Große Philosophen und die Frauen? Seltsam.

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Manche der großen Philosophen waren verheiratet (Hegel, Heidegger, Sokrates), viele blieben Junggesellen (Kant, Nietzsche, Schopenhauer, Pascal). Schopenhauer hatte aber auch als Junggeselle eine Beziehung (zu einer Chorsängerin in Berlin). Dass er ein Womanizer gewesen sein soll, halte ich für ausgeschlossen; wer die Abhandlung „Über die Weiber“ geschrieben hat, ist alles andere, nur kein Frauenversteher. Etliche Philosophen hatten ein etwas zwiespältiges Verhältnis zu Frauen. Sokrates war mit Xanthippe verheiratet. Der Name spricht für sich, wirft aber auch ein bezeichnendes Licht auf Sokrates als Ehemann. Aristoteles äußerte nach unserer heutigen Vorstellung seltsame Ansichten über Frauen: sie dürften nicht allzu viele Rechte bekommen; vor allem ihre Ungebundenheit bringe den Staat in Gefahr, wie Aristoteles am Niedergang Spartas exemplifizierte. Hegel vertrat ähnliche Auffassungen: Eine Frau an der Spitze des Staates - urteilte er - bedeute Gefahr für den Staat. Kant war kein Frauenhasser, aber sein Verhältnis zu den Frauen war schwierig und distanziert. Zweimal überlegte er lange, zu lange, ob er einer Frau einen Heiratsantrag machen solle. Schließlich gab er den Plan auf. Nietzsche hatte sich in die schöne Lou von Salomé verliebt, machte ihr zweimal einen Heiratsantrag. Lou lehnte zweimal ab. Schließlich musste Nietzsche mit ansehen, dass sein Philosophenfreund Paul Rée ihm die schöne Lou wegschnappte. Rée lebte mit Lou dann aber nur in einem platonischen Verhältnis zusammen. Heidegger soll eine Geliebte gehabt haben (Hannah Arendt?). Das spricht nicht gerade dafür, dass er mit seiner Frau in einer glückliche Ehe gelebt hat. - Warum haben Philosophen oft ein schwieriges Verhältnis zu Frauen. Dazu hat m.E. Enki40 Richtiges gesagt. Auch ein Vorwurf Schopenhauers könnte hier zur Aufhellung beitragen (wenn man mal von seinen beleidigenden Äußerungen über Frauen absieht). Schopenhauer hielt die Frauen (insgesamt) für die geborenen Philister. Tatsächlich ist es ja so, dass eine Frau, die heiratet, in der Regel nach einem gemütlichen Zuhause und einem geregelten Eheleben strebt, schon um den Kindern, die sie großziehen muss, eine Geborgenheit zu geben. Unterwirft sich ein Mann einer solchen Frau (Pantoffelheld), wird er ganz sicher zu einem Spießer. Ein anderer, der auf diese Bedürfnisse einer Frau (nach einem geregelten, bürgerlichen Leben) eingeht und hier Kompromisse schließt, dürfte auch nicht gerade ein Ausbund von Individualist sein; eher dürfte man ihn zu den „Angepassten“ zählen. Nun aber der Philosoph: seine Herkulesaufgabe, das Wesen der Welt zu ergründen, erfordert ungeheuer viel geistigen Freiraum, Individualität, Unabhängigkeit, oft Rücksichtslosigkeit. Ein solcher Mann taugt nicht für die Ehe; auch in einer Beziehung wird er Schwierigkeiten bekommen, denn eine Frau verlangt mit Recht Rücksicht und Verständnis für ihre Interessen und Bedürfnisse. Die sind aber aus der Sicht des Philosophen spießig, jedenfalls aus der Sicht Schopenhauers.


Mclmeo 
Beitragsersteller
 19.09.2012, 15:43

Unterwirft sich ein Mann einer Frau, wird er ganz sicher zu einem Spießer.

Ich hoffe doch, das war die Meinung Schopenhauers!? Und was war dann mit Kant, der sozusagen als Inbegriff bzw Definition des Spießers gelten kann?

