Grund fürs Leinenpöbeln?

10 Antworten

So, wie Du weiter unten beschreibst, zeigt Euer Hund im Freilauf keinerlei Problematiken, wo dann die Ursache zu finden ist, sollte klar sein, vermutlich nicht beim Hund.

Wie reagiert ihr wenn ihr einen anderen Hund seht? Wird z.B. die Leine schon kürzer genommen oder aber versteift ihr Euch selbst, kann das schon als Signal für den Hund fungieren, dass jetzt etwas ist, was ihre Aufmerksamkeit erregt.

Wie von Revic schon erfragt, ist die Körpersprache das A und O im Hundeverhalten und die solltet ihr kennen respektive sollte Eure Hundetrainerin Euch sagen können wohin diese deutet.

Nackenhaare hochstellen bedeutet erst einmal nur Aufregung nichts weiter, das kann dann im folgenden entweder zu Aggression oder zu ängstlichem Verhalten führen.

In den Nacken greifen ist obsolet und sollte von keiner qualifizierten Hundetrainerin empfohlen werden, denn die sollte sich mit Assoziationslernen auskennen, was heißt ein Reiz wird mit einem weiteren verbunden. Wenn also Euer Hund einen anderen sieht und fixiert, ihr dann in den Nacken greift, so wird dieses unangenehme Gefühl mit dem anderem Hund verknüpft (assoziiert). Ergo wird eine negative Assoziation seitens des Halters hergestellt, dass ist Lernverhalten und dieses sollte die Trainierin aus dem FF kennen. Tut sie das nicht, ist es keine geeignete Trainerin und wendet im Hinblick auf den Nackengriff Trainingstechniken an, die bedingt lerntheoretischer Vorgänge genau gegenteiliges bewirken.

Auch Strafen unterliegen gewissen Regeln und diese Regeln besagen, dass eine Strafe so gezielt gesetzt werden muß, dass sie keinerlei Fehlverknüpfungen herstellt und so stark ist, dass nachfolgend noch nicht einmal mehr Intentionsverhalten in Richtung des unerwünschten Verhaltens gezeigt wird.

Da diese Strafe also nicht wirklich ihre Wirkung erzielt, sollte Euch das schon zu verstehen geben, dass es sinnlos ist, das weiterhin so durchzuführen.

Du beschreibst Euer Hund wurde schon viel rumgereicht, was da dann alles passiert ist wisst ihr also nicht wirklich und somit ist die Ursache auch nur zu vermuten. Allerdings sollte ein Hundetrainer sehen können worauf es hindeutet was heißt die körpersprachlichen Signale sagen einem was für ein Verhalten der Hund im nachfolgenden zeigt.

Hier sind Dinge wie die Vorderläufe und die Hinterläufe genau zu betrachten, sind die Vorderläufe/Hinterläufe durchgedrückt oder aber tendenziell eingeknickt?

Die ersten 2-3 cm Rute weisen in welche Richtung, nach oben, gerade oder nach unten?

Die Ohren gehen nach vorne, sind aufgestellt oder aber sind nach hinten gerichtet?

Der Rücken ist ein deutliches Indiz für eventuell vorherrschende Angst, ist dieser rundlich oder gerade?

Wir sehen die Mundwinkel also die Lefzen aus, spitz nach hinten gezogen oder aber rund?

Speichelt der Hund, wenn ja ist der Speichel dickflüssig oder eher dünnflüssig?

Das alles im Gesamtbild gesehen vermittelt einem einen Eindruck darüber welche Intention hinter dem Verhalten steht und das ist zwingend notwendig um eine vernünftige Trainingsempfehlung zu geben.

Grundlegend sollte hier am Verständnis für den Hund gearbeitet werden.

Der Hund wurde viel rumgereicht, was genau er alles durch hat weiß keiner, Gewalt erzeugt immer Gegengewalt und sollte somit im Hundetraining nicht angewandt werden.

Bögen gehen sind schon einmal super sind aber erst einmal nur als Managementmaßnahme zu betrachten. Verhalten welches extingiert (gelöscht) werden soll muß zwingend notwendig so gut es geht verhindert werden, was im folgenden heißt dass die Bögen eben wie schon geschrieben so groß gewählt werden, dass der Hund es schafft ruhig zu bleiben.

Genau dieser Abstand ist oder wäre dann für weiteres Triaining wichtig, denn man sollte unter der Reaktionsschwelle aber über der Reizschwelle arbeiten, was heißt der Hund nimmt den Auslöser wahr (Auslöser in diesem Fall der andere Hund) aber er reagiert noch nicht mit dem unerwünschten Verhalten (also man bleibt unter der Reaktionsschwelle).

