Erklärung zu Friedrich Nietzsche?

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Glück direkt spielt meines Wissens bei Nietzsche eher eine untergeordnete Rolle. Ich versuche trotzdem einmal, mit dem Wissen, das ich über seine Philosophie besitze, seine Auffassung von Glück nachzuempfinden.

Zuerst einmal ist Nitzsche ein Philosoph, der besonders den Individualismus hervorhebt. Herdendenken war ihm verhasst, ein Mensch, der nur der Herde folgt wäre für ihn nichts anders als ein Sklave. Deswegen kritisiert Nietzsche stark das "kleine Glück" (so nennt er es in "Also sprach Zarathustra"); das kleine Glück ist für ihn das Glück des "letzten Menschen", der sich besonders in seiner Bequemlichkeit und Behaglichkeit, in seiner Zugehörigkeit zur Herde, die ihm Bestätigung und Wärme schenkt, glücklich fühlt. Für Nietzsche ist das kein wirkliches Glück, sondern Abstumpfung der Sinne, primitive Befriedigung und Nutzlosigkeit.

Nietzsche hingegen sieht als den wirklich glücklichen (und letztlich auch geglückten) Menschen den schaffenden Menschen an. Den Mensch, der seine eigenen Ziele verfolgt, der kreativ tätig ist. Ein Mensch der sich durch die Zielorientiertheit seines Handelns eigene Werte schafft und sich nicht wie die "letzten Menschen" den schon bestehenden, aus Nietzsches Sicht überkommenen, Werten blind folgt. Mit diesen überkommenen Werten meint Nietzsche vor allem die christliche Moral. Genau von diesen soll man sich nach Ansicht Nietzsches frei machen und nicht nur das, man soll sich sogar noch seine eigenen Werte schaffen, Werte die für das Erreichen eines eigenen Ziels geeignet sind. Folgendes Zitat zeigt genau das: "Frei wovon? Was schiert das Zarathustra! Hell aber soll mir dein Auge künden: frei wozu?"

Wahres Glück, so verstehe ich Nietzsche, erfährt ein Mensch dann, wenn er als schaffendes Individuum seiner eigenen Bestimmung, seinen eigenen Talenten, nachgeht und sich dabei selbst überwindet also immer wieder über sich selbst hinauswächst, er durch den Versuch des Erreichens seines eigenen Zieles also sogar noch immer weiter wächst.

Hier noch eine kleine Bemerkung am Rande, die ich sehr interessant finde. Ein sehr spezieller Gedanke Nietzsches Philosophie ist der Gedanke der "ewigen Wiederkehr des Gleichen". Nietzsche kam auf den Gedanken, dass, sollte die Zeit ewig in Vergangenheit und Zukunft reichen, alles was passieren kann auch passieren wird und zwar, weil die Zeit in dieser Annahme unendlich ist, unendlich oft! Das heißt du und ich, wir würden unser Leben nicht nur einmal leben sondern unendlich oft und haargenau auf die gleiche Weise wie dieses Leben. Jeder Moment, den wir leben wird in dieser Vorstellung also unendlich oft nochmal erlebt werden. Nietzsche sagt die Reaktion auf diese Vorstellung zeigt, welcher Mensch wirklich glücklich ist. Ein glücklicher Mensch, der sein Leben liebt, dem das eigene Leben so wie es ist gefällt, nimmt diese Vorstellung, sein Leben unendlich oft leben zu dürfen, freudig auf. Ein Mensch, der unzufrieden mit dem eigenen Leben ist hingegen reagiert entsetzt auf die Vorstellung sein Leben noch unendlich oft durchmachen zu müssen. Deswegen kann man aus der Vorstellung der ewigen Wiederkehr des Gleichen für sich selbst ableiten, dass man sein Leben so leben sollte, dass man jeden Moment liebend gerne nocheinmal unendlich oft erleben möchte. Natürlich ist das nicht möglich, es ist aber trotzdem eine Vorstellung, an der man sich gut orientieren kann. :)

Woher ich das weiß:Hobby

verreisterNutzer  16.11.2020, 02:14

Danke für den ausführlichen Text. Jetzt wird mir einiges klarer. Dieser hilft mir super. Könntest du mir, aber auch eine Sache beantworten. Ich habe mal mitgekriegt, dass Nietzsche sagte der Mensch würde sich in Begrifflichkeiten und Verallgemeinerungen verlieren die er selbst erschuf. Das kann man doch auch auf Glück in irgendeiner Form beziehen, oder? Vielleicht ist Glück etwas, was uns schon immer un Menschen innewohnte und nichts was von außen kommt. Was bedeutet denn eigentlich für den "letzten Menschen" Glück? Glück als letztes Ziel habe ich mal gehört. Also was man nach nietzsche nicht als Glück betrachten soll abseits religiöser Sicht.

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