Gerhard Richter nennt Afghanen, Syrer und Iraker für nicht willkommen in Deutschland, ist er damit rechtsextrem?
Gerhard Richter ist der bedeutendste lebende bildende Künstler Deutschlands. Er brachte es durch seine Malerei auf ein Vermögen von 700 Mio. Euro.
Richter kritisiert die Willkommenskultur für Flüchtlinge als verlogen.
6 Antworten
Das ist nicht rechtsextrem, er bezieht sich auf Flüchtlinge und die sind laut GG hier über sichere Staaten ankommen nicht mehr verfolgt bzw haben kein Anspruch auf Asyl.
Und sehr viele Afganen werden eingeflogen obwohl die weder Ortskräfte noch deren Angehörige sind.
Wenn man das GG nicht bewusst ignorieren will kann man die aktuelle ausnutzung des Asylsystems durchaus verlogen nennen.
Ich kenne den Typ nicht. Sein Vermögen ist absolut unerheblich. Und was und wen er für "unwillkommen" hält, interessiert mich ebenfalls nicht.
Ich bin nicht sicher, ob ich diesen schrägen Vogel für "willkommen" halte.
Nein.
Es ist seine Meinung und die darf er äußern.
Den Begriff,,Willkommenskultur" halte ich für aufgesetzt , verordnet und ideologisch.
Über den Artikel über das Interview mit Richter sagt der Verfasser schon 2016 im Anhang: "Er wollte nicht über Merkel reden, aber im aufwändig produzierten Film des dänischen Museums ist genau das zu hören und zu lesen. Keine Schnitte – von denen es in dem Video einige gibt – haben diese Passage getilgt und Gerhard Richter damit vor der absehbaren Aufregung geschützt. Offensichtlich wollte der Kurator Anders Kold dessen Aussagen zur deutschen Flüchtlingspolitik in dem Ateliergespräch so präsentieren. Ob aus politischem Kalkül, aus der Lust an vermeintlicher Inkorrektheit oder nur, um Aufmerksamkeit für das Louisiana Museum zu erzeugen – das ist fraglich."
Der Interviewer Anders Kold hat seinem Interview also zumindest 9 Jahre Aufmerksamkeit gesichert.
Ich persönlich war schon in den 1970er Jahren in der Asylbewerberarbeit engagiert und habe damals eine Frau dem Sinne nach sagen hören: Ich mache diese Arbeit seit 9 Jahren, und es wird mir allmählich zu viel. Wenn somalische Pubertierende im Schulbus Vandalismus betreiben, dann können ihre Mütter daran nichts ändern, denn sie werden in ihrer Kultur nicht ernst genommen. Ernst genommen werden die Sippenältesten und die Väter, junge Frauen werden in der Sippe nicht gehört. Wenn der Staat weiterhin unsere Arbeit so wenig unterstützt wie bisher, wird das nicht gut gehen.
Ich selbst konnte 2015 keine Flüchtlingsbetreuung leisten, weil ich von einer schweren Operation noch nicht wieder hochgekommen war. Die Idealisten, die sich in die Arbeit gestürzt haben (ich war bei Treffen dabei und habe das mitverfolgt) machten sich Illusionen darüber, wie viel der Staat werde leisten können. Und eine Willkommenskultur herrschte damals nur bei einer Minderheit der Gesellschaft, aber da sehr intensiv. Sie ist auch heute noch deutlich zu erkennen: https://deutsch-lernen.zum.de/wiki/Willkommen-Materialien_Ukraine
Aber schon 2015 war abzusehen, dass die ehrenamtlichen Mitarbeiter überfordert waren. Trotzdem sind inzwischen sehr viele syrische Fachkräfte (ich beobachte das besonders bei Ärzten) in den Arbeitsmarkt integriert. Der Ärzte- und Pflegekräftemangel wäre ohne die syrischen Kräfte in der Coronakrise noch deutlich schlimmer geworden.
Richter hat vermutlich prophetisch das Aufsteigen der AfD vorhergesehen und gewiss die Forderung, das N-Wort nie zu gebrauchen als 84-Jähriger nicht für sinnvoll gehalten., weil Political Correctness schon damals bei größeren Bevölkerungsgruppen wenig Verständnis fand.
Als Politiker hätte er anders gesprochen; aber rechtsextrem war er in der Tat nicht.
Nein, Gerhard Richter ist nicht automatisch rechtsextrem, nur weil er die Willkommenskultur kritisiert.
Aber: Wenn jemand konkret Afghanen, Syrer und Iraker pauschal als „nicht willkommen“ bezeichnet, dann ist das rassistisch motiviert – und grenzt sehr wohl an völkisch-nationales Denken.
Starker Beitrag, sauber eingeordnet – aber lass mich trotzdem kurz erklären, denn du weichst an einem entscheidenden Punkt aus.
Richter sagt sinngemäss: „Ich heisse nicht alle willkommen – nur die, die ich kenne.“
Das klingt harmlos, ist aber genau die rhetorische Verschiebung, um die es geht. Denn:
Wer Integration vom persönlichen Kontakt abhängig macht, redet nicht über Politik – sondern über Komfortzonen.
Das ist keine Kritik an der Organisation von Asylverfahren – das ist der Versuch, moralische Distanz durch Individualisierung zu rechtfertigen.
Und ja, du hast Recht:
Richter ist kein AfD-Mann.
Aber genau deswegen ist es gefährlich, wenn seine Aussagen unkritisch als Rechtfertigung für Ablehnung herangezogen werden.
