Findet ihr die Jagd wichtig?
Ich höre mal dies mal das. Und auch manchmal dass der Wald die Jagd gar nicht so unbedingt braucht. Was sagt ihr zu der Frage?
16 Antworten
Hallo,
Wir haben nun einmal seit der Jungsteinzeit die Landschaft komplett umgestaltet und vom ursprünglichen Wald ist seither nur noch rund 1/3 übrig. Insbesondere auf den landwirtschaftlichen Flächen, die wir stattdessen haben, finden Schalenwildarten sehr viel mehr Nahrung als im Wald, zumindest während des Teils des Jahres, in dem sie sich fortpflanzen. Wie haben daher sehr viel höhere Wildbestände als es in einer vom Menschen unbeeinflussten Landschaft der Fall wäre. Und im Winterhalbjahr sind diese sehr viel höheren Bestände dann nicht auf der Fläche verteilt, sondern sie konzentrieren sich auf dem kleinen Teil davon, der noch Wald ist. Auch Beutegreifer wie der Wolf, über dessen Rückkehr ich mich freue, werden die Bestände nicht auf die Höhe vor dem Eingriff des Menschen regulieren, sondern auf ein neues Maß, das vom erhöhten Nahrungsangebot mitbestimmt wird, und für das bisschen Wald, das es noch gibt, einfach viel zu viel ist. Also müssen wir uns entscheiden, wollen wir den Wald auf der Restfläche erhalten, dann müssen wir jagen, oder nicht. Und wenn wir uns gegen die Jagd entscheiden, dann müssen wir uns irgendwann überlegen, wie wir die landwirtschaftlichen Flächen und auch die Menschen, die die "Natur" noch betreten wollen oder müssen, vor Wildschwein, Wolf und Co. schützen wollen. Irgendwann werden solch wehrhafte Arten gelernt haben, dass ihnen der Mensch nichts tun kann und darf, und dass sie ihm körperlich weit überlegen sind.
Zunächst möchte ich anmerken, dass ich mich eher als Jagdgegnerin einstufen würde - nicht nur, weil ich schon lange vegan lebe...
Dennoch würde ich differenzieren:
In großen, unberührten Waldgebieten - wie in vielen Nationalparks in Europa und weltweit - hat es sich bewährt, die Natur und die Wildtiere durch Nichtbejagung und fehlenden Forstbetrieb sich selbst zu überlassen...
Entstanden sind wunderbare "Naturwälder", die weder mit Verbiss noch mit Schädlingen etc. zu kämpfen haben - "Natur im Gleichgewicht".
Auch kein Überhandnehmen einer bestimmten Tierart ist dort zu beobachten - sondern ein ausgeglichenes Verhältnis von Beutegreifern und z.B. Rehwild.
Mir ist natürlich klar, dass dies in hiesigen Strukturen mit kleinen Waldstücken, damit auch einem weitverzweigten Straßen- und Wegenetz, vielen Städten, Flurbereinigung etc. nicht möglich ist...
Immer mehr Lebensraum, Rückzugsorte und Futterangebot für Wildtiere schwindet - das Wild wird immer mehr zurückgedrängt.
Ja - der Mensch hat seinen Teil dazu beigetragen, dass Wild und Natur aus dem Gleichgewicht geraten sind !
Seine Interessen standen - und stehen - stets im Vordergrund...
Im Osten Deutschlands sind Wölfe zum Problem geworden - Nutztiere können nur noch weggesperrt werden...
Viele Züchter und Landwirt geben die Tierhaltung auf.
Rehe, Wildschweine und Co. sind dort als Beutetiere vom Wolf bereits eliminiert worden - Wölfe gehen bereits in Ställe...
Ja, ich ringe mit mir und meinem Wunsch, dass es Bejagung nicht bräuchte - die Welt ist nur leider kein Ponyhof...
Zudem übernehmen Jäger die undankbare Aufgabe, von Nichtjägern angefahrenes Wild per Nachsuche aufzustöbern und - ggfs. - zu erlösen.
