Embryonen sind bis zur 12en Woche mehr oder weniger geschlechtslos, und Transgendergedanken zu dem Thema?


14.11.2022, 05:08

achja is schon etwas philosophischer die Frage.

6 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Embryonen haben auch noch keine Beine, und niemand bezweifelt im Geringsten, dass es vorgesehen ist, dass sich Beine entwickeln, die auch zum Gehen geeignet sind.

Jeder empfindet fehlende Beine beim Neugeborenen als nicht normal, im Sinne von außerhalb der Norm. Denn die Norm ist ja, dass Menschen Beine haben, mit denen sie sich fortbewegen. Da gibt es dann verschiedene Möglichkeiten: Die Beine sind verkürzt, oder die Zehen fehlen, oder die Beine sind verschieden lang.

Genauso ist bereits in der befruchteten Eizelle angelegt, dass sie sich zu einem fortpflanzungsfähigen männlichen oder weiblichen Menschen entwickelt. Auch hier gibt es mannigfaltige Möglichkeiten, dass sich der Embryo abweichend entwickelt.

Das Problem ist eher ein sprachliches, als ein sachliches: Solange man auf dem Schulhof Phrasen wie: du bist ja nicht normal in einem abwertenden und aggressiven Tonfall äußert, kann man auf der sachlichen Ebene nicht über Normen sprechen, ohne dass es einen Beigeschmack bekommt.

Natürlich sind Menschen, die ohne Beine geboren werden vollwertig. Und Menschen, bei deren von der Natur angelegter Geschlechtsentwicklung sich etwas außerhalb des normalen Ablaufs abspielt, sind auch vollwertige Menschen. Ändert aber in beiden Fällen nichts daran, dass etwas während der Entwicklung nicht so gelaufen ist, wie es in den meisten Fällen läuft.

Interessehalber fasse ich aus diesem Link Frau oder Mann: Wie unser biologisches Geschlecht entsteht - quarks.de zusammen:

Ein gesunder Embryo hat erst einmal immer die Anlagen für beide Geschlechter, und zwar in Form von geschlechtsneutralen Keimdrüsen. Wie die Entwicklung dann weitergeht, ist abhängig davon, ob der Embryo in seinen Zellen Y-Chromosomen trägt – oder nicht. Man erkennt immer mehr, wie komplex diese Vorgänge sind. Das biologische Geschlecht bestimmen Forschende heute deshalb nicht mehr nur allein anhand der Genkombination, sondern auf verschiedenen Ebenen:

  • Chromosomen (XX gilt als weiblich, XY als männlich)
  • Keimdrüsen (Eierstöcke gelten als weiblich, Hoden als männlich)
  • Hormone (überwiegend Östrogen gilt als weiblich, überwiegend Testosteron als männlich)
  • innere und äußere Geschlechtsmerkmale (Vulva und Vagina gelten als weiblich, Penis als männlich)

Auf all diesen Ebenen können während der Embryonalentwicklung Abzweigungen passieren. Es kann also vorkommen, dass das genetische, hormonelle und sichtbare Geschlecht nicht übereinstimmen – Menschen zum Beispiel genetisch weiblich sind, aber Hoden ausbilden. Es gibt auch Menschen, die genetisch männlich sind, ihr Körper aber nicht auf Testosteron reagiert und sie sich äußerlich als Frau entwickeln. In der Medizin heißt das „Androgenresistenzsyndrom“.  

In solchen Fällen spricht man von Intersexualität – ein Mensch ist also biologisch nicht eindeutig weiblich oder männlich. Manche Fachleute sprechen deshalb auch vom Geschlechterspektrum. 

Ob die Geschlechtsorgane später groß oder klein sind, im Farbton heller oder dunkler sind – die Natur kennt keine Norm. Sie arbeitet mit fließenden Übergängen. Wir kommen zwar meist klar erkennbar als Mann oder Frau zur Welt – dennoch fühlen sich manche Menschen männlicher oder weiblicher, andere haben einen eher männlichen oder weiblichen Körper und wieder andere fühlen sich zwischen den Geschlechtern. Alles ist natürlich. Wie wir leben können ist dann letztendlich eine Frage von Erziehung und Kultur.

Neben dem biologischen spielt auch das soziale Geschlecht eine Rolle. Es beschreibt alle sozialen Aspekte von Geschlecht – zum Beispiel Familienstrukturen, Sozialsystem, Erziehung, Beruf und Einkommen, Beziehungen, Ernährung, körperliche Aktivität – die beeinflussen können, wie ein Mensch sich entwickelt.

