Habt ihr ein Lieblingsgedicht?
Wenn ja, wie heißt denn euer Lieblingsgedicht? (:
17 Antworten
Es gibt so viele großartige Gedichte! Eines davon ist "Der Feuerreiter" von Eduard Mörike.
Sehet ihr am Fensterlein
Dort die rote Muetze wieder?
Nicht geheuer muß es sein,
Denn er geht schon auf und nieder.
Und auf einmal welch Gewuehle
Bei der Bruecke, nach dem Feld!
Horch! das Feuergloecklein gellt:
Hinterm Berg,
Hinterm Berg
Brennt es in der Muehle!
Schaut! da sprengt er wuetend schier
Durch das Tor, der Feuerreiter,
Auf dem rippenduerren Tier,
Als auf einer Feuerleiter!
Querfeldein! Durch Qualm und Schwuele
Rennt er schon, und ist am Ort!
Drueben schallt es fort und fort:
Hinterm Berg,
Hinterm Berg
Brennt es in der Muehle!
Der so oft den roten Hahn
Meilenweit von fern gerochen,
Mit des heilgen Kreuzes Span
Freventlich die Glut besprochen -
Weh! dir grinst vom Dachgestuehle
Dort der Feind im Hoellenschein.
Gnade Gott der Seele dein!
Hinterm Berg,
Hinterm Berg
Ras't er in der Muehle!
Keine Stunde hielt es an,
Bis die Muehle borst in Truemmer;
Doch den kecken Reitersmann
Sah man von der Stunde nimmer.
Volk und Wagen im Gewuehle
Kehren heim von all dem Graus;
Auch das Gloecklein klinget aus.
Hinterm Berg,
Hinterm Berg
Brennts!
Nach der Zeit ein Mueller fand
Ein Gerippe samt der Muetzen
Aufrecht an der Kellerwand
Auf der beinern Maehre sitzen:
Feuerreiter, wie so kuehle
Reitest du in deinem Grab!
Husch! da faellts in Asche ab.
Ruhe wohl,
Ruhe wohl
Drunten in der Muehle!
"Der Feuerreiter" war bei mir völlig eingestaubt in Vergessenheit geraten, und jetzt durch Dich wurde er "wiederbelebt". Vielen Dank dafür!
Das ist, da muss ich gar nicht lang überlegen, "Uno, due, tre" von Josef Reding. Das Gedicht hat eine echte inhaltliche Aussage. Kann es auch nach inzwischen zwanzig langen Jahren (gelernt habe ich es Anfang 2003 in der 6. Klasse Realschule) noch auswendig aufsagen! Hier ist was dazu.
Was mir auch half bzw. es mir erleichterte, mich damit zu befassen: Josef Reding war kein für Kinder völlig anonymer Literaturpapst, der seit hundert Jahren tot ist wie irgendein Goethe oder Schiller, mit dem man einem Zwölfjährigen nicht kommen muss - der lebte damals noch und war "greifbar". Er ist erst vor wenigen Jahren mit über 90 Jahren gestorben.
An zweiter Stelle liegt "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland" - gelernt in der vierten Klasse im Herbst 2000, sitzt immer noch soweit gut. Es war das Lieblingsgedicht meines damaligen Klassenlehrers, der auch auf seine Art tiefen Eindruck hinterlassen hat. Herr Müller war ein ganz toller Lehrer, der alles so erklärt hat, dass wir Kinder es verstanden haben. Er ist inzwischen über 80 und ich wohne längst nicht mehr in meiner Heimat- und Schulstadt, aber wir haben immer noch Kontakt.
Eine Ergänzung: Die meisten Gedichte, die wir in der Schule sonst so lernten, waren uninteressante Machwerke im typischen Klischee: Alt, schwer geschrieben, mit unbekannten Wörtern und komplexem Satzbau, verworrenen Handlungen und vielen Metaphern, die man erst mal verstehen musste. Die haben wir gelernt, weil wir es mussten und auswendig runtergeleiert, aber bestimmt nicht "gefühlt". Ich erinnere mich ganz dunkel an Gottfried Kellers "Christmarkt vor dem Berliner Schloss", den eine Mitschülerin in der sechsten Klasse aufsagen musste und seelenlos wie einen Zeitungsartikel oder einen Beipackzettel eines Medikaments völlig ohne Betonung so "mal eben" runterratterte. Das befremdete mich und es klang furchtbar, aber dann gibt man Kindern auch nicht so ein gestelztes, altbackenes Gereime auf, sondern eher so was wie "Uno, due, tre" von Josef Reding.
