griechische oder lateinische Begriffe, die unverändert verwendet werden oder im Laufe der Jahrhunderte als Lehnwort der Sprache angepaßt wurden.

Daß Menschen, die in verschiedenen Sprachen zu Hause sind, irgendwie inkompatibel denken würden, gilt als widerlegt. Alle philosophoschen Inhalte lassen sich, gegebenenfalls mit entsprechendem Aufwand, in einer beliebigen Fremdsprache ausdrücken.

Deine Beispiele "Dasein" in der Überschrift oder "Sein" und "Seiendes" unter dem Kommentar "Sterntaler927" sind Besonderheiten von einzelnen Philosophen, die damit etwas ganz spezielles ausdrücken wollten (z. B. findet man das bei Hegel und Heidegger) - jeder definiert aber dasselbe Wort auch oft anders - es gibt selbst im Deutschen, bzw. bei deutschen Philosophen, keine einheitliche Bedeutung dieser Begriffe.

Bei der Übersetzung in andere Sprachen gibt es immer Probleme, denn eine 1:1-Übersetzung aller Wörter, Redewendungen, Ideen, Interpretationen etc. ist oft nicht möglich.

Beispiel ist auch die EU: sie müssen alles in die 24 Amtssprachen übersetzen und es muß in allen Sprachen exakt dasselbe bedeuten - das führt nicht selten zu Anwendungsproblemen von Gesetzen und Verordnungen, weil das manchmal ggf. nicht so gelingt.

Beispiel aus dem Umsatzsteuerrecht: da ging es einmal bei einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland (Vorsteuerabzug 50% bei Fahrzeugen) um den Unterschied "bevollmächtigen" vs "genehmigen" - im Deutschen muß eine Bevollmächtigung vorher gegeben werden, während man eine Genehmigung auch im Nachhinein geben kann. Das ist aber nicht in allen Sprachen so - oft gibt es in anderen Sprachen keine unterschiedlichen Wörter oder ein Wort wird für beide Inhalte identisch verwendet - im Spanischen ist z. B. das Wort für "vermieten" identisch mit "mieten" = alquilar.

Jede Sprache hat daher Begriffe, die besonders treffend sind und die dann auch in anderen Sprachen so verwendet werden.

Spanisch hat aber z. B. den Vorteil, daß es zwei unterschiedlich Wörter für "sein" gibt --> ser und estar

ser = es ist etwas tatsächlich so, verändert sich nicht

estar = es ist etwas vorübergehend so

soy enfermo = ich bin krank (z. B. unheilbar krank)

estoy enfermo = ich bin krank (z. B. man ist vorübergehend krank)

"Du bist hübsch"

Gegenüber einer Frau zu sagen: "Estás guapa" wäre nicht sehr charmant - um zum Ziel zu kommen, sollte man daher schon "eres guapa" verwenden...

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Schopenhauer interpretiert z. B. Krankheit mit dem Attribut "positiv" - hier meint er aber nicht, daß Krankheit etwas Gutes ist, sondern "positiv" wird hier im Sinne von "es macht etwas mit mir, es verändert mich, ich merke es" im Gegensatz zur passiven Gesundheit (wenn man gesund ist, merkt man es gar nicht) verwendet. Das führt dann manchmal zu Fehlinterpertationen, wenn man die entsprechenden Satzpassagen nicht vollständig liest.

So? Meinst Du?

Nun, das Englische hat gleich vier Worte dafuer : "being", "existence", "subsistence und "entity".

Das Franzoesische kennt fuer "Dasein" die Worte "présence" und "existence".

Im Italienischen "esistenza", "presenza", "condizione" und, abhaengig vom Kontext, kann auch das Wort "vita" [den meisten Deutschen nur als "Leben" bekannt] fuer den deutschen Terminus "Dasein" zur Anwendung kommen.


Vojnik 
Beitragsersteller
 13.02.2024, 04:51

Ja, es gibt keine Übersetzung für Dasein meines Wissens nach.

Und sein. Ist nicht das selbe

Wie würdest du diesen Satz ins englische oder französische übersetzen:

Solange das Dasein als Seiendes ist, hat es seine Gänze nie erreicht.

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Interessante Frage, die schon mehrmals in unserer Kultur diskutiert wurde: Kann man nur denken und fühlen, wofür es auch ein Wort gibt? Schaffte man die Worte "Freiheit", "Ich" und "Widerstand" ab - würden Kinder ohne diese Worte ganz brav und fügsam sein?

Könnte man ein ganzes Volk besser lenken, wenn man bestimmte Worte "verschwinden" lässt? Das ist ein Hauptthema des "Neusprech" in dem legendären Roman "1984" von George Orwell.

Da Philosophie ein weltumspannendes Thema ist, kulturübergreifend, jahrtausendealt, ein Sammelsurium aus Begriffen und Erklärungen, die wiederum kultureigen sind, und diese Kultur wiederum an Klima, Geografie und Geschichte gekoppelt ist, ist das Gefühl hinter bestimmten Begriffen tatsächlich nicht 1:1 übersetzbar. Es gibt in Mitteleuropa, China, Japan, Südamerika, Grönland und USA viele Begriffe, die nur lokal verstanden werden können, aber Hauptbegriffe sind zumindest ähnlich-

Spannend ist besonders, dass es in vielen Naturstämmen den Begriff "Ich" nicht gibt, und auch nicht das Gefühl, man wäre ein Individuum mit Sonderrechten. Das Wort hat es nie gebraucht, daher gibt es das auch nicht.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung

Das liegt daran, dass manche Wörter nicht direkt von deutsch ins englische übersetzbar sind. Deutsch ist ja auch nicht der Mittelpunkt der Welt.

Alle Sprachen haben sich in verschiedenen Gebieten quasi zur selben Zeit entwickelt. Dass nicht immer alles direkt übersetzbar ist sieht man schon an den vielen Witzen die im Internet rumfliegen wenn man das versuchen würde. Und jeder Philosoph hat natürlich nur in der eigenen Sprache geschrieben. Das eine hat also nichts mit dem Anderen zu tun. Und nach wie vor ist Englisch die am Weitesten verbreitete Sprache.

Dasein ist Existence

Jede Sprache prägt Begriffe


Vojnik 
Beitragsersteller
 13.02.2024, 08:06

Danke, aber nein, Existence heißt übersetzt Existenz

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