ein paar Fragen zum Konzentrationslager?

12 Antworten

Ich konzentriere mich bei der Beantwortung eines Teils deiner Fragen auf die Juden im Einflussbereich der Nationalsozialisten:

Die Vernichtung der Juden war nicht zentralisiert. Weder hatte man eine Behörde für Judenangelegenheiten gegründet noch ein Budget für den Vernichtungsprozeß bereitgestellt. Die antijüdischen Maßnahmen verteilten sich auf den Staatsdienst, das Militär, die Unternehmen und die Partei. Alle deutschen Organisationen wurden in das Projekt einbezogen. Jede einzelne Behörde trug dazu bei, man nutzte jede Spezialisierung; und an der Umklammerung der Opfer waren durchweg alle Gesellschaftsschichten beteiligt.

Der Vernichtungsprozeß basierte auf drei Prämissen. Erstens, daß keine jüdische Gruppe von den Maßnahmen verschont bleiben durfte. Kein Jude sollte dem engmaschigen Netz entgehen. Man setzte also vielfältige, langfristig angelegte Methoden ein, um die Juden auszusondern und zu gettoisieren, verhandelte auf diplomatischem Wege mit den Satellitenstaaten über die Auslieferung der dort lebenden Juden, zählte und überwachte die zusammengetriebenen Juden unaufhörlich und spürte geflüchteten Juden unerbittlich nach. Zweitens waren die vielfältigen Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden mit dem geringstmöglichen Schaden für deutsche Bürger und für die Gesamtwirtschaft zu lösen. Aus dieser Maxime folgte, dass man besonderes Augenmerk auf Problemfelder wie Mischehen und deren Nachkommen, Geschäftsunternehmen mit jüdischen und nichtjüdischen Teilhabern oder Managern sowie Schulden und Darlehen zwischen Juden und Nichtjuden richten musste. Drittens musste der Massenmord so erfolgen, dass die psychische Belastung der Täter möglichst gering blieb, Unruhen unter den Opfern gar nicht erst aufkamen und Angst oder Proteste in der nichtjüdischen Bevölkerung unterdrückt wurden. Zu diesem Zweck beteiligte man in Osteuropa verhältnismäßig viele einheimische Kollaborateure an den Erschießungen und schuf ein planmäßiges System der Deportationen, um Juden in versiegelten Zügen von West- und Mitteleuropa in abgelegene, mit Gaskammern ausgerüstete Lager im besetzten Teil Polens zu transportieren. Diese aufwendigen Vorbereitungen waren nur möglich, weil sich die Funktionäre eines weitverzweigten Apparats stark engagierten.

Die Anordnung folgt grob der Reihenfolge ihres Eintretens in den Prozess, um zu zeigen, auf welche Weise sie die Operation in den jeweiligen Phasen förderten. Jede Organisation war also für einen speziellen Ausschnitt des Vernichtungsprozesses zuständig. Da man gründlich, ökonomisch und entschlossen Vorgehen wollte, kam es auf jeden einzelnen dieser Beiträge an. Dabei machten die antijüdischen Maßnahmen jedoch nur einen Bruchteil der administrativen Aufgaben dieser Behörden aus. Bürokraten, die mit der Judenfrage befaßt waren, handelten überall im Rahmen ihrer jeweiligen Kompetenzen und Zuständigkeiten. Auch wenn das Werk der Vernichtung fest in den Alltag der Verwaltung eingebettet war, wurde von einem Beamten beim Umsetzen der antijüdischen Maßnahmen mehr als reine Routine erwartet. Ohne seine rechtzeitigen sachkundigen Initiativen wäre der komplexe Prozeß ins Stocken geraten, hätten sich die Maßnahmen gegen die Juden unausweichlich verzögert, verlaufen oder gar festgefahren. Verbesserungsvorschläge blieben keineswegs den oberen Chargen Vorbehalten. Während ein Beamter des Justizministeriums über Erbschaftsprobleme nachdachte, die tote Juden ohne Testament aufwarfen, ersann ein SS Mann in Auschwitz freiwillig und aus eigenen Stücken Mittel und Wege, Leichen effizienter zu verbrennen. Die gemeinsame Aufgabe einte Menschen mit ganz unterschiedlicher Herkunft, Ausbildung und psychischer Veranlagung. Auch wenn sie zu Beginn isoliert gestanden haben mögen, fügten sie sich allmählich zu einer gewaltigen Maschinerie zusammen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Geschichte Schwerpunkt Deutsches Reich / Nationalsozialismus

Rotfuchs716  28.02.2023, 22:08

In einigen besetzten Gebieten wie in Frankreich gab es eine Behörde für Juden. Diese registrierte die Juden und unterschied dabei ausländlische und französische Juden.

