Hammerkopf beim Klavier einölen?

2 Antworten

Hallo Sugona,

da stellst Du eine gute Frage, die nicht leicht zu beantworten ist.

Es ist ja nun so, dass der Hammerfilz - sofern das Klavier gespielt wird - im Laufe der Zeit härter wird. Dadurch ändert sich auch der Klang des Klaviers, er wird härter. Es gibt dann zunächst zwei Möglichkeiten:

  • Man kann die Filze abschleifen lassen. Dabei wird die obere harte Schicht entfernt, der darunter liegende weichere Filz kommt an die Oberfläche, und das Klavier klingt wieder weicher. Das geht jedoch nur einmal oder maximal zweimal. Dann ist so viel Filz abgetragen, dass für ein weiteres Mal Abschleifen nicht mehr genug Substanz vorhanden ist.
  • In diesem Fall werden die Filze erneuert: Die alten Filze werden entfernt, neue werden aufgebracht.

Wenn nun aber die Intonation eines Klaviers nicht insgesamt zu hart ist sondern ungleichmäßig, dann hat der Fachmann Möglichkeiten, einzelne Filze härter oder weicher zu machen. Vorab: Öl wird dafür nicht verwendet.

  • Weicher durch Einstechen des Filzes oder mit Feuchtigkeit und Wärme.
  • Härter durch Einspritzen von ... (Zitate aus dem Netz):
Flüssige Zellulose würde die Filze (und den Klang) auch härter machen?
Richtig. Andere nehmen.........(geheime Zutat).....
...in Chloroform oder Aceton aufgelöstes Styropor...

Du siehst, es geht hier um Fachwissen, und diese Arbeiten sollte auch nur ein Fachmann ausführen.

LG
Arlecchino


Bluemilk  02.05.2022, 06:30

Kleine Korrektur zu den sonst richtigen Ausführungen:

Hammerfilze werden abgezogen, wenn sie abgespielt sind, wenn also die Hämmer die Saiten nicht mehr idealerweise punktförmig, sondern schon flächenförmig - man erkannt das an den immer länger werdenden Kerben, welche die Saiten in die Filze schlagen - treffen. Man schleift also nicht wegen hart gewordener Filze denselben ab, sondern um ihn wieder in Form zu bringen. Gegen zu harte Filze wird mit Nadeln intoniert, der Filz also durch Stechen wieder elastisch und weicher gemacht. Abziehen alleine macht den Klang härter, da durch das Wegnehmen von Filz der hölzerne Hammerkopfkern stärker durchschlägt.

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Arlecchino  02.05.2022, 13:05
@Bluemilk

Schönen Dank für die Korrektur.
Vom Fach bin ich ja als Pianist, nicht als Klavierbauer. Das Wissen stammt also nicht aus einer Ausbildung, wie ich das bei Dir vermute, sondern aus Gesprächen mit Pianisten und Klavierbauern.
Uns wurde allerdings damals gesagt, dass man einen Filz einmal zu Intonationszwecken abziehen könne. Ok. - - Einig sind wir uns, dass das in jedem Fall Arbeiten für einen Fachmann sind. Und mit meinem Schlusssatz ist sichergestellt, dass meine Antwort niemand ins Unglück stürzen wird. 😉

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Bluemilk  02.05.2022, 15:18
@Arlecchino

Das ist natürlich richtig, dass man den Hammerfilz abziehen kann, oft tut man das schon ganz am Anfang, obwohl der Filz da ja noch kein bisschen abgespielt ist, meist dann, wenn der Ton zu dumpf und weich ist. Schluss mit Abziehen ist meist dann, wenn der Hammerkopf dann schon zu kurz ist und das mit Nachregulieren nicht mehr gut ausgeglichen werden kann. Ein zu kurzer Hammerkopf schlägt ja auch nicht mehr ganz genau an der richtigen Stelle auf die Saite!

Bei der Gelegenheit: Ich schätze Deine Antworten hier sehr, sie sind richtig - was man hier von den gegebenen Antworten ja nicht immer behaupten kann und sehr gut verständlich! VG

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Aha! Also, ich bin schon ziemlich lange auf diesem Gebiet tätig, aber davon habe ich noch nie etwas gehört.

Tatsache ist, dass der Hammerfilz einen entscheidenden Einfluss auf den Klang eines Klaviers hat. Unter anderem ist hier entscheidend: Die Qualität des Filzes, der Punkt, an dem, der Hammer die Saite trifft, die Form des Hammerkopfes, seine Masse, seine Elastizität. Nun ist Filz dafür bekannt, dass er Feuchtigkeit aufnehmen und abgeben kann. Das bedeutet, dass ein Klavier anders klingt bei andauernd hoher Luftfeuchtigkeit (wenn der Filz Feuchtigkeit aufgenommen hat) und bei andauernder Trockenheit (wenn der Filz Feuchtigkeit abgegeben hat). Im ersteren Fall ist der Klang dann eher dumpf, im zweiteren Fall eher hart; beides ist, wenn sich die Luftfeuchtigkeitsverhältnisse ändern, reversibel. Man kann Hammerfilze auch mit Dampf behandeln (Feuchtigkeit zuführen), man kann sie auch mit einer Art Bügeleisen bügeln (trocknen).

Meinem Verständnis nach wäre ein ölen der Hammerfilze sicher so etwas in Richtung "Feuchtigkeit zuführen", was aber kaum reversibel wäre, weil, wie krieg ich das Öl wieder heraus, wenn ich zuviel davon genommen habe.

"Abreiben", besser gesagt abspielen, also abnützen, tun sich Hammerfilze beim Spielen immer, sie sind der einzige echte Verschleißteil im Klavier, irgendwie vergleichbar mit den Reifen beim Auto. Ob ein Ölen der Hammerfilze - mit welchem Öl auch immer - diese vor Verschleiß schützt, kann ich mir nicht vorstellen.

Tatsache ist auch, dass das natürliche Wollfett auch einen Einfluss auf die Qualität der Hammerfilze hat. chemisch gereinigte Wolle verliert das natürliche Wollfett und der Klang solcher Hammerfilze lässt meist zu wünschen übrig, weswegen man bei hochwertigen Klavieren Hammerfilze verwendet, deren Wolle nicht chemisch gereinigt wurde. Die manuelle Reinigung bzw. Reinigung mit Wärme (Karbonisierung) ist aufwändiger und deutlich teurer.

Sehr schlechte - zu weiche - Hammerfilze werden manchmal mit einer Art Lack getränkt, das macht den Klang dann (extrem) hart, das ist aber unter Fachleuten verpönt.

Woher ich das weiß:Berufserfahrung