Findet ihr es “normal” den Tod des eigenes Kindes überall zu posten?

6 Antworten

Das kann eine Strategie sein, um es sowohl zu realisieren, als auch in Ansätzen zu verarbeiten.

Es kann auch eine Strategie sein, zu verhindern, dass Bekannte unschuldig nach dem Sohn fragen und man es DANN erklären muss.

Als mein Bruder starb, wollte ich auch sofort los und das vermelden. Das war so ein Aktivitätsimpuls, um mich nicht sofort damit auseinandersetzen zu müssen (er starb mit 30, für mich bis zum letzten Moment unerwartet, obwohl nach 3 Wochen KH-Aufenthalt).

Meine Mutter war jeden Tag mit ihm im Ort unterwegs gewesen - er hatte eine Behinderung, war sehr auf sie angewiesen - und nach seinem Tod mied sie den Ort 3 Jahre lang. Sobald jemand sie darauf ansprach, hob sie abwehrend die Hand - das konnte sie nicht aushalten.

Trotzdem haben wir beide unendlich über alle Aspekte des Themas geredet - was lief im KH falsch, was hätte man im Vorfeld noch machen können, wie verlief sein Leben, hat man allg. genug für ihn getan, was hat er wertgeschätzt, was waren seine Lieblingssprüche usw. Also, wir brauchten diesen Austausch darüber gut ein halbes Jahr zur Verarbeitung.

Von daher würde ich das Verhalten mal nicht werten.

Es kann ganz unterschiedliche Gründe haben und es kann wahlweise sehr unbewusst oder sehr bewusst passieren, um eben Nachfragen zu entgehen.

Für meine Mutter war es am schlimmsten, wenn nach längerer Zeit jemand, den sie lange nicht getroffen hatte, fragte, wo ihr Sohn denn sei, wie es ihm ging. Teilweise wurde sie unterwegs gefragt, wo er konkret sei, also die Annahme war, er würde noch leben und wäre in der Nähe. Das war natürlich extrem belastend. Die beiden hatten viele Bekannte, die sie nur vom Sehen kannten, weil sie sehr oft nachmittags an verschiedenen Orten unterwegs waren.

Natürlich hätte man sich gewünscht, solche Momente vermeiden und im Vorfeld ausräumen zu können. Das könnte auch der Gedanke hinter den Nachrichten sein. Insbesondere, wenn ein gesunder Mensch mit 20, oft zu einer Zeit des Umbruchs, stirbt. Da könnten später viele Fragen kommen - hat er seine Ausbildung oder sein Studium beendet, wo wohnt er denn jetzt, hat er eine Freundin. Das möchte man halt im Vorfeld vermeiden, weil man oft doch noch irgendwelche Bekannten hat, die man nicht mit den ersten Nachrichten erwischt. Ehemalige Schulkameraden, deren Eltern, Vereinskollegen usw.


Stellwerk  28.05.2024, 22:55

Tut mir sehr leid, das mit Deinem Bruder.

Finde deine Perspektiven zur Fragestellung sehr eindrücklich geschildert, v.a. das mit der Nachfragerei.

Alles Gute für Deine Familie!

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Du magst schon richtig liegen, wenn Du denkst, daß die Eltern so Aufmerksamkeit suchen. Wenn es allerdings der für sie richtige Weg ist damit umzugehen und die Trauer zu verarbeiten, dann sollte man sie gewähren lassen! Dennoch finde ich es auch bedenklich!

Und? Dann schreit das eben nach Aufmerksamkeit. In so einer Situation darf man alles machen, was einen gut tut. Schau mal bei Insta wie viele Profile es gibt, wo es um tote Kinder geht. Die Eltern verarbeiten so ihren Verlust.


Inkognito-Nutzer   28.05.2024, 22:38

Hmm, stimmt

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Das schreit für mich nach Aufmerksamkeit und ich kenne das sonst so nicht.

Für mich auch, finde das absolut unangebracht aber für manch einen spielt sich das Leben zu 95% halt nur noch auf Social Media ab.

Naja, jeder trauert anders. Oder so.


Inkognito-Nutzer   28.05.2024, 22:37

Ja… wollte mal schauen ob nur ich das so empfinde. Ich verstehe dass man die Beerdigung postet zB. Aber die haben das überall, sogar im WhatsApp Status.

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Lmorg  28.05.2024, 22:38
@Inkognito-Beitragsersteller

Joa, nun ... wem's hilft. Ich fürchte, da kann ich mich nicht reinversetzen und das find ich auch irgendwie ganz gut.

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Das ist wohl ihre Art, damit umzugehen und es zu verarbeiten. Würde es selbst aber ganz sicher nicht so machen.

Würde einmal mein Beileid aussprechen, und dann aber auch nicht mehr darauf eingehen. Ist deren Sache.


Inkognito-Nutzer   28.05.2024, 22:38

Ja, ich finde es dem Verstorbenen gegenüber auch vielleicht nicht so toll. Es war ein Suizid und ich finde das ist was ganz intimes. Das mit allen zu teilen und auch noch den Ort ist für mich so krass.

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YogiSchreiner  28.05.2024, 22:39
@Inkognito-Beitragsersteller

Hast du meiner Meinung nach völlig Recht. Es bringt aber auch nicht, diese Leute darauf anzusprechen. Das wäre nur extrem unangenehm und würde keinem helfen.

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