Im Prinzip führten die Nazis in Deutschland Konzentrationslager ein, weil sie 1933 in Deutschland so viele Regime-Gegner verhaften wollten, dass in den normalen Gefängnissen kein Platz mehr war. Also bauten sie z.B. in Dachau eine alte Kaserne in ein Gefangenenlager um. Diese Gefangenenlager waren rechtsfreie Zonen, die Menschenrechte der Gefangenen wurden nicht geachtet. Und aus dem ganzen Herrschaftsgebiet der Deutschen konnten willkürlich Menschen dort eingesperrt werden.

Nachdem die Deutschen ihre Konzentrationslager hatten, machten sie daraus eine wahre Sklavenwirtschaft. In den von Deutschland besetzten Gebieten gab es über 10'000 Konzentrationslager, Zwangsarbeitslager, Aussenstellen von Konzentrationslagern. Die Deutschen hielten damals über 13 Millionen Sklaven. Praktisch jede Firma (BWM, Daimler, Messerschmidt, VW, Hugo Boss, Degussa, Bayer, etc.) und praktisch jeder Bauer hielt damals Sklaven.

Wer war in diesen Konzentrationslagern?

  • Juden, denn die Deutschen sprachen den Juden grundsätzlich das Recht auf Leben und auf Freiheit ab.
  • Sinti und Roma, denn die Deutschen sprachen auch ihnen das Recht auf Leben und Freiheit ab.
  • Regimegegner (Kommunisten, und all jene, die etwas taten, was den Nazis nicht passte. das konnte sehr willkürlich sein)
  • Verurteilte Verbrecher
  • Kriegsgefangene
  • Widerstandskämpfer aus den von Deutschland besetzten Gebieten
  • Zivilisten aus den von Deutschland besetzten Gebieten, oft Unschuldige, z.B. Bauern, denen die Deutschen den Hof wegnehmen wollten

Wie kam man in so ein Konzentrationslager

  • Nach einem Prozess, statt Gefängnis (siehe: verurteilte Verbrecher, Regimegegner)
  • Indem man als Soldat von den Deutschen gefangen genommen wurde
  • Für Juden, Sinti und Roma setzten die Deutschen Quoten fest. Sie wollten jeden Tag, jede Woche x Tausend Menschen "evakuieren", d.h. in Konzentrationslager bringen, um sie dort zu ermorden oder zu Zwangsarbeit auszunutzen. Die Zahl war von den Transportkapazitäten und der Geschwindigkeit der Ermordung in den Mordfabriken abhängig. (Siehe dazu das Interview von Claude Lanzman mit Franz Suchomel aus dem Film "Shoah" auf Youtube).

Innerhalb der deutschen Hierarchie war meist der HSSPF (Höherer SS und Polizeiführer) für die Deportation der Sinti und Juden zuständig, und der setzte es um, mit seiner SS, Polizei, Geheimpolizei. In Osteuropa wurden extra dafür die "Einsatzgruppen" gebildet.

Praktisch zwangen die Deutschen die Juden zuerst, in bestimmten Quartieren (Ghettos) oder Häusern zu wohnen, und von dort brachten die Deutschen ihre wehrlosen Opfer dann entweder direkt zur Erschiessung oder sie Deportierten sie in Zügen in Lager, wo sie entweder ermordet oder versklavt wurden.

Da die Deutschen den Sinti und Juden das Recht auf Leben grundsätzlich abgesprochen hatten, suchten sie sehr eifrig nach Versteckten, die sie dann entweder gleich vor Ort ermordeten oder ebenfalls deportierten.

ich verstehe nicht wodurch entschieden wurde dass man ins KZ eingeliefert wird?

Entschieden im Sinne eines Prozesses oder einer Anklage? Keiner! Es war Willkür, man sah anders aus, roch anders, sprach anders - man war weg. Jeder, der nicht in das Schema passte, war gefährdet. Jeder mit Migrationshintergrund, einer anderen Religion, anderen Hautfarbe, jeder Homosexuelle, aber auch jeder körperlich und geistig behinderte Mensch lief unmittelbar Gefahr, kassiert zu werden.

Wie wurde man gefangen genommen? Einfach von den SS Soldaten zuhause aufgesucht und mitgenommen?

Zuhause, auf der Straße, etc. Ja. Oftmals verraten durch die Nachbarn oder Bekannte, durch Registrationspapiere der jeweiligen Stadt, Meldebögen, welche in der Stadt verteilt wurden, etc.

Wurden nur Juden eingeliefert oder auch Christen?