Der letzte Teil gefällt mir. Von der Seite hab ich das noch nie betrachtet :)

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Haldor  22.09.2012, 12:12
@Mclmeo

Spießigkeit ist eine innere Einstellung. Nach außen kann durchaus Weltläufigkeit demonstriert werden (Reisen in alle Länder), aber die innere Haltung ist philiströs; z.B. bornierte, einseitige Meinungen, Ehrgeiz nur auf das Materielle gerichtet (schönes Haus, attraktive Ehefrau, gutes Einkommen, tolle Reisen, Partys am laufenden Band, auf denen der Philister dann gepflegt herumquatscht; Engherzigkeit, Verachtung für diejenigen, die es zu solchen materiellen Errungenschaften nicht gebracht haben etc). Alles das war Kant nicht! Schopenhauer wirft den Frauen (zu Recht oder zu Unrecht?) vor, dass sie den Mann zu diesem materiell verengten Dasein verführen und nur seinen unedlen Ehrgeiz anstacheln. Dieser Mann ist dann natürlich für die große (idealistische) Gedankenarbeit, zu der er nach Schopenhauer an sich befähigt ist, für immer verloren (es sei denn, er findet eine Frau, die sich ihm unterordnet; aber so etwas ist ja heute bei den Frauen verpönt).

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Mclmeo 
Beitragsersteller
 30.09.2012, 16:05
@Haldor

Kant hat in einer solch engstirnigen Weise seinen Tagesablauf geplant, dass es kaum vostellbar ist, dieser Mann soll ein Freidenker gewesen sein.Wer jeden Tag genau zur gleichen Uhrzeit spazieren geht, der hat seinen Geist nicht für Abwechslung geöffnet. Das ist eine innere Haltung. Ich mache das an der Überpünktlichkeit fest, Gewohnheit allein heißt nicht Spießertum.

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Haldor  25.10.2012, 13:25
@Mclmeo

Es ist unmöglich, in einem Genie wie Kant einen Spießer zu sehen. Im Kopf dieses Mannes entstand eines der gewaltigsten Werke der Philosophiegeschichte. Dieser große Geist ist ins innerste Wesen der Welt vorgedrungen; er fand Antworten auf alle denkbaren existenziellen Frage der Menschheit. Ein Spießer ist dagegen nur auf sein materielles Wohl bedacht. Nur die kleinlichen Fragen seiner eng umzirkelten Philisterwelt interessieren ihn. Seine Antworten darauf sind dementsprechend: borniert, einseitig, rechthaberisch. Es kommt ihm unter allen Umständen darauf an, Recht zu behalten und irgendwie der Stärkere zu sein. Ein Genie muss nicht unbedingt so wild ausschweifend leben wie die „Genies“ des „Sturm und Drangs“ oder die genialen Dichter im Zeitalter der Romantik. Manche sind von ihrer äußerst angestrengten Gedankenarbeit derart in Anspruch genommen, dass sie – sozusagen als Stützpfeiler – eine penible Ordnung ihres äußeren Lebens brauchen. Zu den letzteres gehörte Kant. Nicht umsonst hat Kant so lange gezögert, ob er heiraten soll. Eine Frau, die 100%ig hinter ihm steht, die ihm eine treusorgende Verwalterin seines Hausstandes ist, hätte ihm sicher (falls sie sein Typ gewesen wäre) gefallen. Vermutlich dachte er intensiv über Sokrates und dessen Xanthippe nach. Man stelle sich vor, eine egoistische, emanzipierte, vor allem an Selbstverwirklichung interessierte Ehefrau hätte Kants privates Leben durcheinander gebracht. Er hätte das vermutlich nicht überlebt.

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Es kommt darauf an, wen Du zu den großen Philosophen zählst. Aber um Großes zu erreichen brauchst Du die Zeit der Einsamkeit, des Leides. Wie ein Dichter schreibt "denn nur aus Schmerzen blüht das wahre Lied". Glaubst Du, wer so viele tolle Liebeslieder schreibt, schreibt diese aus einem erfüllten Liebesleben heraus? Und dann kommt es darauf an, was Du unter einem erfüllten Liebesleben verstehst. Etwas die Form der Familie, wie sie uns Gesetz und Christentum vorschreibt?

Martin Luther war recht glücklich in seiner Ehe, genauso, wie Johann Sebastian Bach. Jakob Neuhaus, besser bekannt als Giacomo Casanova, war auch ein Philosoph und ein großer Verehrer der Frauen. Hermann Hesse hatte unglückliche, wie aber auch sehr glückliche Beziehungen.

Und Ledigkeit führt in der Regel eher zu Fanatismus oder zum Suff, nur ganz selten zum großen Philosophen. Ich meine, wer ein großer Philosoph werden will, sollte zunächst einmal lernen, mit dem Leben fertig zu werden, bevor er den Menschen vorschreiben will, wie sie zu leben haben.