Ein Mensch entsteht, wenn sich Spermium und Eizelle befruchten. Und genau das ist auch der Moment, in dem die Weichen für das Geschlecht eines Menschen gestellt werden

  • Die Kombination XX legt die Basis für einen weiblichen Organismus
  • Die Kombination XY legt die Basis für einen männlichen Organismus

Noch einmal zur Erinnerung: Ein gesunder Embryo hat zunächst weder Hoden noch Eierstöcke, sondern geschlechtsneutrale Keimdrüsen. Welche Form sich schließlich entwickelt, wird durch die Geschlechtschromosomen entscheidend geprägt. Am äußeren Ende des Y-Chromosoms sitzt nämlich ein für die Geschlechtsentwicklung wichtiges Gen – das SRY-Gen. Es wird gemeinsam mit vielen anderen Genen im gesamten Erbgut aktiv. Als Ergebnis dieser komplexen Kooperation wandeln sich die geschlechtsneutralen Keimdrüsen des Embryos in Hoden um. Fehlt das Y-Chromosom und somit auch das SRY-Gen, was ja bei XX-Kombinationen der Fall ist, entstehen aus den Keimdrüsen Eierstöcke. 

Also: Männer entwickeln sich nicht aus weiblichen Embryonen. Wer den Unsinn in die Welt gesetzt hat, möchte ich mal wissen.

Wichtig: Neben dem SRY-Gen gibt es noch viele andere Gene, die für die Geschlechtlichkeit eines Ungeborenen sorgen. Sie sind in weiblichen und männlichen Embryonen aktiv, wirken aber unterschiedlich: Wird zum Beispiel ein bestimmtes Gen (WNT4) häufig abgelesen, bilden sich weibliche Organe. Wird es nur selten abgelesen, kommt das männliche Potenzial zum Zuge.

  • Zusätzlich erwacht im Körper des Embryos ein zweiter wichtiger Mechanismus, der die Entwicklung hin zu einem weiblichen oder männlichen Körper lenken kann – es bilden sich die ersten Hormone:in den Hoden wird das Sexualhormon Testosteron produziert
  • in den Eierstöcken wird das Sexualhormon Östrogen produziert

Die Sexualhormone wiederum steuern weitere Entwicklungsschritte: Testosteron beeinflusst, dass sich Penis und Samenleiter formen. Es werden auch andere Hormone gebildet, die den mutmaßlichen Uterus und die Eileiter zum Schrumpfen zwingen. Östrogen beeinflusst wiederum, dass sich Gebärmutter, Vagina und Eileiter bilden. Und der Mangel an Testosteron führt dazu, dass die männlichen Leitungen verdorren.

Wichtig: Sexualhormone wirken vielfältig und lassen sich kaum nach dem Schema männlich oder weiblich sortieren. Deshalb produzieren und brauchen alle Embryonen Östrogen und Testosteron, aber in unterschiedlichem Ausmaß.

Am Ende beeinflusst also ein komplexes Zusammenspiel aus Genen und Hormonen die Entwicklung des biologischen Geschlechts im Mutterleib.

Wenn der Embryo etwa 30 Tage im Mutterleib ist, sind die Wirbelsäule und Ansätze von Armen und Beinen bereits erkennbar, aber noch kein Geschlecht. Obwohl auf chromosomaler Ebene bereits bei der Befruchtung die Basis für eine männliche oder weibliche Entwicklung gelegt wurde, läuft innerhalb der ersten Wochen die Entwicklung aller Embryonen mehr oder weniger identisch ab. Der Beginn der Keimdrüsenanlage sieht bei beiden Geschlechtern identisch aus. Erst in der sechsten oder siebten Woche, wenn der Embryo knapp einen Zentimeter groß ist, beginnen sich genetisch weibliche und männliche Embryos auch optisch auseinanderzuentwickeln. 

Bei einem gesunden genetisch männlichen Embryo (XY) entstehen aus den geschlechtsneutralen Keimdrüsen die Hoden. Sie schütten Testosteron aus, ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Jungen. Denn das Hormon bewirkt zusammen mit anderen Faktoren, dass Samenleiter, Samenblasen und Prostata entstehen. Aus dem Geschlechtshöcker, einer Art Wölbung zwischen den Beinen, entstehen schließlich Eichel, Penis und Vorhaut – während sich die weiblichen Anlagen zurückbilden. 

