Freiwillige Feuerwehr währen Hauptjob?

4 Antworten

Hallo Simonweiss1,

Dein Wunsch, der FF beizutreten, ist erst einmal absolut lobenswert. Deshalb - und weil sich Deine Frage leider nicht so einfach mit "Ja" oder "Nein" beantworten lässt, hier nun mal eine etwas längere Antwort.

Bei der FF gibt es immer den Spruch "Ein- und Austritt ist freiwillig, alles dazwischen ist Dienst". Tatsächlich gehst Du mit dem Eintritt in die Feuerwehr einige Pflichten ein. So verpflichtest Du Dich beispielsweise, an den Aus- und Fortbildungen, Diensten und vor allem Einsätzen teilzunehmen. Das ist insofern wichtig und richtig, als dass die FF ja eine gesetzliche Aufgabe hat - und genau das unterscheidet sie von anderen "Hobbys" wie dem Fußballverein oder der Musikgruppe.

Aber: Es handelt sich immer noch um eine freiwillige Feuerwehr. Und unter bestimmten Umständen ist man dann eben einfach nicht dienst- und einsatzbereit. Beispielsweise kann einem niemand ein Leben lang verbieten, Alkohol zu konsumieren, nur weil es eventuell zu einem Einsatz kommen könnte. Nur ist man eben nach dem Konsum von Alkohol nicht mehr einsatzfähig. Und meinen Urlaub muss ich auch nicht um die Feuerwehrdienste herum planen, krank werden kann man auch immer mal. Und letztendlich verdient man mit seinem Beruf das Geld für den Lebensunterhalt, nicht mit der Feuerwehr. Wenn also eine Geschäftsreise oder ein geschäftlicher Termin ansteht, dann sage ich den bestimmt nicht ab, nur weil ich parallel zum Übungsdienst müsste.

Das bedeutet, dass Dir bei der Feuerwehr niemand einen Strick daraus drehen wird, wenn Du eben hin und wieder mal aus beruflichen oder privaten Gründen fehlst. Für den Fall einer längeren Abwesenheit (z.B. Auslandssemester) oder Dienstunfähigkeit (z.B. schwere Erkrankung) besteht dann die Möglichkeit der Beurlaubung vom Dienst.

Allerdings ist es schon so, dass man den überwiegenden Teil der Dienste wahrnehmen sollte. Man spricht von 40 Ausbildungsstunden pro Jahr verpflichtend, als Atemschutzgeräteträger beispielsweise kommen dann nochmal arbeitsmedizinische Untersuchungen und Belastungsübungen hinzu, als Maschinist ggfs. arbeitsmedizinische Untersuchungen und Übungsfahrten o.ä.

Solltest Du beispielsweise nur an 10% der Dienste teilnehmen, dann wird es früher oder später vermutlich ein klärendes Gespräch mit der Wehrführung geben. Die ist nämlich für die Einsatzbereitschaft der Wehr und die Sicherheit ihrer Mannschaft verantwortlich - und beides ist gefährdet, wenn ein Kamerad dauerhaft zu wenig Dienststunden leistet, da er dann unsicher ist (Unfallgefahr) und aufgrund Unwissenheit nur begrenzt eingesetzt werden kann (Einsatzbereitschaft).

Bedenken muss man auch, dass man sich mit dem Eintritt verpflichtet, zumindest die Grundlehrgänge in einem bestimmten Zeitraum zu absolvieren. Lehrgänge können auf Wehrebene stattfinden, meist aber wehrübergreifend auf Kreisebene. Und dort ist es dann so, dass man (zumindest bei uns, woanders mag es noch härter oder aber weniger eng gesehen werden) nach zweimaligem Fehlen durch den Lehrgang durchgefallen ist. Und nicht immer kann da in der Gruppe auf jeden einzelnen Kameraden in der Termingestaltung Rücksicht genommen werden, auch wenn man das in der Regel versucht.

Was die Einsätze angeht: Prinzipiell ist es so, dass Deine Arbeitgeber Dich während des Einsatzes unter Weitergewährung des Lohns freistellen müssen (diesen kann sich der Arbeitgeber dann auf Antrag von der Kommune erstatten lassen), da Du auch während der Arbeitszeit verpflichtet bist, zum Einsatz auszurücken. Das muss man natürlich in soweit relativieren, als dass eine Freistellung nicht in jedem Beruf möglich ist (ein Arzt kann nicht die OP unterbrechen und eine Kindergärtnerin nicht die Kinder alleine lassen, um nur zwei Beispiele zu nennen) und als dass ggfs. auch die Entfernung zwischen Arbeits- und Wohnort keinen sinnvollen Einsatz zulässt. Zudem ist (trotz gesetzlicher Regelung) nicht jeder Arbeitgeber bereit, seine Mitarbeiter freizustellen - und letztendlich sitzt der Chef dann am längeren Hebel (er darf Dich zwar nicht wegen der Feuerwehr entlassen, kann aber natürlich andere Gründe vorschieben...). Zudem ist es heute in Zeiten der "stillen Alarmierung" mit Meldeempfängern möglich und gängig, dass die Mannschaft in mehrere Alarmierungsschleifen aufgeteilt ist. Bei kleinen Einsätzen müssen dann nicht alle Kräfte los. Eine Einteilung kann beispielsweise so erfolgen, dass all diejenigen, die im Wohnort oder direkt drumherum arbeiten, vorrangig tagsüber alarmiert werden und diejenigen mit weiterem Arbeitsweg vorrangig nachts. Oder aber es folgt ein wochenweiser Wechsel, so dass gerade bei größeren Wehren mit vielen Einsätzen der einzelne Feuerwehrmann nicht permanent von der Arbeitsstelle weggerufen wird.

