Faust als Repräsent der Menschen- was hat das mit der Epoche Klassik zu tun?

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Hilfreichste Antwort von tintoretto vor 7 Jahren

Unter "Klassik" versteht man die höchste Blüte einer Nationalkultur im Allgemeinen und die Höhepunkte der antiken Kulturen in Griechenland (griechische Klassik) bzw. Rom (römische Klassik).

Epochenmerkmale der Weimarer Klassik - des 19. Jahrhunderts - bilden die Aneignung des antiken Kunstideals, die Ästhetisierung der Wirklichkeit und die – in der Frühaufklärung begonnene – anthropozentrische Deutung der Welt. Das ästhetische Credo besteht auf der Autonomie der Kunst, die ihre Eigenschaft erschafft. Die Dichtung will die Konstanten des Menschlichen demonstrieren und transparent sein für das Typische, das Goethe an der Natur, Schiller an der Geschichte abliest. Der Wille zur poetologischen Gesetzgebung gründet in einem Ethos, das auf Maß, Ausgleich und Einordnung ins gesellschaftliche Ganze ausgeht.

In der Weimarer Klassik findet der Wunschgedanke der Humanität und der allseits gebildeten Persönlichkeit seine angemessenste Kunstform; ihre zentralen Themen sind die Kollision der unbedingten Leidenschaft mit dem bedingenden Ordo, die Freisetzung des Ideellen durch das am wertblinden Reellen tragisch scheiternde Individuum und das Zerbrechen des exponierten Subjekts an den Gegenkräften der Geschichte wie am eigenen Unmaß.

Die Weimarer Klassik vollendete die von G. E. Lessing ausformulierte Aufklärung; in ihr gipfelte die europäische Antikerezeption.

aus: Harenbergs Lexikon der Weltliteratur

Faust verzichtet im zweiten Teil der Tragödie auf das nur Eigene, Individuelle und wird im Sinne des gesellschaftlichen Ganzen, des Anderen tätig.