Haferfeldtreiben (oder Haberfeldtreiben) - was ist das?

2 Antworten

https://de.wikipedia.org/wiki/Haberfeldtreiben

Das Haberfeldtreiben ist ein heute nicht mehr gebräuchliches (oft geheimes) Rügegericht im Oberland (Bayern), das vor allem in der ehemaligen Grafschaft Hohenwaldeck (die Gegend rund um Tölz, Tegernsee, Miesbach, Rosenheim und Ebersberg) ausgeübt wurde.

Bedeutung

Dabei handelte es sich um ein nach mehr oder weniger festen Regeln ablaufendes Ritual, in dessen Verlauf den Beschuldigten in Versform ihre Verfehlungen vorgehalten wurden. In der Regel versammelte man sich auf Wiesen oder Hügeln in Hörweite der betroffenen Dörfer. Die Inhalte der „Treiben“ (Haberfeldtreiber oder Haberer) waren häufig sittlicher Natur (gemessen an den häufig ein frauenfeindliches Herrschaftssystem widerspiegelnden Moralvorstellungen des Volkes), ebenso oft aber wurden auch soziale oder wirtschaftliche (Un-)Taten gerügt.

Das Haberfeldtreiben kann heute als Rügebrauch bezeichnet werden; die einem Gericht innewohnende Möglichkeit, sich gegen die vorgeworfenen Verfehlungen verteidigen zu können, bestand dabei gerade nicht.

In anderen Gegenden hatten Katzenmusiken oder Rappeln ähnliche rügegerichtliche Funktionen.

Begriff

Der Name Haberfeld (mundartlich für Haferfeld) lässt mehrere mögliche Ursprünge zu. Einmal kann er daher rühren, dass Feldmark-Frevler und Wucherer ehemals mit Verheerung ihrer Felder bestraft wurden. Nach anderer, etymologisch nicht belegbarer, Ansicht aber auch daher, dass gefallene Mädchen früher von den Burschen des Dorfs unter Peitschenhieben durch ein Haberfeld getrieben worden seien. Auch das abgeerntete Haberfeld als Schauplatz des Treibens wird hier angeführt. Elmar A. M. Schieder zeigt etwa 20 unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten auf. Viele davon sind lt. Schieder unwahrscheinlich, weil die Erscheinungsform der ersten urkundlichen nachgewiesenen Treiben keine Parallelen zu Gerichtsverfahren, Fehme, Vermummungs- oder Maskenbrauch aufweist. Sie deutet eher auf ein aus der Gemeinschaft den Burschen zuerkanntes Recht, zum eigenen Gaudium und dem der Gemeindemitglieder ein gefallenes, vielleicht noch hochnäsiges Mädchen zu verspotten. Ähnliche Bräuche sind die Katzenmusiken, die Hochzeits- und Fastnachtsgerichte und das Gasslgehen.

Er folgt damit Schmeller, der auf den Ausdruck „jemanden auf die Haberwaid schlagen“ bei Hans Sachs verweist[1]. Diesen Begriff leitet Sachs vom "Schlagen des Viehs auf die späteste und trostloseste Weide" ab und deutet ihn in das Sitzenlassen einer Geliebten, vgl. „einen Korb geben“ um. Dieser Ausdruck würde widerspiegeln, was dem "Opfer" des Haberfeldtreibens widerfahren ist, das (geschwängert) von seinem Liebhaber sitzen gelassen wurde (so zumindest in den frühesten Treiben). Das persönliche Schicksal "ins Haberfeld treiben", das der Frau oder dem Mädchen widerfuhr, machten die Burschen zu einer öffentlichen Angelegenheit, indem sie vor ihr Haus zogen und sie verspotteten und sie damit nochmals öffentlich ins Haberfeld trieben. Eine ganz andere Deutung leitet die Namensherkunft vom Fell und Hörner eines Ziegenbocks (Caper-Fell, Ziege lat.= capra sowie haf(e)r keltisch = Bock)[2] her, das als Kleidungsstück verwendet worden ist. Einen direkten sprachlichen Hinweis gibt die Habergeiß, die Ziegengeiß. Vergleicht man das Brauchtum und die Kleidung, die mit dem Begriff Habergeiß verbunden sind, so darf der Begriff Percht nicht fehlen. Die Perchten tragen als Kostüm ein Bockskostüm. Auch dieses Brauchtum lebt ähnlich wie das Haberfeldtreiben von bedrohlichen Umzügen zu regional unterschiedlichen Anlässen und Zeiten. Haberfeldtreiben, Percht und Habergeiß haben gemeinsam, dass die Gesichter der Teilnehmer und Kostümträger nicht erkennbar sind.

Percht im Haberfell, Klagenfurt

Das Haberfeldtreiben wird oftmals als bayerische Form des Femegerichts bezeichnet, dies ist jedoch nicht korrekt, da es sich im rechtshistorischen Sinne um keine Form der Femegerichte und auch nicht um Freigerichte handelt, mangels der hoheitlichen Legitimation. Ein Vergleich ist bestenfalls im „übertragenen“ Sinne des verallgemeinernden Sprachgebrauches möglich, die historischen und rechtlichen Wurzeln sind völlig unterschiedlich und auch von den Bedeutungen, Inhalten und Ausformungen nicht zu vergleichen.