Gab es im Mittelalter und in der frühen Neuzeit außerhalb der christlich geprägten Gebieten ebenfalls Hexenverfolgung?

6 Antworten

Von Experte Udavu bestätigt

Die Verfolgung von "Hexen" gab es schon vor unserer Zeit und gibt es auch aktuell.

Schon im alten Babylon und im Alten Ägypten und im Römischen Reich war es üblich Menschen der "Schwarzen Magie" nicht am Leben zu lassen. Das Alte Testament greift dies auf (Ex 22,17).

Im Christentum war dies lange kein Thema. Erst nach 1300 Jahren wurde das Thema aktuell. Allerdings ging es nie um Zauberei, sondern um einen Pakt mit dem Teufel. Die Hexenverfolgungen der Neuzeit kamen zwar aus Überlegungen aus der Kirche, waren aber ein weltliche Erscheinung. Nachbarn bezichtigten Nachbarn, Schuldner ihre Gläubiger, und weltliche Gerichte urteilten.

Die letzte Hexe in Mitteleuropa starb 1701, der letzte Hexenprozess fand 1793 in Preußen statt.

Bis heute werden Hexen in Afrika verfolgt, z.B. sterben in Tansania 100 bis 200 Menschen deswegen pro Jahr. Allein dort starben bisher mehr Menschen bei Hexenverfolgungen als in Mitteleuropa bei der Hochzeit. In vielen Ländern Afrikas werden bis heute Hexen verfolgt.
Der afrikanische Hexenwahn schwappt auch nach Europa, so wurde 2012 ein 15jähriger in London wegen des Verdachts auf Hexerei von seinen Landsleuten zu Tode gefoltert.

Größere Verfolgungen findet man bis heute in Indien, Südamerika, Indonesien, Timor, Saudi-Arabien, Papua-Neuguinea und selbst beim "Sturm auf das Kapitol" am 6. Januar 2021 spielte Hexerei eine Rolle.

Die Hexenverfolgungen in Europa begannen erst am Ende des Mittelalters. In Europa konzentrierten sie sich übrigens auffällig auf das deutschsprachige Mitteleuropa.

Die Angst vor schädlicher Magie ist seit dem Altertum ein weltweit verbreiteter Volksglaube. Strafen und Verfolgungen gab es überall, wenn auch in unterschiedlicher Intensität, und teilweise bis heute.

Woher ich das weiß:Hobby – Geschichte, langjähriges Interesse incl. Fachliteratur

Fast nicht.

Heute ist die Hexenverfolgung aus Europa fast gänzlich verschwunden.

In Asien, Afrika und Südamerika werden Frauen in christlichen und islamischen Ländern und dem Hindustaat Indien wegen angeblicher Hexerei verfolgt.

Zunächst:

Hexenverfolgungungen sind kein Phänomen des Mittelalters! Tatsächlich kam der Hexenwahn erst ganz zum Ende des Mittelalters auf. In allen Jahrhunderten davor hatte sich gerade die Kirche vehement gegen den im Volk immer noch vorhandenen Hexenglauben ausgesprochen. Wunder und Magie, das konnte nur Gott wirken. Der Hexenglaube war also Aberglaube 》Dem Glauben widersprechend.

Eine organisierte und institunalisierte Hexenverfolgung gab es meines Wissens nach nur in der christlichen Neuzeit, was auch die Kolonien in Amerika mit einschließt.

Einer schreibt, es wäre vor allem im deutschsprachigen Raum häufig gewesen, was so nicht korrekt ist. Allerdings können Zeiten großer gesellschaftlicher Verunsicherung solche Ideen stärken. Der Deutschsprachige Raum war in der Zeit besonders durch den religiösen Konflikt und der damit einhergehenden Auflösung alter Strukturen, inklusive einem langen und überaus grauenhaften Krieg sehr von so einer Verunsicherung betroffen.

Aber: das war regional sehr, sehr unterschiedlich. Während es im einer Grafschaft zu andauernden Hexenjagten kam, konnte schon 100 km weiter gar nichts sein. Je offensiver Herrscher sich gegen diese Art Aberglaube und deren Verfolgung aussprechen, desto weniger gab es derlei Fälle. Also in einigen Regionen war das sehr stark, in anderen kam es überhaupt nicht vor. Oft wurden solche fanatischen Hexenkäger auch aus dem Land geworfen.

Wichtig auch: der Hexenwahn war, trotz institunalisierter Verfolgung, vor allem aus dem Volk selbst ausgegangen.

Wie ein anderer Kommentarist richtig schreibt, ist aber der Glaube an Hexen weltweit zu finden und ist sogar heute noch in einigen rückständigen Regionen, z.B. in Afrika, noch immer virulent.

In unseren Regionen war der Hexenglauben vor allem aus der vorchristlichem Zeit erhalten geblieben und magisches Denken, also die Überzeugung, dass Menschen magisch irgendwie Einfluss nehmen könnten, hielt sich bis in die Moderne - immer weniger aber dennoch vorhanden. Einige unserer alten Gewohnheiten sind eigentlich dadurch geprägt gewesen.

So war es vor 50 Jahren nicht üblich, Sonntags die Wäsche aufzuhängen. Das macht man nicht, auch wenn niemand mehr weiß weshalb. Der ursprüngliche, historische Grund ist der:

Odin, der von seinen beiden Raben Hugin und Munin begleitet durch die Welt reist, kommt vielleicht auch in unsere Gegend. Große weiße Tücher könnten die Raben anlocken. Wo die sich aber niederlassen, stirbt kurz darauf jemand in der Familie. Dieses Risiko wollte eben keiner eingehen, auch wenn er längst kein Heide mehr war und an Odin geglaubt hat. Irgendwann ist das eben in das kulturelle Gedächtnis geblieben.

Die meisten Hexenverbrennungen gehen nicht auf das Konto der Kirche.. meist waren es weltliche Gerichte, die diese Verfolgungen vornahmen.


WhoreOfTime  31.08.2024, 12:53

....und wer hatte letztendlich auch bei den "weltlichen Gerichten" das Sagen?

Absolut Nichts wurde ohne Wissen, ohne Zustimmung oder gar auf Geheiß "der Kirche" getan.

Sie hat mindestens im Hintergrund alle Fäden gezogen....und jeder wusste es.

MfG WoT 🎈

Eclair89  04.09.2024, 08:11
@WhoreOfTime

Nein das ist falsch. Die Kirche war bei weitem nicht allmächtig, ganz im Gegenteil! Sie war sogar intern zersplittert und hätte gar nicht genug Macht gehabt. Das die Kirche ach so böse und mächtig sei wurde als Propaganda verbreitet, um dieser zu schaden, weil man sich von der Institution trennen wollte.

WhoreOfTime  04.09.2024, 13:33
@Eclair89

Bei mir hat es offenbar funktioniert.

Trigger-Warnung...es folgt ein Hauch von Sarkasmus:

....und jetzt werde ich noch ein wenig über die aktuelle Lage der Inquisition im 21. Jahrhundert und ihren ehemaligen Großinquisitor Joseph Ratzinger (Papst Benedikt XVI.) nachdenken....

....und über so viele schlaue Menschen christlichen Glaubens und ihre dringendsten, weltlichen, Fragen zum Konsum von Mangas und Animes und der Lektüre von aktuellen Bestsellern und einem möglichen Verbot dazu, falls sich darin doch irgendwo eine halbwegs erotische Szenerie versteckt hat .

MfG 🎈