Bei einem gesunden genetisch weiblichen Embryo (XX) entstehen aus den geschlechtsneutralen Keimdrüsen die Eierstöcke. Diese Entwicklung läuft etwas langsamer ab als die der Hoden. Sind sie ausgebildet, beginnt hier die Produktion des Hormons Östrogen. Unter seinem Einfluss entstehen Eileiter, Gebärmutter und der obere Teil der Scheide. Der Geschlechtshöcker, die Wölbung zwischen den Beinen, reift nach und nach zu den äußeren Geschlechtsorganen heran, es bilden sich Klitoris, Schamlippen und die Harnröhrenöffnung – während sich die männlichen Anlagen zurückbilden. 

Nach etwa zwölf Wochen im Mutterleib ist der Embryo so weit ausdifferenziert, dass man von einem biologisch männlichen oder weiblichen Geschlecht sprechen kann. Das heißt: Bis zu diesem Zeitpunkt haben sich die äußeren Geschlechtsorgane ausgebildet, man kann sie nun theoretisch auch sehen. 

Ein komplexes Zusammenspiel aus Genen und Hormonen beeinflusst also, ob aus einem heranwachsenden Embryo im Mutterleib eine biologische Frau oder ein biologischer Mann entsteht. Biologisch weibliche Körper 

  • haben in jeder Zelle zwei X-Chromosomen
  • bilden mehr vom Sexualhormon Östrogen 
  • haben Eierstöcke, in denen Eizellen heranwachsen

Biologisch männliche Körper

  • haben in jeder Zelle XY-Chromosomen
  • bilden mehr Testosteron 
  • haben Hoden, die Spermien bilden

Eizellen und Spermien beeinflussen am Ende auch, ob und wie sich ein Mensch fortpflanzen kann. Hier gibt es übrigens noch einen entscheidenden Unterschied:

  • Bei der Geburt eines biologisch weiblichen Körpers sind alle Eizellen bereits in den Eierstöcken angelegt, in der Regel sind es 400.000 Eizellen, in Ausnahmen können es mehrere Millionen sein.
  • Biologisch männliche Körper produzieren hingegen täglich neue Spermien.

Körpergröße, Stoffwechsel, Muskelmasse: Gene und Hormone beeinflussen viele Prozesse im Körper. 

Die unterschiedliche Genkombination sorgt beispielsweise dafür, dass Frauen Gene, die auf dem Y-Chromosom liegen, meist gar nicht haben. Gene, die auf dem X-Chromosom liegen, dagegen doppelt. Zwar wird das doppelte X in jeder Zelle durch einen speziellen Prozess inaktiviert, aber nur teilweise: So kommt es, dass Frauen von manchen Genen mehr haben als Männer. 

Das kann konkrete Folgen haben: Manche Enzyme, die in der Leber Medikamente abbauen, gibt es bei Frauen deshalb häufiger. Mehr Enzyme können auch mehr arbeiten. So kommt es, dass manche Medikamente, wie etwa spezielle Immunsuppressiva, von Frauen schneller abgebaut werden. Sie bräuchten davon eigentlich eine höhere Dosis.

Es gibt aber auch den umgekehrten Fall: Andere Enzyme, deren Produktion durch das Y-Chromosom stimuliert wird, gibt es bei Frauen weniger. Manche Medikamente, wie spezielle Blutdrucksenker, bleiben dann länger im Blut, wirken stärker, und können sogar mehr Nebenwirkungen verursachen als bei Männern. 

Ein meist sichtbarer Einfluss der Sexualhormone ist die Verteilung von Muskel- und Fettgewebe: Während Testosteron für mehr Muskelaufbau sorgt, fördert Östrogen die Fettproduktion. Biologisch betrachtet hat der höhere Fettanteil der Frau den Zweck, ihren Körper für eine Schwangerschaft bereitzuhalten. Denn Fett ist ein optimaler Energiespeicher und versorgt die Mutter und das heranwachsende Kind.

Divers ist ein Begriff, der sich meiner Meinung nach nicht auf Embryonen anwenden lässt. Da wäre eher Begriffe wie: noch nicht ausdifferenziert, oder noch nicht entwickelt angemessen.


ewigsuzu 
Beitragsersteller
 14.11.2022, 05:57

Also: Männer entwickeln sich nicht aus weiblichen Embryonen. Wer den Unsinn in die Welt gesetzt hat, möchte ich mal wissen.

gute frage, hab ich echt schon mega oft gelesen sowas.

