Gehört Schnell fahren auf der Autobahn in der Fahrschule als Übung dazu?

15 Antworten

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Hallo christian199001,

zwar gibt es in Deutschland kein generelles Tempolimit, aber das man so schnell fahren darf, wie man will, ist nicht zutreffend, denn die Straßenverkehrsordnung macht hier eine Einschränkung:

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§ 3 StVO - Geschwindigkeit

(1) Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug STÄNDIG beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht eine geringere Geschwindigkeit geboten ist. Es darf nur so schnell gefahren werden, dass innerhalb der übersehbaren Strecke gehalten werden kann. Auf Fahrbahnen, die so schmal sind, dass dort entgegenkommende Fahrzeuge gefährdet werden könnten, muss jedoch so langsam gefahren werden, dass mindestens innerhalb der Hälfte der übersehbaren Strecke gehalten werden kann.

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Und glaub mir, weder in der Fahrschulzeit noch in den ersten Monaten nach der Prüfung hast Du die persönliche Fähigkeit ein Fahrzeug von jenseits der 130 km/h zu beherrschen.

Zur Beherrschung eines Fahrzeuges gehört weit mehr, als dass man das Gaspedal durchtreten, das Lenkrad festhalten und das Bremspedal finden kann.

Zu der erforderlichen Fähigkeit das Fahrzeug zu beherrschen, gehört auch die langwährige   Erfahrung, Fehlverhalten anderer Verkehrsteilnehmer vorherzusehen und vor allem adäquat auf diese Fehlverhalten zu reagieren. Dazu ist ein Fahranfänger meist gar nicht in der Lage.

Um ein Fahrzeug bei so hohen Geschwindigkeiten zu beherrschen zu können, gehört auch die Erfahrung, wie so ein Fahrzeug überhaupt reagiert, wenn Du bei so hohen Geschwindigkeiten plötzlich eine Gefahrbremsung   mit gleichzeitigen Ausweichen tätigen musst. Und weißt Du wie das Fahrzeug dann reagiert?

Und kannst Du das Fahrzeug auch wieder abfangen, wenn das Fahrzeug bei der Geschwindigkeit  anfängt zu schleudern.

Du solltest Dir den rat nicht schneller als 130 km/h zu fahren nicht nur in der Fahrschule  zu herzen nehmen, sondern auch noch danach.

Du musst Dir über eins bewusst sein. In der Stadt bei 50 km/h haben Fahrfehler meist nur Blechschäden und leichte, über mittelschwere bis schwere Verletzungen zur Folge. Bereits ab 70 km/h sind tödliche Verletzungen nicht unwahrscheinlich. Aber bei über 130 km/h führen Fahrfehler in den meisten Fällen zu tödlichen Verletzungen.

Deshalb mein Rat, beende erst einmal die Fahrschule, sammle mehrere Monate Fahrpraxis und nimm dann an einem Fahrsicherheitstraining teil, bevor Du wirklich schnell fährst.

Zum jetzigen Zeitpunkt, wäre es vom Fahrschullehrer unverantwortlich Dich mit mehr als 130 km/h fahren zu lassen. Zumal würdest Du gegen § 3 der StVO verstoßen, wenn Du zu schnell fährst

Schöne Grüße
TheGrow


christian199001 
Fragesteller
 14.07.2016, 22:23

Da muss ich an letztes Jahr denken, als ein Freund von mir nach seinem Führerschein sofort das Auto von seinem Vater geliehen hat und damit auf die Autobahn, um zu schauen wie schnell das Auto so fährt. 

Nach wie viel Kilometern hat man denn die nötige Erfahrung, um sicher auch der Autobahn, auch mit höheren Geschwindigkeiten fahren zu können?  

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TheGrow  15.07.2016, 00:28
@christian199001

Erfahrung sammelt man nicht unbedingt, weil man besonders viele Kilometer zurückgelegt hat oder weil man lange Zeit Auto fährt, sondern die Erfahrung steigt mit jeder außergewöhnlichen Situation die man erlebt und vor allem überlebt.

Was die Fahrzeugbeherrschung angeht, kann ich zum Beispiel bei einem Fahrsicherheitstraining von ADAC & Co an nur einem Tag mehr Erfahrung sammeln, als Jemand der 2 Jahre jeden Tag gefahren ist und 200.000 Kilometer zurückgelegt hat, aber nie ins rutschen, schleudern kam und nie ne Vollbremsung hinlegen musste.

Man kann natürlich auch aus Fehlern Erfahrung sammeln. Eine Erfahrung die ich selbst sammeln musste ist z.B. das man mit 10 km/h schon zu schnell sein kann. Bin vor mehr als zwei Jahrzehnten bei minus 5 Grad und einsetzenden Regen mit nicht mal 10 km/h durch die mehr als spiegelglatte Fahrbahn aus der Kurve geflogen und hab ein Blumenbeet platt gemacht. Das habe ich selbst nach so langer Zeit nicht vergessen

Was jetzt nur indirekt mit der Fahrzeugbeherrschung zu tun hat, ist die Fähigkeit zu entwickeln vorausschauend fahren zu können und ein Gefühl dafür zu entwickeln, wie sich andere Verkehrsteilnehmer in den nächsten Sekunden verhalten werden.

Beispiel: Du fährst auf der linken Spur der Autobahn und in einiger Entfernung siehst Du auf der rechten Spur einen LKW und dahinter einen PKW der sich schnell dem LKW nähert. Da musst Du in der Lage sein aufgrund Deiner Erfahrung einzuschätzen, ob sich aus der Raum-Zeit-Berechnung nicht ergeben könnte, dass der PKW - Fahrer ohne zu schauen und ohne zu blinken genau in dem Moment auf Deine Fahrbahn wechselt wo Du Dich bereits unmittelbar hinter oder bereits neben ihn befindest. Was nutzt es Dir, dass der Andere Schuld hat, wenn es dann zu einem Unfall kommt, Du den Unfall über nicht überlebt hast, weil Du blind in diese Situation mit weit über 100 km/h hineingefahren bist?