Und mein Vorschlag für Dich ist: Lerne Deine Hemmungen zu überwinden und suche Dir eine Partnerin, mit der Du gemeinsam über Sinn und Unsinn der Philosophie philosophieren kannst und dann schreibt gemeinsam ein Buch über die "Philosophie der Liebe".


Mclmeo 
Beitragsersteller
 19.09.2012, 15:18

Lerne Deine Hemmungen zu überwinden

Das nehm ich persönlich! Der letzte Satz war ironisch gemeint.

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Enki40  19.09.2012, 16:07
@Mclmeo

Das solltest Du auch persönlich nehmen. Ich habe es als Humor aufgefasst und auch lediglich humorvoll darauf geantwortet. Anders war es nicht gemeint. Lass uns deshalb gemeinsam darüber schmunzeln. Okay?

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Mclmeo 
Beitragsersteller
 30.09.2012, 16:08
@Enki40

Damit man Humor bzw Ironie bei mehrdeutigen Aussagen erkennt, ist es nur höflich, mit Smileys auf die Ironie hinzuweisen, zB ^^ oder ;-). Dadurch kommen Missverständnisse erst gar nicht auf.

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Enki40  30.09.2012, 17:03
@Mclmeo

Habe immer vermisst, dass man hier keine Smileys setzen kann. Habe auch noch nie welche gesehen. Gut, dass ich jetzt in die Geheimwissenschaften eingewiesen wurde. Mich deshalb als unhöflich zu bezeichnen ist außergewöhnlich. Keine Sorge, ich werde keine Deiner Fragen mehr beantworten. Es gibt genügend Menschen, die meine Antworten schätzen und nicht aus jeder Unklarheit ein Streitgespräch machen. Zumindest hast Du klar gestellt, weshalb Du allein bist. Bestimmt nicht wegen des Philosophierens.

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Mclmeo 
Beitragsersteller
 03.10.2012, 18:27
@Enki40

Hass ein Weg zur dunklen Seite der Macht ist.

Bei einer solchen Antwort scheint mir klar, dass du keine Smileys erkennst, selbst wenn sie direkt hinter diesem Satz auftauchen ^^ Dir täte es -ohne Hohn- sehr gut, nicht jede Randnotiz als Beleidigung aufzufassen.

Ich schätze Antworten wie diese, nicht aber den letzten Kommentar- versteht sich.

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Haldor  19.09.2012, 11:45

Enki40: Im ersten Abschnitt sehr gute, treffende Gedanken! Zum 2. Abschnitt: die dort genannten Persönlichkeiten waren keine Philosophen!

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Enki40  19.09.2012, 16:06
@Haldor

Das ist richtig, ich habe dies im Übergang nicht genügend hervorgehoben. Ich wollte damit allgemein auf bedeutende Persönlichkeiten hinweisen, die letztendlich für ihre Werke immer auch die Einsamkeit brauchten.

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Ich denke solch ein Verhalten lässt sich bei Männern fast immer auf ein gestörtes Sexualverhalten zurückführen bzw. erhöhte sexuelle Aktivität. Ich denke, es ist das ständige Nachdenken. Je länger ein Mann über eine Frau nachdenkt, desto mehr Sex möchte er sicherlich mit ihr ausüben. Da der Philosoph den ganzen Tag am Nachdenken ist, führt das eine zum anderen.

Vielleicht zwingt sie auch genau dieses gestörte Sexualverhalten zum nachdenken, denn schließlich sind es auch nur Menschen, die sich fortpflanzen wollen. Alles lässt sich schließlich auf die Fortpflanzung zurückführen, jedes menschliche Verhalten.


Mclmeo 
Beitragsersteller
 18.09.2012, 19:51

Alles lässt sich schließlich auf die Fortpflanzung zurückführen, jedes menschliche Verhalten

FALSCH! Die Erziehung von Kindern, Mutterinstinkt etc lassen sich nicht auf Fortpflanzung zurückführen. Der dritte Satz erscheint erstens unlogisch und widerspricht zweitens dem Rest.

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philosophus  18.09.2012, 20:12
@Mclmeo

FALSCH! Die Erziehung von Kindern, Mutterinstinkt etc lassen sich nicht auf Fortpflanzung zurückführen.

Die Erziehung von Kindern ist Teil der Fortpflanzung (der Artenerhaltung, als Oberbegriff).

und widerspricht zweitens dem Rest.

An welcher Stelle?