Sie tun dies in ihrer Freizeit - ich habe Jägern niemals Lust am Töten unterstellt...
Im Gegenteil kenne ich viele "nette" Jäger in meinem Umfeld - durch meinen Bruder und das tägliche Wandern in der Natur.
Für die meisten von ihnen ist das "Entnehmen" eines Tieres immer mit einem gewissen Schmerz verbunden...
Keiner von ihnen tut es ohne Gewissensbisse - klar gibt es auch andere, aber das ist in jedem Bereich des Lebens so !
Wie gesagt - man muss hier differenzieren, auch wenn ich dabei "Bauchweh" habe.
Mach` dir dein eigenes Bild - sammle deine eigenen Erfahrungen...
Im Grundsatz sind wir uns in vielen Punkten einig. Nur die von dir beschrieben Zustände kenne ich in keinem Europäischen Wald- Nationalpark. Dafür sind, auch wenn sie uns riesig erscheinen mögen, die Flächen unserer Nationalparks einfach zu klein. Die Einflüsse von außen, Randeffekte etc sind immer noch viel zu groß, die Wildbestände entwickeln sich auch in der kleinen Nationalpark- Insel ganz anders, weil außen herum eben ganz andere Verhältnisse herrschen. Ich kenne also keinen, der faktisch ohne Jagd (auch wenn sie vielleicht "Wildtiermanagement" heißt) auskommt. Hier beispielsweise das Konzept des Nationalparks Bayerischer Wald:
https://acrobat.adobe.com/id/urn:aaid:sc:EU:49956b3e-a9ab-41ff-830a-26f0495578a6
Obwohl ich selbst mir nicht vorstellen könnte zu jagen, denke ich dass die Jagd nötig ist um ein gewisses Gleichgewicht zu halten oder auch wieder herstellen zu können. Trotzdem bin ich dem Thema ggü skeptisch eingestellt, als Reiter bzw. auch als Pferdehofbesitzer mit Weiden, Wiesen und einem Waldstück bin ich in Kontakt mit dem bei mir zuständigen Förster und auch Jägern - und konnte gerade in den letzten Jahren hier iwie so eine Art Boom in unseren Gebieten feststellen. Scheint irgenwie hipp zu sein, gerade auch bei Frauen. Und damit komme ich persönlich schlecht klar, aus Spaß an der Freude oder weil es gerade gesellschaftlich in ist, zu jagen/töten ist für mich nicht nachvollziehbar. Solche Menschen habe ich auch nicht als "Hüter" der Natur erlebt, die haben auch kein Interesse an Hegen und Pflegen, da geht es um andere Themen. Gefällt mir nicht.
Doch, es braucht die Jagt, damit die Populationen nicht überhand nehmen, da die natürlichen Feinde fehlen.
Von daher braucht es eine Regulierung, zumal der natürliche Lebensraum für die Tiere immer mehr eingeengt wird vom Menschen.
Die Jäger betreiben auch Wildpflege. In harten Wintern füttern sie das Rotwild mit Heu in Krippen.
Auch ist klar definiert welche Tiere sie schiessen dürfen und welche Tiere einem Schutz unterliegen.
Das Naturgesetz lautet nun mal so, fressen und gefressen werden, damit nichts überhand nimmt und es somit ein natürliches Gleichgewicht gibt.
Darum gibt es eben auch die Raubtiere, die dafür sorgen, dass die starken Tiere unter den Pflanzenfressern am Ende nicht verhungern müssen, weil sie alles kahl gefressen haben, einfach weil die Population zu gross war.
Hier waren dafür mal Luchse, Wölfe und teilweise Bären dafür zuständig. Nur die wurden über lange Zeit total vertrieben...siedeln sich inzwischen wieder an.
Nur werden viele davon zum Abschuss freigegeben, wenn sie Probleme verursachen.
Der Mensch sollte wieder etwas natürlicher mit dem Plan der Natur umgehen. Denn der Mensch gehört eben auch zu diesem Plan, da er Allesfresser ist. Sich in den ganz frühen Zeiten von Aas ernährte.