Einzig den "Zauberlehrling" fand ich noch ganz nett, den haben wir in der Siebten durchgenommen - da hatten wir aber auch eine sympathische Deutschlehrerin, die sich die Mühe machte, das Gedicht trotz seines Alters so zu vermitteln, dass es die meisten inhaltlich erreicht hat. Es gibt immer Stänkerer, die gegen alles sind, aber damit muss man auch als Lehrer gerade bei Jugendlichen rechnen.
Die polyglotte Katze - Heinz Erhardt
Die Katze sitzt vorm Mauseloch,
in das die Maus vor kurzem kroch,
und denkt: "Da wart nicht lang ich,
die Maus, die fang ich!"
Die Maus jedoch spricht in dem Bau:
"Ich bin zwar klein, doch bin ich schlau!
Ich rühr mich nicht von hinnen,
ich bleibe drinnen!"
Da plötzlich hört sie - statt "miau" -
ein laut vernehmliches "wau-wau"
und lacht: "Die arme Katze,
der Hund, der hatse!
Jetzt muß sie aber schleunigst flitzen,
anstatt vor meinem Loch zu sitzen!"
Doch leider - nun, man ahnt's bereits -
war das ein Irrtum ihrerseits,
denn als die Maus vors Loch hintritt -
es war nur ein ganz kleiner Schritt -
wird sie durch Katzenpfotenkraft
hinweggerafft! - - -
Danach wäscht sich die Katze die Pfote
und spricht mit der ihr eignen Note:
"Wie nützlich ist es dann und wann,
wenn man 'ne fremde Sprache kann...!"
Gorm Grymme von Theodor Fontane.
König Gorm herrscht über Dänemark,
Er herrscht die dreißig Jahr.
Sein Sinn ist fest, seine Hand ist stark,
Weiß worden ist nur sein Haar.
Weiß worden sind nur seine buschigen Brau′ n,
Die machten manchen stumm.
In Grimme liebt er drein zu schaun, -
Gorm Grymme heißt er drum.
Und die Jarls kamen zum Feste des Jul,
Gorm Grymme sitzt im Saal,
Und neben ihm sitzt, auf beinernem Stuhl,
Thyra Danebod, sein Gemahl.
Sie reichen einander still die Hand
Und blicken sich an zugleich.
Ein Lächeln in beider Augen stand -
Gorm Grymme, was macht dich so weich?
Den Saal hinunter, in offner Hall′ ,
Da fliegt es wie Locken im Wind.
Jung-Harald spielt mit dem Federball,
Jung-Harald, ihr einziges Kind.
Sein Wuchs ist schlank, blond ist sein Haar,
Blau-golden ist sein Kleid.
Jung-Harald ist heut fünfzehn Jahr,
Und sie lieben ihn allbeid.
Sie lieben ihn beid′ ; eine Ahnung bang
Kommt über die Königin,
Gorm Grymme aber den Saal entlang
Auf Jung-Harald deutet er hin,
Und er hebt sich zum Sprechen - sein Mantel ist rot,
Gleitet nieder auf den Grund:
"Wer je mir spräche ,Er ist tot′ ,
Der müsste sterben zur Stund′ !"
Und Monde gehn. Es schmolz der Schnee.
Der Sommer kam zu Gast.
Dreihundert Schiffe fahren in See.
Jung-Harald steht am Mast.
Er steht am Mast, er singt ein Lied,
Bis sich′ s im Winde brach.
Das letzte Segel, es schwand, es schied -
Gorm Grymme schaut ihm nach.
Und wieder Monde. Grau-Herbstestag
Liegt über Sund und Meer.
Drei Schiffe mit mattem Ruderschlag
Rudern heimwärts drüber her.
Schwarz hängen die Wimpel; auf Brömsebro-Moor
Jung-Harald liegt im Blut -
Wer bringt die Kunde vor Königs Ohr?
Keiner hat den Mut.
Thyra Danebod schreitet hinab an den Strand.
Sie hatte die Segel gesehn.
Sie spricht: "Und bangt sich euer Mund,
Ich meld ihm, was geschehn."
Ab legt sie ihr rotes Korallengeschmeid
Und die Gemme von Opal.
Sie kleidet sich in ein schwarzes Kleid
Und tritt in Hall′ und Saal.