So führt man dann Stück für Stück eine Gegenkonditionierung herbei. Bisher heißt es anderer Hund Gefahr und dafür ist es erst einmal egal welche Intention hinter dem Verhalten steht.

Wenn ihr den richtigen Abstand geschafft habt zu wählen, dann kann man anfangen den Auslöser (anderer Hund) zu etwas positivem zu konditionieren. Ich würde in diesem Fall auf Angst tippen, diese liegt oftmals aggressivem Verhalten zu Grunde, weil der Hund weiß das er durch die Leine eingeschränkt wird und nicht weg kann, darauf deutet auch die Aussage hin, dass es im Freilauf kaum bis gar keine Problematiken gibt, denn der Hund kann dort seine eigene Distanz wählen und weiß er kommt vom Auslöser wenn es ihm zu heikel wird, weg.

Womit ihr nun verstärken solltet wäre eine Distanzierung zum Auslöser, denn die wird primär das erwünschte Verhalten wie z.b. ein Alternativverhalten verstärken.

So könnte man als Alternative ein Handtarget nutzen, womit man eine Distanzierung zum Auslöser herbeiführt und dem Hund direkt eine Alternative zum bisher aggressiv gestimmten Verhalten bietet.

Aber diese Alternative muß zwingend notwendig gesondert auftrainiert werden, was heißt man trainiert ein Handtouch in der Wohnung, dort herrscht für die meisten Hunde die wenigste Ablenkung, verlegt das ganze dann auf einen Gehweg ohne Hunde und Menschen, steigert wieder schrittweise in Richtung Wiese ohne Hunde und Menschen und erst wenn es dort überall zu 100% klappt, wird der stärkste Auslöser hinzugefügt nämlich andere Hunde.

Hunde lernen wie Menschen respektive lernen alle Säuger gleich nur unterscheidet sich das Lernverhalten in den Verstärkern und so heißt es für Hunde so wie auch beim Menschen nur immer und immer wieder wiederholtes in entspannten Situationen setzt sich richtig fest.

Dann wählt man eine weite Distanzierung zum Auslöser, der Auslöser wird vom Hund wahrgenommen und bietet dem Hund die Alternative. Zusätzlich kann man natürlich auch noch Leckerchen geben, das bleibt dem Halter überlassen, als Verstärker des Verhaltens wirkt hier die Distanzierung zum anderen Hund. In Folge kann man dann auch ein hinterherschnüffeln veranlassen, z.B. indem man sich mit anderen Leuten und deren Hund verabredet, der Hund sieht den anderen Hund man bietet die Alternative, sie wird angenommen (insofern richtig gut aufgebaut), man instruiert den anderen Halter weiter weg zu gehen und lässt seinen Hund dort schnüffeln wo der andere Hund gerade eben war.

Aber das sind nur grob umrissene Trainingstipps. Ein geeignetes Training sollte unter Anleitung eines kompetenten und qulifizierten Trainers erfolgen, denn so können sich Fehlerquellen einschleichen um die ihr als Halter nicht wisst, diese aber kennt und sieht ein guter Trainer.

Allerdings sind in jedem Fall Trainings"techniken" wie Nackengriff definitiv nicht notwendig, übertrieben gewaltvoll und verhelfen dem Hund nicht aus seiner emotionalen Lage heraus.


blabla8151 
Fragesteller
 28.03.2018, 17:47

Dankeschön für die ausführliche Beschreibung der Körpersprache

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Guten Morgen,

es ist tatsächlich schwierig, da einen Rat zu geben. Man muss das Verhalten des Hundes genau beobachten um festzustellen, ist es Aggression, Unsicherheit, oder Frust, dass er nicht zu dem anderen Hund kann.

Kommt sie denn regelmäßig mit anderen Hunden zusammen? Ist das nämlich nicht der Fall, kann es auch Frustaggression sein.

Ich denke eher, dass du deine eigene Unsicherheit auf den Hund überträgst und sie meint dann, sie müsse Chef spielen. Das zeigt auch schon die Situation, dass sie nach dir schnappt.

Du solltest an deiner Unsicherheit arbeiten und deinen Hund auf jeden Fall auch mit anderen Hunden zusammen kommen lassen - möglichst ohne Leine, denn diese verstärkt noch den Eindruck deiner Unsicherheit.

Das Theater, welches manche Hunde an der Leine veranstalten, ist oftmals keine Aggression. Werden sie abgeleint, sind sie eher zurückhaltend und nähern sich vorsichtig dem anderen Hund.