Ich hoffe Du verstehst, was ich damit meine.

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christian199001 
Fragesteller
 22.07.2016, 01:55
@TheGrow

Das Problem ist, das außergewöhnliche Situationen im Straßenverkehr überhaupt nicht stattfinden, wenn man sich stets korrekt Verhält. Einzig bei Schnee und Glatteis könnte man einiges lernen obwohl es ohnehin schon gefährlich ist und man irgendwelche Spielchen sein lassen sollte. 

Fahrsicherheitstrainings sind Goldwert. 

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TheGrow  22.07.2016, 04:31
@christian199001

Das Problem ist, das außergewöhnliche Situationen im Straßenverkehr überhaupt nicht stattfinden, wenn man sich stets korrekt Verhält

Man kann sich zu 1000% korrekt verhalten, das schließt aber keinesfalls aus, dass nicht andere Verkehrsteilnehmer Fehler begehen auf die man adäquat reagieren muss. Und genau aus den erlebten  Fehlern (Anderer) muss man lernen zukünftig Fehler anderer Verkehrsteilnehmer vorauszusehen.

Gleichzeitig lernt man aus diese ungewöhnlichen Situationen auch, dass man nicht immer die Chance auf Fehler anderer zu reagieren und Unfälle zu vermeiden.

Zum Beispiel bei meinen letzten Unfall geriet unvorhersehbar das Fahrzeug vor mir in den Gegenverkehr, rammte ein entgegenkommendes Fahrzeug seitlich, wodurch das rechte Rad komplett abgerissen wurde und das Fahrzeug schleuderte wiederum in mein Fahrzeug und in drei mir folgende Fahrzeuge. Fazit: 5 Fahrzeuge mit Totalschaden und insgesamt 10 (gottseidank nur leicht) Verletzte.

Abgesehen von dem Fahrer des Fahrzeuges vor mir, der plötzlich in den Gegenverkehr fuhr, konnte keiner der Beteiligten den Unfall verhindern. Es gab null Anzeichen dafür, dass der Fahrer in den Gegenverkehr fahren würde. Der Fahrer selbst gab an, dass er noch nicht einmal gemerkt hat in den Gegenverkehr gefahren zu sein, sondern das das Fahrzeug, welches er gerammt hat, plötzlich vor ihm war.

Glück im Unglück war, dass wir innerhalb geschlossener Ortschaften waren und somit kein Fahrzeug wesentlich schneller als 50 km/h fuhr. Gleichwohl, waren die Schäden an den Fahrzeugen ganz erheblich. Alle 5 beteiligten Fahrzeuge hatten Totalschaden. Die Bundessstraße (B73) war für volle anderthalb Stunden mitten im Berufsverkehr gesperrt.

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130 ist die Richtgeschwindigkeit und in der Prüfung solltest du auch nicht schneller fahren, um in keine Konfliktsituationen zu kommen.

Ich halte es aber für wichtig, dass er Fahrlehrer dich auch mal Vollgas geben lässt, genauso wie auf nem leeren Platz Vollbremsungen üben lässt oder im Optimalfall das Auto mal schleudern lässt.

Besser man macht diese Erfahrungen in der Fahrschule, als dass man irgendwann mal überrascht wird und das nicht kann.

Ist normalerweise kein Pflichtbestandteil der Fahrschule, aber ein besonders guter Fahrlehrer bringt dir das auch bei.



soga57  14.07.2016, 08:07

Das gehört nicht in die Fahrschule. Dafür gibt's weiterbildende Kurse.

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Ich hatte mit meinenm Fahrlehrer mal darüber gesprochen.

Dieser meinte, dass bei über 130km/h die Versicherung anders greift.
Könnte also einfach daran liegen, dass er es generell nicht zulässt.

Prinzipiell sollte es aber keine Situation geben, in der du gezwungen bist schneller als 130 zu fahren. Somit muss die Fahrschule dich nicht umbedingt darauf vorbereiten.

Und am Ende hat der Fahrlehrer das Sagen.

Wenn er festlegt, dass du nur 130 fährst kannst du wenig dagegen machen.

Deine einzige realistische Option wäre, meiner Meinung nach, das Wechseln der Fahrschule, das ist jedoch unverhältnismäßig.

Sprich ihn doch einfach an und frag ihn, wieso du nicht schneller fahren durftest.

es gehört nicht unbedingt dazu, aber bei meinem fahrlehrer durfte ich etwa 200 fahren, denke das entscheidet jeder selber.

Derzeit bin ich ja mitten dabei den Führerschein zu machen, im August ist meine Praktische dran.

Mein Fahrlehrer meinte damals, ich soll so schnell fahren bzw. es probieren, wie es mir lieb ist bzw. wie sicher ich mich noch fühle.

Irgendwann war ich dann an der 190 km/h Grenze. Zum Ausprobieren. Wenn man sich nur auf den Straßenverlauf der Autobahn bzw. auf andere Fahrer konzentriert, fällt es einem zu Beginn nicht auf, wie schnell man tatsächlich ist.

Jetzt weiß ich, dass ich zukünftig nicht unbedingt so schnell fahren möchte, da das Gefühl danach schon etwas merkwürdig ist.

Dein Fahrlehrer hat richtig gehandelt aus meiner Sicht. Es sind 130 km/h vorgeschrieben. Die seid ihr gefahren. Und 130 km/h sind schnell. 

Liebe Grüße