In Hall′ und Saal. An Pfeiler und Wand
Goldteppiche ziehen sich hin.
Schwarze Teppiche nun mit eigener Hand
Hängt drüber die Königin.
Und sie zündet zwölf Kerzen. Ihr flackerndes Licht -
Es gab einen trüben Schein.
Und sie legt ein Gewebe, schwarz und dicht,
Auf den Stuhl von Elfenbein.
Ein tritt Gorm Grymme. Es zittert sein Gang.
Er schreitet wie im Traum.
Er starrt die schwarze Hall′ entlang.
Die Lichter, die sieht er kaum.
Er spricht: "Es weht wie Schwüle hier.
Ich will an Meer und Strand.
Reich meinen rot-goldenen Mantel mir
Und reiche mir deine Hand."
Sie gab ihm um einen Mantel dicht,
Der war nicht golden, nicht rot.
Gorm Grymme sprach: "Was niemand spricht,
Ich sprech es: er ist tot."
Er setzte sich nieder, wo er stand.
Ein Windstoß fuhr durchs Haus.
Die Königin hielt des Königs Hand,
Die Lichter loschen aus.
Das geht mir nicht aus dem Kopf. Hab es10 mal abschreiben müssen in der 7. Klasse. Na ja der Lehrer mochte mich sehr...
Hallo,
ja, ich habe ein Lieblingsgedicht. Genau genommen ist es eine Ballade. Mir gefällt besonders das Ende sehr gut, da dies beweist, dass es echte Freundschaft ist(/war).
Meine Ballade heißt „Die Bürgschaft“ von Friedrich Schiller. Das ist eine sehr lange Ballade (die ich aber mal auswendig gelernt habe), die man auch sehr gut rappen bzw. singen kann, finde ich!
Zu Dionys dem Tyrannen schlich
Damon, den Dolch im Gewande,
Ihn schlugen die Häscher in Bande.
„Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!“
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
„Die Stadt vom Tyrannen befreien!“
„Das sollst du am Kreuze bereuen!“
Ich bin, spricht jener, zu sterben bereit,
Und bitte nicht um mein Leben,
Doch willst du Gnade mir geben,
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit,
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,
Ihn magst du, entrinn ich, erwürgen.
Da lächelt der König mit arger List,
Und spricht nach kurzem Bedenken:
„Drei Tage will ich dir schenken.
Doch wisse! Wenn sie verstrichen die Frist,
Eh du zurück mir gegeben bist,
So muss er statt deiner erblassen,
Doch dir ist die Strafe erlassen.
Und er kommt zum Freunde: „der König gebeut,
Dass ich am Kreuz mit dem Leben
Bezahle das frevelnde Streben,
Doch will er mir gönnen drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit,
So bleib du dem König zum Pfande,
Bis ich komme, zu lösen die Bande.
Und schweigend umarmt ihn der treue Freund,
Und liefert sich aus dem Tyrannen,
Der andere ziehet von dannen.
Und ehe das dritte Morgenrot scheint,
Hat er schnell mit dem Gatten die Schwester vereint,
Eilt heim mit sorgender Seele,
Damit er die Frist nicht verfehle.
Da gießt unendlicher Regen herab,
Von den Bergen stürzen die Quellen,
Und die Bäche, die Ströme schwellen.
Und er kommt an’s Ufer mit wanderndem Stab,
Da reisset die Brücke der Strudel hinab,
Und donnernd sprengen die Wogen
Des Gewölbes krachenden Bogen.
Und trostlos irrt er an Ufers Rand,
Wie weit er auch spähet und blicket
Und die Stimme, die rufende, schicket;
Da stößet kein Nachen vom sichern Strand,
Der ihn setze an das gewünschte Land,
Kein Schiffer lenket die Fähre,
Und der wilde Strom wird zum Meere.
Da sinkt er ans Ufer und weint und fleht,
Die Hände zum Zeus erhoben:
O hemme des Stromes Toben!
Es eilen die Stunden, im Mittag steht
Die Sonne und wenn sie niedergeht,
Und ich kann die Stadt nicht erreichen,
So muß der Freund mir erbleichen.
Doch wachsend erneut sich des Stromes Wut,
Und Welle auf Welle zerrinnet,
Und Stunde an Stunde entrinnet,
Da treibet die Angst ihn, da fasst er sich Mut
Und wirft sich hinein in die brausende Flut,
Und teilt mit gewaltigen Armen
Den Strom, und ein Gott hat Erbarmen.
