Findet ihr die Jagd wichtig?

16 Antworten

Von Experte Waldmensch70 bestätigt

Hallo,

Wir haben nun einmal seit der Jungsteinzeit die Landschaft komplett umgestaltet und vom ursprünglichen Wald ist seither nur noch rund 1/3 übrig. Insbesondere auf den landwirtschaftlichen Flächen, die wir stattdessen haben, finden Schalenwildarten sehr viel mehr Nahrung als im Wald, zumindest während des Teils des Jahres, in dem sie sich fortpflanzen. Wie haben daher sehr viel höhere Wildbestände als es in einer vom Menschen unbeeinflussten Landschaft der Fall wäre. Und im Winterhalbjahr sind diese sehr viel höheren Bestände dann nicht auf der Fläche verteilt, sondern sie konzentrieren sich auf dem kleinen Teil davon, der noch Wald ist. Auch Beutegreifer wie der Wolf, über dessen Rückkehr ich mich freue, werden die Bestände nicht auf die Höhe vor dem Eingriff des Menschen regulieren, sondern auf ein neues Maß, das vom erhöhten Nahrungsangebot mitbestimmt wird, und für das bisschen Wald, das es noch gibt, einfach viel zu viel ist. Also müssen wir uns entscheiden, wollen wir den Wald auf der Restfläche erhalten, dann müssen wir jagen, oder nicht. Und wenn wir uns gegen die Jagd entscheiden, dann müssen wir uns irgendwann überlegen, wie wir die landwirtschaftlichen Flächen und auch die Menschen, die die "Natur" noch betreten wollen oder müssen, vor Wildschwein, Wolf und Co. schützen wollen. Irgendwann werden solch wehrhafte Arten gelernt haben, dass ihnen der Mensch nichts tun kann und darf, und dass sie ihm körperlich weit überlegen sind.

Die meisten Grossräuber der Natur wie Wolf, Bär und Adler sind in Europa fast oder ganz verschwunden. Dazu kommt, dass andere Räuber wie der Fuchs sich von menschlichen Abfällen ernähren kann und somit vermehren sich Beutetiere der Grossräuber und Kulturfolger wie der Fuchs fast unkontrolliert.

Für die Natur ist das kein Problem: Sie reguliert das hauptsächlich durch tödliche Epidemien, welche die Bestände wieder auf ein Normalmass hinunterreguliert.

Diese Epidemien aber sind ein Problem für den Menschen und seine Nutztiere: Viele Krankheiten können auch Nutztiere befallen. Und je mehr zirkulierende Krankheitserreger es gibt, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass einer davon auf den Menschen überspringt.

Um also Mensch, Nutztier und Wildtier gesund zu halten, ist die Jagd eine sinnvolle und schonende Bestandsregulation.

Ausserdem finde ich, dass es dem modernen Menschen nicht schadet, mit der Natur und der Lebensweise seiner Vorfahren in Verbundenheit zu bleiben. Wildfleisch schmeckt, ist gesund und erinnert uns daran, dass wir auch nur ein Teil im grossen Ganzen sind.

Zunächst möchte ich anmerken, dass ich mich eher als Jagdgegnerin einstufen würde - nicht nur, weil ich schon lange vegan lebe...

Dennoch würde ich differenzieren:

In großen, unberührten Waldgebieten - wie in vielen Nationalparks in Europa und weltweit - hat es sich bewährt, die Natur und die Wildtiere durch Nichtbejagung und fehlenden Forstbetrieb sich selbst zu überlassen...

Entstanden sind wunderbare "Naturwälder", die weder mit Verbiss noch mit Schädlingen etc. zu kämpfen haben - "Natur im Gleichgewicht".

Auch kein Überhandnehmen einer bestimmten Tierart ist dort zu beobachten - sondern ein ausgeglichenes Verhältnis von Beutegreifern und z.B. Rehwild.

Mir ist natürlich klar, dass dies in hiesigen Strukturen mit kleinen Waldstücken, damit auch einem weitverzweigten Straßen- und Wegenetz, vielen Städten, Flurbereinigung etc. nicht möglich ist...

Immer mehr Lebensraum, Rückzugsorte und Futterangebot für Wildtiere schwindet - das Wild wird immer mehr zurückgedrängt.

Ja - der Mensch hat seinen Teil dazu beigetragen, dass Wild und Natur aus dem Gleichgewicht geraten sind !

Seine Interessen standen - und stehen - stets im Vordergrund...

Im Osten Deutschlands sind Wölfe zum Problem geworden - Nutztiere können nur noch weggesperrt werden...

Viele Züchter und Landwirt geben die Tierhaltung auf.