Da du ja eine gute Hundetrainerin an deiner Seite hast, solltet ihr weiter daran arbeiten. Dann wird das schon :)


blabla8151 
Fragesteller
 28.03.2018, 11:30

Wir treffen uns jeden Mittag mit Hunden aus der Nachbarschaft, wo sie freie bzw. an der Schleppleine läuft, da benimmt sie sich total gut. Nur mit charakterlich starken Hunden rückt sie ab und zu aneinander, aber auch da ist es eher mehr Ton als sonstwas und hinterher spielen die beiden wieder miteinander... Tipps wie ich zeigen kann, dass ich sicher bin? danke für deine Antwort!

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chatley  28.03.2018, 11:40
@blabla8151

Das ist schon mal gut, dass sie Sozialkontakte hat. So lernt sie auch, wie sie sich richtig zu verhalten hat. Aber Vorsicht, das geht auch nur mit gut sozialisierten Hunden.

Deine Sicherheit kannst du zum Beispiel mit einem strengen Ton zeigen. Wenn sie sich rüpelhaft verhält, sagst du mit einer deutlich tieferen und bestimmenden Stimme "Nein", "Aus" - eben das Kommando, das sie auch kennt, und holst sie aus der Situation raus, denn sie soll ja merken, dass ihr Verhalten so nicht gewünscht ist und du dich auch durchsetzt.

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Erstmal solltest du dir dringend einen anderen Trainer suchen. Hier wird nämlich nur versucht am Symptom zu arbeiten und nicht an der Ursache.

Hunde pöbeln aus Überforderung an der Leine!

Fange ich mal vorne an und hoffe, es verständlich hin zu bekommen. Hunde stammen vom Wolf ab, da sind wir uns ja alle einig. Auch das Rudelverhalten steckt noch in unseren Hunden. Wenn sich zwei Rudel begegnen geht der jeweilige Rudelführer vor. Bei der Begegnung der beiden entscheidet sich, ob man friedlich aneinander vorbei geht oder nicht.

Hunde würden es genau so machen. Wir verlangen von unseren Hunden aber, dass sie sich mit jedem einfach nur vertragen. Deswegen lassen wir sie schon als Welpen in Spielgruppen und auf Spaziergängen ungehemmt auf andere Hunde zuballern. Der Hund hat also den Erstkontakt zum fremden Rudel, ist also Rudelführer.

Nun passiert die Begegnung an der Leine. Hunde sind nicht so dumm, dass sie nicht verstehen, dass die Leine sie fixiert. Allerdings dumm genug um nicht zu verstehen, dass der andere Hund das gleiche Problem hat. Im Zweifelsfall ist Angriff die beste Verteidigung, also markiert der Hund mit Imponiergehabe (Gekläffe, Geknurre usw) um so dass Risiko zu minimieren, dass das Gegenüber angreift.

Was du nun tun solltest: Erstmal, wie gesagt, den Trainer wechseln. Nackengriffe sind für Hunde Tötungsversuche. Damit zerstörst du sein Vertrauen, mehr nicht. Dann deinen Hund auf keinen Fall niemals einfach zu anderen Hunden lassen! Kommt euch angeleint ein anderer Hund entgegen bist du immer zwischen den Hunden (bietest ihm Schutz). Ansonsten ignorierst du sein Fehlverhalten einfach!

Ja, es wird Zeit brauchen. Aber wenn du das konsequent so machst, wird es besser. Und dazu stärksten du das Vertrauen anstatt es zu zerstören ;)

"Unsere Hundetrainerin hatte uns empfohlen streng zu sein und wenn der Hund schlimmer wird die Haut am Nacken zu greifen."

Das ist echt veraltet und Blödsinn und das es nichts bewirkt hast du ja bereits bemerkt, nicht wahr?

Dieser Tipp der Hundetrainerin ist kontraproduktiv, denn damit bekommt dein Hund, der eh grad Stress hat wegen dem anderen Hund, nur noch mehr Stress durch den Druck den du so aufbaust. Und unter Stress kann man nicht lernen.

Druck erzeugt Gegendruck. Sonst nichts.

Jedes Individuum (egal ob Mensch oder Hund) hat einen gewissen unsichtbaren "Schutzraum" um sich herum, den ungebeten niemand betreten sollte. Vielleicht hast du an dir selber schon mal gemerkt, das Du, wenn ein Anderer/Fremder dir zu nahe kommt, automatisch zurück- oder ausweichst. Dies bezeichnet man als Individual Distanz. Diese ist bei jedem anders.