Und gewinnt das Ufer und eilt fort,
Und danket dem rettenden Gotte,
Da stürzet die raubende Rotte
Hervor aus des Waldes nächtlichem Ort,
Den Pfad ihm sperrend, und schnaubet Mord
Und hemmet des Wanderers Eile
Mit drohend geschwungener Keule.
Was wollt ihr? ruft er für Schrecken bleich,
Ich habe nichts als mein Leben,
Das muss ich dem König geben!
Und entreißt die Keule dem nächsten gleich:
Um des Freundes Willen erbarmet euch!
Und drei, mit gewaltigen Streichen,
Erlegt er, die andern entweichen.
Und die Sonne versendet glühenden Brand
Und von der unendlichen Mühe
Ermattet sinken die Knie:
O hast du mich gnädig aus Räubershand,
Aus dem Strom mich gerettet ans heilige Land,
Und soll hier verschmachtend verderben,
Und der Freund mir, der liebende, sterben!
Und horch! da sprudelt es silberhell
Ganz nahe, wie rieselndes Rauschen,
Und stille hält er zu lauschen,
Und sieh, aus dem Felsen, geschwätzig, schnell,
Springt murmelnd hervor ein lebendiger Quell,
Und freudig bückt er sich nieder,
Und erfrischet die brennenden Glieder.
Und die Sonne blickt durch der Zweige Grün,
Und mahlt auf den glänzenden Matten
Der Bäume gigantische Schatten,
Und zwei Wanderer sieht er die Straße ziehn,
Will eilenden Laufes vorüber fliehn,
Da hört er die Worte sie sagen:
Jetzt wird er ans Kreutz geschlagen.
Und die Angst beflügelt den eilenden Fuß,
Ihn jagen der Sorge Qualen,
Da schimmern in Abendroths Strahlen
Von ferne die Zinnen von Syrakus,
Und entgegen kommt ihm Philostratus,
Des Hauses redlicher Hüter,
Der erkennet entsetzt den Gebieter:
Zurück! du rettest den Freund nicht mehr,
So rette das eigene Leben!
Den Tod erleidet er eben.
Von Stunde zu Stunde gewartet’ er
Mit hoffender Seele der Wiederkehr,
Ihm konnte den muthigen Glauben
Der Hohn des Tirannen nicht rauben.
Und ist es zu spät, und kann ich ihm nicht
Ein Retter willkommen erscheinen,
So soll mich der Tod ihm vereinen.
Des rühme der blutge Tyrann sich nicht,
Dass der Freund dem Freunde gebrochen die Pflicht,
Er schlachte der Opfer zweie,
Und glaube an Liebe und Treue.
Und die Sonne geht unter, da steht er am Thor
Und sieht das Kreutz schon erhöhet,
Das die Menge gaffend umstehet,
An dem Seile schon zieht man den Freund empor,
Da zertrennt er gewaltig den dichten Chor:
„Mich Henker! ruft er, erwürget,
An dieser Stelle wird einem eigentlich richtig bewusst, was ein wahrer Freund ist. Das geht einem unter die Haut, dass er sein Leben für seinen Freund geben würde.
Da bin ich, für den er gebürget!“
Und Erstaunen ergreifet das Volk umher,
In den Armen liegen sich beide,
Und weinen für Schmerzen und Freude.
Da sieht man kein Auge tränenleer,
Und zum Könige bringt man die Wundermähr,
Der fühlt ein menschliches Rühren,
Ich denke, das fühlte nicht nur er, sondern auch die Leser, das menschliche Rühren.
Lässt schnell vor den Thron sie führen.
Und blicket sie lange verwundert an,
Drauf spricht er: Es ist euch gelungen,
Ihr habt das Herz mir bezwungen,
Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn,
So nehmet auch mich zum Genossen an,
Ich sei, gewährt mir die Bitte,
In eurem Bunde der dritte.
Der Erlkönig gefällt mir allerdings auch sehr gut.
Ich möchte hier jetzt aber keine Gedichtsanalyse schreiben, deshalb passt das so mal, denke ich.
Über viele Gedichte sowie Balladen kann man Jahrhunderte (und noch länger!) nachdenken, was der Dichter damit ausdrücken wollte, das finde ich echt faszinierend!
Liebe Grüße und einen schönen Abend noch!
Berg
WOW!