Wird es nur selten abgelesen, kommt das männliche Potenzial zum Zuge, bei den Genen da mit dem sry und wint

weißt du wie dieses ablesen funktioniert?

das is echt spannend grad der Artikel :D

boar das mit den Immunsupressiva is ja krass.

und mit dem Normal haste echt sowas von recht im ersten Absatz.

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aber eig entwickeln sich die Männer ja mehr oder weniger aus nem weiblichen Embryo

Nein, das ist falsch. In der ersten Zeit sind die Geschlechtsanlagen indifferent. Sie unterscheiden sich bei biologisch männlichen und weiblichen Feten also nicht. Erst später entwickeln sich bei beiden Geschlechtern aus denselben Anlagen durch unterschiedliche Signale (bestimmte Proteine, Hormone) die unterschiedlichen Geschlechter. Ein männlicher Fetus ist also nicht erst weiblich und wird dann männlich.

mal ne extra Frage dazu wenn männer sich in dem Stadium aus einem weibchen entwickeln, wie sehen dann die Chromosomen aus in den ersten Wochen?

Das Geschlecht wird festgelegt durch das Geschlechtschromosom des befruchtenden Spermiums. Enthält es ein Y-Chromosom, wird der Nachwuchs ein Junge, enthält es ein X-Chromosom, wird es ein Mädchen. Das Geschlechtschromosom der Mutter in der Eizelle kann nur ein X-Chromosom sein. Die Xhromosomen sind und bleiben zeitlebens gleich.

Aber da stellt sich mir grad ne Frage, wenn ein Mann zb im erwachsenen alter eine Frau werden möchte, und als Embryo ja eig mal eine war so mehr oder weniger halt, ist es dann nich eig nur ein zurückgehen in diesen Modus den man schonmal hatte?

Wie gesagt, so ist es ja nicht.

Und irgendwie passt es ja halt auch, da man ja wirklich daran forscht ob Schwangerschaftshormone dafür die Ursachen sind.

Die Ursachen für eine Transidentität sind weiterhin unklar. Hormonelle Einflüsse während der Schwangerschaft könnten hierbei natürlich eine Rolle spielen, so wie man auch annimmt, dass die Hormone die Prägung der sexuellen Orientierung mitgestalten. Endgültig geklärt ist das jedoch nicht.

Naja der Gedanke kommt mir auch weil ja gern gesagt wird das is ja alles nich normal.

Natürlich sind Transmenschen genauso normal wie Cismenschen. Die Natur lebt von ihrer Vielfalt.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Biologiestudium, Universität Leipzig

Das Geschlecht ist schon vor der Befruchtung festgelegt. Entweder bist du ein X oder Y Chromosom als Spermie und kriegst dann ein X von der Frau (ausgehend von einer physischen gesunden Entwicklung und nicht von einer Entwicklungsstörung).

Das Geschlecht ist in den ersten Wochen noch nicht entwickelt, wenn du eine Pizza machst, machst du ja auch erst den Teig, du rührst nicht direkt die Salami, Käse, Tomaten etc. mit dem Mehl zusammen an.
Es ist nicht so, dass aus weiblich plötzlich männlich wird, sondern die menschliche Basis entwickelt sich zuerst und ab einem Zeitpunkt beginnt die sexuelle Differenzierung, man entwickelt sich in zwei verschiedene Richtungen. Es ist nicht so, dass man eine Vagina und Gebärmutter hat, und sich daraus sich Penis und Hoden entwickeln. Es gibt also kein Modus an dem der Mann schon einmal Frau war.

Er hat von anfang an die entsprechenden Chromosome, nur entwickelt sich geschlechtlichkeit eben erst dann, irgendwann muss es ja Entwicklet werden kann ja nicht von anfang an da sein

aber eig entwickeln sich die Männer ja mehr oder weniger aus nem weiblichen Embryo,

Nein.

Genauso gut könnte man es andersrum formulieren.

Der Grundbauplan ist eben derselbe.


ewigsuzu 
Beitragsersteller
 14.11.2022, 05:22

daher ja auch die Aussage oder eben geschlechtslos.

aber weißte das mit den Chromosomen?

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atm77  14.11.2022, 05:26
@ewigsuzu
wenn männer sich in dem Stadium aus einem weibchen entwickeln

Nochmal: diese Aussage ist FALSCH!

Das Geschlecht steht schon fest wenn das Spermium auf die Eizelle trifft!

Und zwar je nach dem ob das Spermium ein X oder ein Y Chromosom hat.

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