Hätte Kaiser Julian die Christianisierung des Römischen Reiches aufhalten können?
Hallo allerseits. Ist es wahrscheinlich, dass Kaiser Julian die Christianisierung des Römischen Reiches hätte aufhalten oder gar umkehren können, wenn er länger gelebt und regiert hätte? Hätte durch eine längere Herrschaft Kaiser Julians möglicherweise sogar die Aufteilung des Römischen Reiches im Jahre 395 verhindert werden können?
9 Antworten
Der Augustus Iulianus II. (361-363) war durch seine Zwangseinweisung ins Kloster als Kind traumatisiert und dementsprechend ein durch und durch weltlich, nicht religiös eingestellter Herrscher.
Die Zeit war sehr unruhig und unsicher. Die Menschen sehnten sich nach innerer Sicherheit. Das bietet eine Religion, wenn die Realität es nicht schafft.
325 hatte der Augustus Constantinus I. (Konstantin der Große (Verbrecher)) auf dem Konzil von Nicaea bewirkt, dass das Gottesgnadentum und die Salbung von den Anhängern von Athanasius eingeführt wurden. Das war eine erhebliche Neuerung und stärkte die Macht der Augusti und der Kirche. Diese gingen dadurch eine Symbiose ein.
Auch die antiken römischen Kulte hatten den Augusti ebenfalls auch religiöse Macht gegeben, doch diese besaßen kaum noch fanatische Anhänger. Das Christentum war die neue religiöse Macht. Das merkte sein Nachfolger, der Augustus Iovianus (363-364), der sich wider Erwarten nach seiner Machtergreifung, den Christentum wieder zu wandte.
Die Kontinität des Christentums und die starke Verfolgung aller anders Denkender erstickte jede Gegenbewegung. Iulianus II. blieb nach der Machtergreifung der Christen der einzige nicht christliche Herscher des Römischen Reichs.
Sehr gerne, gerade die Biographie des Augustua Iulianus II. finde ich spannen. Der einzige Herrscher aus der Familie des Constantinus I. den ich eher positiv finde. Von Constantius I. Chlorus weiß ich jedoch zu wenig, um da überhaupt eine feste Meinung zu haben.
Ich finde die Lebensgeschichte des Kaiser Julian auch sehr spannend und irgendwie ist er mir auch recht sympathisch, aufgrund seines Idealismus, seiner philosophischen Gedanken und gewissermaßen auch Pioniergeistes. Ich habe mir die Biographie Kaiser Julians von Marion Giebel gekauft und werde das Buch bald lesen.
Es ist schwer, das nach vielen Jahren noch zu sagen. Bestenfalls wären diese Prozesse etwas verspätet eingetreten.
Grundsätzlich ist es schwierig, die Uhr zurück zu drehen. Kaiser Iulian hätte mit all seiner Bildung erkennen können, dass der alte Glaube an die Götter mit seiner Orthopraxie, also der peniblen Beachtung der Riten, gewisse Grundbedürfnisse, die sich innerhalb der Reichskrisen entwickelt hatten, nicht mehr befriedigte. Die Menschen wollten Orientierung im Leben, eine persönliche Bindung an Gott, Jenseitshoffnung und etwas, was die römische Religion nicht geboten hatte: Erbarmen und Mitleid.
Das ist ausdrücklich keine Wertung. Jede Zeit hat sozusagen ihren Spirit, auf den die Zeitgenossen "aufspringen" .
Ob es nun hätte das Christentum sein müssen, ist eine zweite, andere Frage. Es gab bereits Religionen im römischen Reich, die ähnlich ausgerichtet waren. Ich denke da an Isis, die schon Züge einer "Allmutter" trägt und die später zum großen Teil in der Gottesmutter Maria integriert wurde (schau dir mal die Abbildungen von Isis mit dem Horusknaben an)
Also um auf deine Ausgangsfrage zurück zu kommen: Ich glaube nicht, der Zug war für die Zeitgenossen von Iulian abgefahren.
Vielen lieben Dank für deine gute und ausführliche Antwort! :)
dass Kaiser Julian die Christianisierung des Römischen Reiches hätte aufhalten oder gar umkehren können, wenn er länger gelebt und regiert hätte?
Man hatte es bereits die ersten drei Jahrhunderte nChr versucht, teilweise vehement. Ich wüsste nicht warum Julian da "erfolgreicher" hätte sein sollen.
Nein, dafür war es bereits zu spät. Die Kaiser des 2.Jahrhundert hätten etwas dagegen tun können.
Vielen lieben Dank für deine gute und ausführliche Antwort! :)