Nicht weil er rechtsextrem ist, sondern weil seine Worte so klingen können, wenn man sie willentlich missversteht. Und das passiert – wie du selbst sagst – bereits.
Du willst differenzieren – gut so.
Aber genau deshalb solltest du auch sehen:
Es geht hier nicht um das, was Richter gemeint haben könnte.
Sondern darum, was aus solchen Aussagen gemacht wird – und welche Denkmuster sie bedienen.
Genau deshalb lege ich Wert darauf, dass man nur als AfD-Anhänger mit dieser Aussage versuchen kann, rechtsextreme Aussagen zu rechtfertigen.
"Wenn Gerhard Richter so etwas sagt, kann es doch nicht rechtsextrem sein."
Er hat es 2016 gesagt, als man noch mit solchen Worten gegen Political Correctness als Futter für die AfD sprechen konnte. Heute gelten dieselben Worte als Rassismus.
Im "Schwarzen" Peter von Heinrich Hoffmann ging vor dem Tor ein sich auf Tor reimendes M-Wort. Und Kinder sind imstande aus dem Lied "Der Mond ist aufgegangen" "der weiße N-Wort Wumbaba" zu verballhornen. Aber das darf nicht mehr sein. Deshalb darf ein Buch nicht mehr so heißen, wie Kinder sich "der weiße Nebel wunderbar" anverwandelt haben.
Der gute Wille, niemanden zu verletzen, hat dazu geführt, dass jetzt Personen das für ihre Zwecke ausnützen können, die man aus gutem Grund "Nazi" oder "Faschist" nennen darf, obwohl sie das nicht sind, sondern in der zweiten nachfolgenden Generation als Neos den schrecklichen Spuk wieder heraufbeschwören. (sieh: Vergleich AfD und Antifa)
Gerhard Richter wusste, weshalb er sich 2016 nicht auf Political Correctness einlassen wollte. Inzwischen müssen wir mit den Folgen leben.
Wenn Trump eine neue Weltwirtschaftskrise heraufbeschwören sollte (hoffentlich nicht!), wird es schwer sein, nachzuweisen, dass ihm "waches" Bewusstsein auf dem Weg dahin nicht geholfen hat.
Es geht "darum, was aus solchen Aussagen gemacht wird – und welche Denkmuster sie bedienen". Da sind wir völlig einig.
Danke – jetzt wird’s richtig differenziert. Und das ist gut so.
Du bringst ein zentrales Dilemma auf den Punkt: Die Verschiebung der Deutungshoheit über Worte, Aussagen und ihre gesellschaftliche Sprengkraft.
Ja, 2016 konnte man „gegen Political Correctness“ noch als künstlerische oder intellektuelle Provokation verkaufen – heute wird dieselbe Rhetorik gezielt von rechten Akteuren instrumentalisiert, um Grenzen zu verschieben, nicht zu hinterfragen.
Und Richter?
Der wollte kein Hetzer sein – aber seine Worte leben heute in einem anderen Kontext weiter.
Der Punkt mit dem „Wenn Richter das sagt…“ ist exakt das Problem:
Es ist nicht mehr entscheidend, was jemand ursprünglich meinte – sondern wie seine Aussagen heute funktionieren.
Wer autoritäre Narrative mit dem Anstrich bürgerlicher Autorität versieht, macht sie anschlussfähig, nicht harmlos.
Und genau da beginnt der schleichende Normalisierungsprozess, den du auch beschreibst – bewusst oder unbewusst.
Wir sind uns einig – aber mit anderem Akzent:
Du betonst, wer das missbraucht, ich betone, was sie daraus machen.
Beides gehört zusammen. Und genau deshalb braucht’s klare Worte, nicht pauschale Empörung – aber auch keine nostalgische Entlastung.
Wer Denkmuster kultiviert, trägt Mitverantwortung – egal, ob er sie selbst beabsichtigt hat oder nicht.
Einverstanden! - Deshalb ist es so wichtig, deutlich zu machen, dass Richters 2016 so gesprochen hat.
Er hat gesagt: "[...] wenn mir gesagt wird: ‚Du musst jetzt alle willkommen heißen‘ dann ist das gelogen. Ich nehme die nicht zum Essen, sondern nur die ich jetzt kenne." Er hat nicht "konkret Afghanen, Syrer und Iraker pauschal als „nicht willkommen“ bezeichnet", sondern betont, dass ihm nicht alle, sondern nur die, die er kennt, willkommen sind unabhängig davon, woher sie kommen.
Ich habe 2015 Merkels Entscheidung für richtig gehalten wie 1990 Kohls Einsatz für die Wiedervereinigung; aber wenn auch nicht so falsch wie Kohls "blühende Landschaften", so war doch auch Merkels "Willkommenskultur" zu schöngefärbt. So kam es, dass der AfD-Wähleranteil im Osten wie im Westen von 2014 bis 2016 auf etwa das Doppelte anstieg. Der gute Wille der Ehrenamtlichen reichte nicht aus, die aufgrund der Schuldenbremse recht unzureichende staatliche Unterstützung auszugleichen (besonders die Kommunen waren deshalb auf die auf sie zukommenden Kosten nicht vorbereitet, da der Bund sich vornehm zurückhielt).
Wenn jetzt AfD-Anhänger Richter, der offenbar 2016 die Gefahr der Zunahme rechtsradikaler Stimmen voraussah, zu ihrem Eideshelfer für 2025 stempeln will, so ist das unfair, Richter würde es vermutlich etwas deutlicher als verlogen bezeichnen.