Rehe, Wildschweine und Co. sind dort als Beutetiere vom Wolf bereits eliminiert worden - Wölfe gehen bereits in Ställe...

Ja, ich ringe mit mir und meinem Wunsch, dass es Bejagung nicht bräuchte - die Welt ist nur leider kein Ponyhof...

Zudem übernehmen Jäger die undankbare Aufgabe, von Nichtjägern angefahrenes Wild per Nachsuche aufzustöbern und - ggfs. - zu erlösen.

Sie tun dies in ihrer Freizeit - ich habe Jägern niemals Lust am Töten unterstellt...

Im Gegenteil kenne ich viele "nette" Jäger in meinem Umfeld - durch meinen Bruder und das tägliche Wandern in der Natur.

Für die meisten von ihnen ist das "Entnehmen" eines Tieres immer mit einem gewissen Schmerz verbunden...

Keiner von ihnen tut es ohne Gewissensbisse - klar gibt es auch andere, aber das ist in jedem Bereich des Lebens so !

Wie gesagt - man muss hier differenzieren, auch wenn ich dabei "Bauchweh" habe.

Mach` dir dein eigenes Bild - sammle deine eigenen Erfahrungen...


Waldmensch70  21.03.2024, 10:21

Danke, sehr gut und differenziert geschrieben.

2
Pomophilus  21.03.2024, 12:48

Im Grundsatz sind wir uns in vielen Punkten einig. Nur die von dir beschrieben Zustände kenne ich in keinem Europäischen Wald- Nationalpark. Dafür sind, auch wenn sie uns riesig erscheinen mögen, die Flächen unserer Nationalparks einfach zu klein. Die Einflüsse von außen, Randeffekte etc sind immer noch viel zu groß, die Wildbestände entwickeln sich auch in der kleinen Nationalpark- Insel ganz anders, weil außen herum eben ganz andere Verhältnisse herrschen. Ich kenne also keinen, der faktisch ohne Jagd (auch wenn sie vielleicht "Wildtiermanagement" heißt) auskommt. Hier beispielsweise das Konzept des Nationalparks Bayerischer Wald:

https://acrobat.adobe.com/id/urn:aaid:sc:EU:49956b3e-a9ab-41ff-830a-26f0495578a6

3

Obwohl ich selbst mir nicht vorstellen könnte zu jagen, denke ich dass die Jagd nötig ist um ein gewisses Gleichgewicht zu halten oder auch wieder herstellen zu können. Trotzdem bin ich dem Thema ggü skeptisch eingestellt, als Reiter bzw. auch als Pferdehofbesitzer mit Weiden, Wiesen und einem Waldstück bin ich in Kontakt mit dem bei mir zuständigen Förster und auch Jägern - und konnte gerade in den letzten Jahren hier iwie so eine Art Boom in unseren Gebieten feststellen. Scheint irgenwie hipp zu sein, gerade auch bei Frauen. Und damit komme ich persönlich schlecht klar, aus Spaß an der Freude oder weil es gerade gesellschaftlich in ist, zu jagen/töten ist für mich nicht nachvollziehbar. Solche Menschen habe ich auch nicht als "Hüter" der Natur erlebt, die haben auch kein Interesse an Hegen und Pflegen, da geht es um andere Themen. Gefällt mir nicht.

Doch, es braucht die Jagt, damit die Populationen nicht überhand nehmen, da die natürlichen Feinde fehlen.

Von daher braucht es eine Regulierung, zumal der natürliche Lebensraum für die Tiere immer mehr eingeengt wird vom Menschen.

Die Jäger betreiben auch Wildpflege. In harten Wintern füttern sie das Rotwild mit Heu in Krippen.

Auch ist klar definiert welche Tiere sie schiessen dürfen und welche Tiere einem Schutz unterliegen.

Das Naturgesetz lautet nun mal so, fressen und gefressen werden, damit nichts überhand nimmt und es somit ein natürliches Gleichgewicht gibt.

Darum gibt es eben auch die Raubtiere, die dafür sorgen, dass die starken Tiere unter den Pflanzenfressern am Ende nicht verhungern müssen, weil sie alles kahl gefressen haben, einfach weil die Population zu gross war.

Hier waren dafür mal Luchse, Wölfe und teilweise Bären dafür zuständig. Nur die wurden über lange Zeit total vertrieben...siedeln sich inzwischen wieder an.

Nur werden viele davon zum Abschuss freigegeben, wenn sie Probleme verursachen.

Der Mensch sollte wieder etwas natürlicher mit dem Plan der Natur umgehen. Denn der Mensch gehört eben auch zu diesem Plan, da er Allesfresser ist. Sich in den ganz frühen Zeiten von Aas ernährte.

Später auf die Jagt ging um als Spezies überleben zu können.