Unterm Strich ist es aber absolut möglich einen oder auch zwei Jobs mit der Feuerwehr unter einen Hut zu bekommen. Ich selbst habe jahrelang zwei Jobs ausgeübt, nebenbei noch ein Studium abgeschlossen - und habe es dennoch auf eine Dienstbeteiligung von rund 75-80% gebracht (wobei ich in dieser Zeit dann auch alle anderen Hobbys ausgesetzt habe, weil mir die Feuerwehr von diesem am wichtigsten war).

Ich kann Dir hier nur anraten, einmal mit dem Wehrführer Kontakt aufzunehmen und in einem Gespräch alle offenen Fragen zu klären. Der WF kann Dir dann auch genau sagen, wie und wie oft die Wehr Dienst hat, wie dort die Aus- und Fortbildung organisiert ist und wie es mit Einsätzen während der Arbeitszeit gehandhabt wird. Wenn Du ihm dann ehrlich Deine Situation schilderst, dann wird er Dir auch eine ehrliche Einschätzung geben können, ob der Einsatzdienst für Dich aktuell möglich ist oder Du lieber warten solltest, bis sich Deine berufliche Situation irgendwann etwas entspannt.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Simonweiss1 
Beitragsersteller
 19.03.2020, 10:57

Wow! Danke! Noch ausführlicher kann man meine Frage denke ich nicht beantworten!
hast mich echt viel geholfen!

Es wird von dir erwartet, dass du deine Ausbildungslehrgänge absolvierst, das heißt, die Fw-Grundausbildung auf jeden Fall. Zudem sollen pro Jahr beispielsweise in meinem Bundesland Rheinland-Pfalz (wo ich Wehrführer einer FF mit 27 Aktiven bin) mindestens 40 Ausbildungsstunden zusätzlich absolviert werden. Darunter versteht man den regelmäßigen Übungsdienst. Falls du in einem anderen Bundesland wohnst, musst du die jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften beachten.

Woher ich das weiß:Hobby – Feuerwehr seit 1992. Derzeit Wehrführer einer FF in RLP.

Der Beitritt zur Freiwilligen Feuerwehr ist freiwillig. Allerdings zieht das eine ganze Reihe an Verpflichtungen nach sich.

Die prominenteste Verpflichtung ist: Wenn ein Einsatz ist, musst du unverzüglich zum Gerätehaus kommen und in den Einsatz gehen. So etwas wie "ich habe keine Lust" oder "es ist nachts um 03:00 und ich muss morgen zur Arbeit" gibt es da nicht. Bei größeren Feuerwehren gibt es Regelungen, dass z.B. die eine Personengruppe tagsüber nicht immer kommen muss und die andere Gruppe nachts.

Je nach Gemeinde gibts halt mehr oder weniger Einsätze pro Jahr.

Die Übungs- und Ausbildungsveranstaltungen sind ebenfalls verpflichtend. Jeder Feuerwehrler muss pro Jahr mindestens 40h Übungen machen; wenn er über die Grundausbildung hinaus noch besondere Funktionen hat, wie Atemgeräteträger, dann gibt es dazu noch zusätzliche Termine, z.B. eine jährliche Belastungsübung.

Die Wahl, ob du hingehst oder nicht, hast du eigentlich nur bei "kameradschaftlichen" Anlässen. Sowas wie der Feuerwehr-Wagen beim städtischen Festumzug oder das jährliche Tischkickerturnier in der Fahrzeughalle. Allerdings ist die Kameradschaft in der Feuerwehr ziemlich wichtig; die Kameraden sind immerhin die Leute, auf die du dich verlassen musst. Du wirst feststellen, dass jemand, der sich der Kameradschaft komplett entzieht, nicht wirklich gern gesehen ist.

Auch bei uns gibt es eine freiwillige Feuerwehr. Da ist es so geregelt, dass diejenigen, die im Ort arbeiten, tagsüber zum Einsatz kommen und diejenigen, die außerhalb des Ortes arbeiten, bei Nacht eingeteilt sind.

Eine bestimmte Stundenzahl musst Du nicht haben. Kann ja sein, dass mal eine Woche gar kein Einsatz ist.


CreeperNicol  19.03.2020, 01:03

Du benötigst trotzdem eine Pflicht-Ausbildungsstundenzahl. Bei mir sind das 40 Stunden pro Jahr. Die wird z.B. bei Übungen erreicht.