Später auf die Jagt ging um als Spezies überleben zu können.
Wald und Natur BRAUCHEN die Jagd per se ersteinmal nicht. Aber sie brauchen auch die anderen menschlichen Eingriffe nicht. Man kann nicht einerseits Waldflächen zu Wohn- und Agrarflächen umwandeln, Wald abholzen, die Natur in ihrer Ausbreitung also einschränken und dann die Fauna andererseits nicht regulieren.
Will heißen: Entweder lasse ich es zu, dass die Natur die Kontrolle übernimmt und sich so ausbreitet, wie sie es nun mal tut und nehme es hin, dass Wohn- und Ackerflächen eben nicht so nutzbar sind wie wir das gerne wollen ODER ich greife konsequenter Weise auch in die Fauna ein - z.B. durch Jagd. Anderenfalls würden die Tiere durch ihre Vermehrung irgendwann durch ihre schiere Menge nicht mehr genug Nahrung finden, Krankheiten würden sich - durchaus auch auf den Menschen - ausbreiten und das ganze Ökosystem würde kippen.
Denk mal an dein Aquarium (so du eins haben solltest). Ein Stück Natur in deinem Wohnzimmer, was aber auch nur funktioniert, weil du regelmäßig eingreifst, reinigst, den Fischbestand und -gesellschaft auf einem verträglichen Level für die Beckengröße und Vergesellschaftung hältst, für Nahrung sorgst etc.
Das was du im Aquarium machst macht der Jäger im Wald. Er sorgt, neben dem Beifüttern und der Revierhege (was viele ja vergessen) - durchaus auch mit der Absicht, die geschossenen Tiere zu Nahrung und Kleidung zu verarbeiten und deren Tod somit einen weiteren Sinn zu geben - für eine Bestandsregulierung, damit das große Ganze nicht kippt und zugrunde geht. Die waidmännischen Regeln verlangen ja auch, dass in erster Linie verletzte und kranke Tiere erlegt werden und Schonzeiten eingehalten werden, damit sich der Bestand selbst regulieren kann. Darüber hinaus gibt es ja auch Regeln und Gesetze für waidgerechtes Jagen, die das Ziel verfolgen, kein unvermeidbares Leid zu bereiten. Wer sie nicht kennt bekommt keinen Jagdschein und wer sie nicht beachtet verliert ihn auch sehr schnell wieder.
Ich bin auch kein großer Fan davon und könnte es MIR selbst auch nicht vorstellen, eine Waffe gegen ein Lebewesen zu richten (obwohl ich durchaus regelmäßig sportlich mit Waffen umgehe und auch eigene besitze). Wer weiß, zu was ich bereit wäre, wenn davon mein Überleben oder das von mir Nahestehenden Menschen abhinge. Aber ich weiß auch, dass es nicht anders geht und akzeptiere, dass Menschen so etwas - auch durchaus gerne - tun, solange sie die sinnhaften Regeln ihrer Zunft beherzigen.
Ich sehe dann auch nichts inkonsequentes darin, das Wildbreet, was unsere Jäger im Schützenverein Weihnachten oder zu sonstigen Anlässen mal auftischen zu essen. Dem erjagten Tier dürfte es höchstwarscheinlich zu Lebzeiten sogar besser gegangen sein als manchem Schlachtvieh, was dann zu Wurst im Supermarktregal verarbeitet wurde, nachdem es unterm Strich das gleiche Schicksal am Ende eines sehr viel unschöneren Lebens ereilt hat. Und da ich nun mal Fleisch esse (und durchaus gerne, wenn es gut zubereitet ist) muss ich diesen Teil des "Deals" akzeptieren und habe nicht das Recht, die Moralkeule zu schwingen.
Was ich dann wieder abartig finde ist, wenn dann Hirschgeweihe als Jagdtrophäen an die Wände gehängt werden. In Räumen mit derartiger "Deko" fühle ich mich dann doch irgendwie wie in einer Leichenhalle. DAS muss dann nicht sein meiner Meinung nach. Aber jedem das Seine, tot ist das Tier ja so oder so.