Gehalt einbehalten da frühzeitig gekündigt?
Hallo miteinander,
mein AG hat einen Teil meines Gehalts einbehalten.
Der Sachverhalt sieht folgendermaßen aus: Ich habe zum 30.09 ordentlich gekündigt. Allerdings habe ich bereits Urlaub im vollen Umfange, dh. 30 Tage genommen dieses Jahr.
Mein AG schreibt:
der reduzierte Auszahlungsbetrag steht nicht im Zusammenhang mit Ihren Minusstunden. Allerdings haben wir einen Teil Ihres Gehalts zunächst einbehalten, da Sie für dieses Jahr ihren kompletten Urlaubsanspruch verbraucht haben und nun bereits vor Ende des Jahres gekündigt haben.
Aktuell prüfen wir diesen Sachverhalt rechtlich. Sollten Sie Anspruch auf die Auszahlung haben, werden wir den Restbetrag selbstverständlich noch überweisen.
Ist das rechtens so ? Ich verstehe die Argumentation mit dem Urlaub, aber darf mir der AG Teile vom Lohn einbehalten um sich die Zeit zu nehmen das rechtlich zu prüfen?
LG
Seit wann besteht Arbeitsverhältnis?
Oder wird es bei der Beendigung am 30.09. länger als 6 Monate bestanden haben?
Was ist im Arbeitsvertrag genau zum Urlaubsanspruch formuliert?
September 2012
3 Antworten
Zum Einbehaltungsrecht des Arbeitgebers:
Wenn eine Rückforderung von zu viel gezahltem Entgelt sachlich gerechtfertigt ist, darf der Arbeitgeber seine Forderung mit Deinen Ansprüchen verrechnen.
Er darf dabei aber nicht so viel einbehalten, dass dadurch die Pfändungsfreigrenze (zur Zeit 1.491,75 € monatlich für eine Person) unterschritten wird.
Zu Deinem Urlaubsanspruch:
Da Dein Beschäftigungsverhältnis bei der Kündigung zum 30.10.länger als 6 Monate bestanden haben wird (wie Du ergänzend mitteilst), hast Du Anspruch auf den gesamten Jahresurlaub.
Das ergibt sich aus dem Bundesurlaubsgesetz BUrlG § 4 "Wartezeit" in Verbindung mit § 5 "Teilurlaub" Abs. 1 (Ausschluss der Bedingungen nach den Buchstaben a - c, die formulieren, wann nur ein zeitanteiliger Anspruch auf den Urlaub besteht, was für Dich also nicht zutrifft).
Diese Regelung betrifft zunächst einmal nur den gesetzlichen Urlaubsanspruch. Da Du mit 30 Tagen aber mehr als den gesetzlichen Mindesturlaub von 24 Werktagen (entsprechend einer 6-Tage-Woche, oder 20 Arbeitstagen entsprechend einer 5-Tage-Woche, 16 Arbeitstagen entsprechend einer 4-Tage-Woche usw.) hast, kommt es für den zusätzlich gewährten Urlaub darauf an, ob dazu etwas - und wenn ja: was? - einzel- oder tarifvertraglich vereinbart wurde oder ob es eine Unterscheidung zwischen gesetzlichem und zusätzlich gewährtem Urlaub gibt (z.B. "Der Arbeitnehmer erhält neben dem gesetzlichen Urlaub von ... Tagen einen weiteren Urlaub von .... Tagen."). Ohne eine entsprechende Vereinbarung oder differenzierende Vertragsformulierung hast Du auch Anspruch auf den zusätzlich gewährten Urlaub, also auf alle 30 Tage.
Wenn es aber - da zusätzlicher Urlaub über den gesetzlichen hinaus gewährt wurde - eine Vereinbarung zu einer zeitanteiligen Berechnung ("Zwölftelung") oder eine vertragliche Unterscheidung zwischen gesetzlichem und zusätzlichen gewährtem Urlaub gibt, dann darf zwar der Anspruch auf 1/12 für jeden vollen Beschäftigungsmonat reduziert, der gesetzliche Urlaubsanspruch von 24 Werktagen (6-Tage-Woche) bzw. 20 Arbeitstagen (5-Tage-Woche) aber nicht unterschritten werden, der auf jeden Fall erhalten bleibt.
In diesem Fall dürfte der Arbeitgeber das Entgelt für den zu viel genommenen Urlaub vom aktuell zu zahlenden Entgelt einbehalten (aber nur unter Beachtung der oben genannten Pfändungsfreigrenze).
Ist das rechtens so ?
Manche Fragen kann man nicht pauschal mit Ja oder mit Nein beantworten, und schon gar nicht rechtliche Fachfragen auf einer Laienseite.
Ich sehe am Verhalten des Arbeitgebers nichts Beanstandenswertes.
(Vorl. Hinweis in eigener Sache: manche kennen mich vielleicht noch unter dem Benutzernamen: "Agamemnon712".)
Er ist sich ja nicht sicher, ob er alle 30 Tage bezahlen muß. Aber ist doch ein gutes Zeichen das er ohne weiteres selbst Erkundigung einzieht.
Ich halte dieses Verhalten für gerechtfertigt.
Und wenn das alles genehmigter Urlaub war dann wird er auch die entsprechende Antwort vom RA bekommen.
Im Bundesurlaubsgesetz steht, das für den gewährten Urlaub kein Geld zurückgefordert werden kann. Das gilt zumindest für den gesetzlichen Teil des Urlaubes.
Ob das auch für deinen zusätzlichen Urlaub gilt kann ich nicht def. beantworten. Strittig wären hier 7Tage.
Mir geht es auch eher darum dass er erstmal einbehält. Diese Geld fehlt mir jetzt akut. Auf eine Rückzahlung hätte ich mich einstellen können, Sie verstehen worauf ich hinaus möchte?
Wenn eine Rückforderung von zu viel gezahltem Entgelt sachlich gerechtfertigt ist, darf der Arbeitgeber seine Forderung mit Deinen Ansprüchen verrechnen.
Er darf dabei aber nicht so viel einbehalten, dass dadurch die Pfändungsfreigrenze (zur Zeit 1.491,75 Euro monatlich für eine Person) unterschritten wird.
Zumindest eine Abschlagszahlung wäre fair.
Wir reden hier über gerade mal zwei Tage, die evtl zu viel bezahlt wurden. (bei einer 5-Tage-Woche)
Vielen lieben Dank für Ihre Mühe und sehr ausführliche Antwort.