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Mclmeo 
Beitragsersteller
 19.09.2012, 15:20
@philosophus

So gesehen hast du Recht. Artenerhaltung trifft es besser, denn der Begriff Fortpflanzung bezieht sich ugs in erster Linie auf Sex.

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Philosophen sind Menschen, so unterschiedlich wie andere auch. Und wie immer fallen vor allem die auf, die aus dem Rahmen fallen. Um Philosophen als Menschen zu verstehen, muss man in ihre Biographie gehen. Da es jedoch keine vergleichbaren Statistiken aus der jeweiligen Zeit gibt, z.B. wieviele Männer ihrer Zeit glückliche Ehen geführt haben, (z.B. Kant und Friedrich der Große) incl. einer soziologischen Darstellung der Stellung der Frau und deren Widerspieglung bei Männern ihrer Zeit, sind solche Aussagen eigentlich nicht haltbar, weil einfach die Umfelddaten fehlen. So waren z.B. Marx und Feuerbach glücklich verheiratet, Feuerbach hat sogar ein großes Lieb auf die geschlechtliche Liebe gesungen, Jean Paul Sartre und Simone de Beauvoire waren ein auf ihre Art glückliches Paar, auch Karl Popper und seine Frau oder Karl Jaspers, der sogar ausdrücklich Nachteile in Kauf genommen hat, weil seine Frau Jüdin war.


Enki40  19.09.2012, 10:20

Immer wieder erfrischend aus dem Fundus des "Schuhobservators" zu lesen. Sehr gut. Dh

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ALLE Philosophie entstand im Patriarchat und entstammt ihm daher de facto - egal wie wieviel heute auch von Emanzipation gesprochen wird - und daran hat sich bis heute nichts geändert. Wir leben noch immer in eindeutig patriarchalen Verhältnissen, noch immer Mann DAS Maß allen Menschseins. Knapp gefasst in dem Satz: Ich bin eine selbstständige Frau, ich steh meinen Mann!

Das Patriarchat beschädigt Frauen und Männer (wenn auch in unterschiedlicher Weise und mit verschiedenen Auswirkungen). Die weniger oder mehr offen zu Tage tretende Misogynie quasi aller Philosophen macht dies nur anschaulich. Solang wir (die Menschen) nicht willens und in der Lage sind, dass auch GANZ andere, selbst nie erfahrbare Menschsein, des jeweils anderen Geschlechts (Nichtfrauen können SICH nicht fortpflanzen, Nichtmänner haben keinen Penis, ...) als gleichwertig anzuerkennen = anzunehmen, solange wird die (westliche) Emanzipation, nur eine Androgynisierung* des Patriarchats erreichen (*Androgynisierung = Trennung vom biologischen Geschlecht. Queen Victoria und Katharina die Große, Thatcher und Merkel waren/sind knallharte Patriarchen. Dazu bedarf es keines Penis.)

Die unbewusste oder offene Überheblichkeit der Philosophen gegen dem Geschlecht, dem sie alle entstammen, wurde sehr lange mit "Wirklichkeit" gerechtfertigt - es gab quasi keine studierten Frauen, keine ẃeiblichen Philosophen.

Dass dies nicht natürlich sondern kultürlich, dass dies die Folge des Patriarchts war, ist nur den allerwenigsten Philosophen je in den Sinn gekommen. Was ganz wesentlich daran liegt, dass die abendländische Philosophie seit Anbeginn sehr körperfern bis körperfeindlich war. Aber auch die Weisheitslehren anderere Kulturen waren und sind patriarchal. Ebenso alle Großreligionen deren oberste Götter 'männlich' sind. Obwohl außer Zweifel steht, aus Nichts kann auch Gott nichts schöpfen, denn Nichts - wenn mensch die Sprache die sier spricht ernst nimmt - gibt es nicht, denn sonst wäre es nicht Nichts. Ergo kann auch Gött nur aus SICH schöpfen und das ist logisch urweiblich. Was seit dem Entstehen von Geschlechtern Weiblich ist = das SICH fortpflanzende Geschlecht, ist das ursprüngliche, denn Fortpflanzung gibt es solange es überhaupt Leben gibt.

Erst wenn diese -de facto banalen Einsichten- in der Philosophie (und der Welt) selbstverständlich geworden sind, wird diese, letztlich auf der Angst vor der Überlegenheit des Weiblichen beruhende Abwertung verschwinden. Es ist hoch an der Zeit.

Gruß mm

Gruß mm