Eine Frage der Wahrnehmung?

10 Antworten

Die Farbwahrnehmung ist ein verwickelter Vorgang.

In der Physik gibt es die Unterscheidung primärer und sekundärer Eigenschaften (Qualitäten). Die primäre Eigenschaft bei den Farben ist eine Beschaffenheit materieller Oberflächen, Licht zu absorbieren und zu reflektieren. Die Wahrnehmung als Farbe ist eine sekundäre Eigenschaft. Sie beruht auf der Verarbeitung von Lichtintensität und Wellenlänge. Lichteinstrahlungen gelangen durch die Pupillen zur Netzhaut, wo Sinneszellen (Photorezeptoren) die Signale in Nervenimpulse umwandeln, die an das Gehirn weitergeleitet werden. Die dort stattfindende Verarbeitung kann als Deutung verstanden werden. Wahrnehmung ist ein auch aktiver Vorgang (ein Erfassen), nicht nur eine passive Widerspiegelung der Dinge. Die Erscheinungen sind von einem Subjekt konstruiert. Sinnestäuschungen sind ein deutliches Beispiel, wie die Wahrnehmung von dem Bewußtsein und der Aufnahme durch Subjekte abhängt. Daraus folgt aber nicht zwingend, sie für eine bloße Konstruktion zu halten, der nichts Reales in der Außenwelt entspricht. Es ist auch möglich, komplizierte gesetzmäßige Beziehungen zwischen einem realen Gegenstand und der menschlichen Wahrnehmung anzunehmen.

Wahrscheinlich gibt es bei gleichen Bedingungen für Lebewesen mit grundsätzlich gleich funktionierenden Organen jeweils auch eine gleiche Farbwahrnehmung, was die die neurophysiologische Grundlage (bestimmter Nervenzustand; eine Tätigkeit zusammenwirkender Neuronengruppen) betrifft oder zumindest nur eine geringe Abweichung innerhalb eines engen Spielraums.

Etwas anderes ist die Farbwahrnehmung als subjektive Empfindung. Dies berührt das in der Philosophie interessante Problem der Qualia (die Erlebnisqualiät mentaler Zustände, ein Bewußtsein, wie Phänomene im eigenen Erleben sind; von lateinisch „qualis“ = „wie beschaffen“). Mentale (geistig-seelische) Zustände haben einen subjektiven Erlebnisgehalt, sie fühlen sich auf bestimmte Weise in einer Innenperspektive (Ich) an. Ihre Existenz ist kaum völlig zu bestreiten und es ist zumindest schwierig, sie einfach materialistisch auf neuronale Zustände zurückzuführen. Bisher hat es kein überzeugendes Hinwegerklären dieser Art gegeben. Meiner Meinung nach gibt es ein subjektives Erleben von Farben. Bei einem Ausfall von Funktionen in der Sinneswahrnehmung gibt es außerdem auch eine andere Farbwahrnehmung in dem, was als Sinnenreiz im Bewußtsein ankommt (Abhängigkeit von Sinnesphysiologie).

Die Farbbenennung (z. B. Vielfalt der sprachlichen Unterscheidung zwischen ähnlichen Farbtönen und Zuordnung von Farben in einem Grenzbereich zwischen zwei Farben) ist auch von Erfahrung, Sprache und Kultur abhängig. Die Eskimos/Inuit sollen für Weiß über viele Differenzierungen verfügen, Indianer im Urwald für Grün.

Ein Freund kann nicht den Himmel, der mir blau erscheint, als gelb wahrnehmen. Nur die subjektive Empfindung des blauen Farbtones kann abweichen. Feststellen ließe sich dies durch Untersuchung der vom Himmel ausgehenden Lichteinstrahlungen und der aufgenommen und weitergegebenen Signale.

Es gibt im Grunde gar keine Farben sondern Lichtspiegelungen. Farben sind optische Wahrnehmungen und keine allgemein gültige Realität.


Hausmeisterle  11.01.2010, 18:24

Ich stimme dir zu. Ich bin der Meinung Farben werden erst im Gehirn mit Hilfe der Farbrezeptoren erzeugt. Die impulse davon kommen von der Aussenwelt.

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Das ist das berühmte philosophische "Problem der vertauschten Qualia":

Wir haben beide das Wort "rot" gelernt, indem andere Menschen auf Dinge gezeigt haben und dabei "rot" gesagt haben. Weil sie genauso gelernt hatten, diese Dinge "rot" zu nennen.

Wir haben also gelernt, "rot" zu sagen, wenn wir etwas sehen, das in uns diejenige Farbempfindung auslöst, die wir gelernt haben "rot" zu nennen. Wir benutzen das Wort "rot" also sowohl für unsere Farbempfindung als auch für dasjenige, das diese Farbempfindung bei uns auslöst.

Diejenige Farbempfindung, die eine Tomate bei dir und mir auslöst, nennen wir beide "rot". Trotzdem können wir unsere Farbempfindungen nicht vergleichen, weil ich deine Farbempfindung nicht direkt teilen kann und du nicht meine. Aber weil wir beide das gleiche Wort "rot" zu unserer Farbempfindung sagen, meinen wir, auch die gleiche Farbempfindung zu haben.

Deshalb ist es möglich, dass ich beim Betrachten einer reifen Tomate die gleiche Farbempfindung habe, die du beim Betrachten einer Salatgurke hast. Das fällt dir nur deshalb nicht auf, weil ich gelernt habe, "rot" dazu zu sagen, ebenso wie du.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Autodidaktisches Studium, Lehrbeauftragter VHS München

Wahrscheinlich hast du recht. Aber stell dir vor du sitzt beim Essen mit 5 Freunden. Um euch herum passieren Millionen?Milliarden? auf alle Fälle sehr viele Dinge gleichzeitig. Da krabbelt eine Fliege, dort schwebt ein Staubkorn der Geruch des Essens, Geräusche von der Strasse u.s.w. Jeder von euch nimmt etwa 10 (von den sehrsehr vielen) Sachen wahr, jeder etwas anders weil jeder eine eigene Perspektive in der Situation hat. Und drei von den sehsehsehr vielen Dingen sind für alle am Tisch die selben. Was währe wenn es nicht so währe? Wenn jeder 10 völlig andere Ereignisse wahrnehmen würde? Das ist doch noch viel krasser, oder?


JimmyTheShaker 
Beitragsersteller
 15.12.2009, 21:39

Ja über das mit der anderen Perpektive hab ich auch schonmal nachgedacht. Wenn man einen tag immer genau das gleiche macht wie ein Kumpel von einem, hat man am Ende des Tages trotzdem eine komplett andere Wahrnehmung und Erinnerungen an den Tag weil man nie zur gleichen Zeit das gleiche gedacht hat wie der andere und weil man alles aus einer anderen Perpektive gesehen hat. Im Grunde ist das schon sehr krass!=)

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sehr interessante frage. haben wir in unserer ausbildung mal durchgenommen. in wirklichkeit gibt es keine farben. die entstehen nur dadurch, dass sie bestrahlt werden. für uns ist eine tomate rot, aber für einen farbenblinden kann sie blau sein. in wirklichkeit ist eine tomate farblos, sie scheint nur rot zu sein weil sie so von irgendwelchen strahlen erreicht wird.