Dein Hund benötigt vermutlich eine grössere Individual Distanz, als es ihm ermöglicht wird. Vielleicht wurde er früher sehr oft bedrängt oder von anderen Hunden in die Enge getrieben und kann derartige Nähe einfach nicht ertragen. Zumal an der Leine ein ausweichen bzw normales kommunizieren nicht möglich ist. Halte einfach mehr Abstand zu anderen Hunden. Finde die Individual Distanz, die dein Hund braucht das vermeidet so die Stresssituation und damit das Pöbeln.

Gleichzeitig arbeite an seiner Aufmerksamkeit zu dir. Nur durch diese Aufmerksamkeit hast du eine Chance mit ihm zu kommunizieren.

Aufmerksamkeit bekommst du, wenn du interessanter bist, etwas Tolles als Alternative bietest (Spieli, Leckerli, Zuwendung, Streicheln) und eure Bindung ansonsten stimmig ist (ist sie?).

Nähert sich Euch also ein Hund, dann reagiere BEVOR dein Hund reagiert. Schliesslich hast du die Lage unter Kontrolle, nicht er! Halte eine gewisse Distanz ein, stelle dich vor deinen Hund und hol dir seine Aufmerksamkeit.

üben üben üben

dann klappt das auch mit dem Leinenspaziergang.

ps. ich würde mir eine andere Hundeschule suchen....

pps. bitte beachten: schubsen, stossen, und dergleichen kann auch dafür sorgen, das der Hund erst recht nach vorne geht!


blabla8151 
Fragesteller
 28.03.2018, 11:37

Wenn wir an der Straße unterwegs sind und ich den nötigen Raum nach rechts/links nicht einhalten kann, soll ich dann umdrehen oder anhalten, sie sitzen lassen und den Hund vorbei lassen? Das mit der Bindung ist schwer zu bewerten, aber sie weiß ganz genau wo sie hingehört und sucht meine Nähe.

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adventuredog  28.03.2018, 11:50
@blabla8151

hallo

zuerst einmal: Nähe suchen kann auch eine Art Kontrollieren sein.

Bindung schafft man, indem man immer gemeinsam etwas unternimmt: google Bindungsspiele. Gemeinsam und Miteinander sind soziale Interaktionen, die heutzutage leider allzu oft vernachlässigt werden. Jemanden physisch oder psychisch züchtigen ist gegeneinander und bringt nichts, ausser Unbehagen..

Wenn der Raum nicht reicht, weil die Strasse ihn begrenzt, kehre ich um bis ich ausweichen kann. Das zeigt meinem Hund: ich habe die Situation unter Kontrolle und regel das für uns.

Ich habe das selber oft machen müssen. Ich habe Landseer, die mögen es gar nicht bedrängt zu werden und da sie selber recht gross sind, beanspruchen sie einen dementsprechenden Raum (Distanz) für sich, bzw. besonders die Rüden haben in jungen Jahren einen... ähm... gewissen Hang zur Selbstüberschätzung ;-)

Sitzen lassen: sitzen lassen bringt dem Hund einerseits nur mehr Möglichkeit sich auf den anderen zu konzentrieren, anderseits ist Sitz! auch eine Unterordnungsgeste - und dem anderen Hund will sich der eigene ja ungern untergeben, oder?!

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blabla8151 
Fragesteller
 28.03.2018, 12:02

Okay, danke für die gute Beschreibung! Werde ich auf jeden Fall machen mit dem Ausweichen, nachdem es so viele vorgeschlagen haben

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bei Ansatzweisen Versuchen bringts auch garnix, muss schon durchgezogen werden richtig. Weiterhin ist das Leinenpöbeln warscheinlich nur ein Symptom und die Ursache kann dir nur ein RICHTIGER Hundetrainer erzählen. Die meisten Hundetrainer können nur standartkram lehren, aber den Hund zu lesen können nicht viele.

Und eigentlich immer muss man nur den Menschen umtrainieren und der Hund passt sich an. Kann gut sein das er dich zB beschützt weil deine Körperhaltung falsche Signale sendet.

Das ist alles viel zu komplex als das dir hier wer helfen könnte.


blabla8151 
Fragesteller
 28.03.2018, 11:20

Naja wir ziehen die strenge Art seit einem Jahr konsequent durch und meine Ausstrahlung wurde immer selbstbewusster meine ich... Deswegen habe ich die letzten 3 Tage Mal die anderen beiden Möglichkeiten versucht... Ich weiß auch dass es sehr komplex ist, aber auch die Hundetrainerin weiß ja nicht was in dem 1 Jahr in Ungarn passiert ist dass sie so reagiert... Danke für deine Antwort!

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chatley  28.03.2018, 11:31
@blabla8151

Die Hundetrainerin müsste aber den Hund "lesen" können. Dafür braucht sie nicht ihre Vorgeschichte zu kennen.

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