Hätte Bismarck den 1.WK verhindern können?
Frage steht oben und ja ich weiß das Bismarck 1898 gestorben ist, also weit vor dem 1.WK.
Als Geschichtsinteressierter Mensch frage ich mich diese Frage trotzdem sehr. Ich möchte Bismarck nicht verglorifizieren, aber in meinen Augen steht der Mann für Stabilität in Europa und ein starkes Deutschland mit vielen starken Partnern.
Ein Hauptpunkt der meine Frage etwas stützt ist, dass Bismarck mit den Russen sehr gut war. Es gab ja einen Rückversicherungsvertrag zw. Russland und Deutschland, der von Bismarck ausgehandelt wurden ist und mehr oder weniger den Partner freie Hand bei bestimmten Gebietsgewinnen lässt und gar diplomatische Unterstützung garantiert.
Nachdem Wilhelm Bismarck entmachtet hat wurde der Vertrag nicht von Wilhelm erneuert und er hat die Russen mehr oder weniger zu seinen Feind erklärt.
Nehmen wir aber an Bismarck wäre nicht entmachtet geworden und hätte einen passenden Nachfolger gefunden, der die Deutsch-Russland Beziehungen weiter verbessert. Hätte man so einen 1.WK abwenden können, später hinaus, oder gar mit Russland einen starken Partner gegen GB und Frankreich haben können?
Würde sehr gerne eure Meinungen dazu hören und bitte nicht das geheule das Was wäre wenn Fragen "nerven".
6 Antworten
Hätte, wäre, würde - irreal.
Aber Bismarck hat dem Deutschen Kaiserreich auf jeden Fall eine schwere Bürde hinterlassen.
- Er hat aus taktisch-innenpolitischen Gründen seine Linie, dass das Reich keine Kolonien brauche, verlassen. Der sinnlose Drang nach Kolonialbesitz, das war eine belastende Hypothek für die deutsche Politik vor 1914, weil sie durch diese Politik in Konflikt mit der Weltmacht Großbritannien geriet.
- Bismarck hat niemals versucht, die Beziehungen Deutschlands zu Frankreich grundlegend zu verbessern. Im Gegenteil, seine wiederholten Kriegsdrohungen gegen Frankreich und die Distanz der deutschen Politik gegenüber Frankreich haben die deutsche Politik auch nach 1890 als Vorgabe geprägt. Damit wurde eine Chance vertan und Frankreich dauerhaft gegen Deutschland eingenommen, schließlich in eine Entente mit anderen Mächten getrieben - eine zweite, fatale Hypothek.
- Die Bündnisse, die Bismarck geschmiedet hatte, waren unredlich. Dem Bündnisvertrag mit Österreich-Ungarn widersprach der sog. Rückversicherungsvertrag mit Russland. Wie hätte sich Deuschland bzw. Bismarck bei einem Krieg zwischen Österreich und Russland entschieden? Bismarcks Nachfolger haben folgerichtig einen der Verträge, konkret: den Rückversicherungsvertrag aufgegeben. Das hat Russland erzürnt, aber zunächst auch Österreich-Ungarn. Diese Bündnispolitik Bismarcks hinterließ seinen Nachfolgern eine zweifache Hypothek: 1) Deutschland geriet außenpolitisch in den Ruf, ein zweifelhafter und unzuverlässiger Bündnispartner zu sein; 2) die russische Staatsführung war zornig über Deutschlands Parteinahme für Österreich-Ungarn und näherte sich allmählich bündnistechnisch-politisch zuerst an Frankreich, dann auch an Großbritannien an.
Gewiss darf man Bismarck den Ausbruch des WK I nicht anlasten. Seine Nachfolger haben ohne Frage Fehler gemacht, falsche Entscheidungen getroffen. Der Ausbruch des WK I erfolgte nicht aus politischer Zwangsläufigkeit. Aber Bismarck hat zweifellos der Reichsleitung der 1890er und der 1900er Jahre eine Reihe von Hypotheken (s.o.) hinterlassen, mit denen sie nur schwer umzugehen verstand - die Fehlentscheidungen blieben nicht aus.
MfG
Arnold
Ich glaube dass Bismarck den Krieg verhindert hätte, hätte der Kaiser auf ihn gehört. Bismarck wäre klug genug gewesen um zu wissen dass der Krieg für Deutschland ein unkalkukierbares Risiko war.
Mit Bismarck hätte es keine Blankovollmacht für Österreich gegeben. Damit hätte es keinen Weltkrieg 1914 gegeben, denn ohne hätten sich die Österreicher nicht getraut, Serbien anzugreifen.
Unter der historischen Blankovollmacht oder dem Blankoscheck von 1914 versteht man das Bekunden des deutschen Kaisers Wilhelm II., „im Einklang mit seinen Bündnisverpflichtungen und seiner alten Freundschaft treu an der Seite Österreich-Ungarns [zu] stehen“ (aus: Telegramm des deutschen Reichskanzlers an die deutsche Botschaft in Wien).
Diese Vollmacht gab Österreich-Ungarn in der Julikrise die notwendige Rückendeckung für ein Ultimatum an Serbien. Die Blankovollmacht gilt als die letzte Voraussetzung für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Mit dieser Vollmacht gab die deutsche Reichsregierung Wien grünes Licht für das Vorgehen gegen Serbien und drängte auf eine schnelle Aktion, „um den jetzigen für uns so günstigen Moment nicht unbenutzt zu lassen“, wie Kaiser Wilhelm meinte.
Ich stimme dir zu, Bismarck war ein guter Bündnisstratege der sich der Lage Deutschlands in Zentraleuropa bewusst war.
Die Auffrischung des Rückversicherungsvertrages mit Russland sowie kein Blankobündnis mit Österreich-Ungarn hätten die Geschichte in andere Bahnen lenken können.
Unsicherheitsfaktor wäre aber z.B. die russische Revolution: Hätte die dann überhaupt stattgefunden?
Darüber habe ich auch gerade nachgedacht, das geschah aber erst als WK1 bereits in vollem Gange war.
Man wollte durch die Revolution erreichen dass Russland als Kriegsgegner ausscheidet.
Wahrscheinlich ja. Nach der Einigung Deutschlands war es Bismarck Ziel das erreichte zu festigen und eben nicht in irgendwelchem Weltmacht Fantasien abzugleiten allein deshalb denke ich wäre es möglich gewesen denn Krieg bzw das es überhaupt zu der Konstellation kommt zu verhindern.
Wohl eher nicht, immerhin haben "Wir" Lenin ja erst nach Russland zurückgebracht.