Auch Christen und andere Religionen, bzw. konfessionslose Menschen. Warst du zB geistig behindert und Christ, hat dich deine Religion nicht geschützt. Allgemein war im dritten Reich die Religion nicht so wichtig.

Welche Religion hatten dann die Soldaten und Mitarbeiter von denen?

Spielte keine Rolle, aber Juden waren es nicht. Religion war wie gesagt im dritten Reich nicht wichtig. Hitler hatte sogar ein dezentes Problem mit der Kirche.

Es wurden ja Juden, Arbeitslose und Homosexuelle eingeliefert, aber woher wussten die SS Mitarbeiter denn wer homosexuell war?

Auch Kranke (schwerkrank, langzeitkrank, etc.), Behinderte (körperlich, wie geistig), Sinti und Roma, Kritiker am System, etc. Alles, was nicht ins Schema passte, musste weg. Ob man wirklich Homosexuell war, oder obs nur eine Annahme war, das hat niemand geprüft. Manchmal war es ja bekannt in der Straße. Der Herr Bauer steht auf den Herrn Müller... Dann wurde das verraten.
Aber man konnte auch nie das Gegenteil beweisen, das interessierte niemanden.

Die hatten ja Namenslisten von den ganzen Leuten die eingeliefert wurden, woher wussten die die ganzen Namen der Leute?

Man musste sich namentlich melden, sonst wäre man getötet worden. Oftmals war ja bekannt, wer kassiert wurde. Da wurden Meldebögen ausgefüllt, man konnte in der Stadt nachsehen, wer wo wohnt, etc. Ansonsten wurde dein Name von dir verlangt, oder du wurdest getötet. Am Anfang war auch nicht wirklich bekannt, was im KZ passiert, man ging von einem Arbeitslager aus.

Und was waren Sonderhäftlinge?

Prominente Personen, oftmals geistliche Kriegsgefangene (Pfarrer, etc.), die man aus "taktischen Gründen" gefangen hielt.

Wieso wurden die besser behandelt als die anderen?

Siehe Erklärung.

Wieso waren meine Urgroßeltern damals im KZ?

Wer weiß? Das kann man nur vermuten. Vielleicht waren sie Regimekritiker? Haben eine "dumme" Aussage getätigt? Hatten Kontakt zum Ausland oder haben Juden nicht gemeldet? Es gibt keinen definitiven Grund, es kann auch blanke Willkür sein. Warum meine Uroma da gelandet ist und warum meine Oma als kleines Mädchen fliehen musste mit ihren Geschwistern, die sie auf der Flucht verloren hat und nie wieder sah, bis zum Ende ihres Lebens... das weiß ich. Es hat lange gedauert, bis wir Sinti und Roma auch als Opfer dieses Krieges angesehen wurden.


verreisterNutzer  17.01.2023, 07:55

danke für deine ausführliche antwort! :)

ja ich glaube auch bei meinen urgroßeltern war es weil sie als sinti und roma bezeichnet wurden, schließlich galten sie damals als ausländer und mussten von ihrem heimatland nach deutschland fliehen. Auf dem weg wurden sie dann gefangen genommen und kamen nach dachau..

ShadowTaking  17.01.2023, 08:05
@verreisterNutzer

Sie waren normale blauäugige blonde Menschen (Christen, keine Juden), hatten beide einen Job und führten ein bodenständiges Leben.

Deine Worte oben in der Frage!

verreisterNutzer  17.01.2023, 08:53
@ShadowTaking

sie waren Christen, hatten beide einen job und ein bodenständiges leben aber sie waren jugos
er hatte braune augen und blonde haare, sie hatte blaue augen und dunkle haare
also ja, blaue augen und blonde haare hatte jeweils mind. einer von ihnen
sie waren aber dennoch jugos und ich nehme an dass sie daher als sinti und roma gezählt haben.

ShadowTaking  17.01.2023, 09:28
@verreisterNutzer

Sorry, aber das ist ein Thema bei dem nicht gelogen werden darf und deiner Aussage in der Frage nach zu urteilen und dem was du hier schreibst, hast du nicht die Wahrheit erzählt, sondern willst einen traurigen Background. Für Menschen wie mich, die täglich mit einem Menschen leben durften, der auf der Flucht vor den Nazis und dem drohenden Tod war, der seine Eltern verloren hat, etc. ist das wie ein Schlag ins Gesicht.

verreisterNutzer  17.01.2023, 09:56
@ShadowTaking

ich lüge nicht, meine Urgroßeltern waren in Dachau gefangen!
leider kenne ich aber keine genaueren Details, da sie schon vor langer Zeit starben.

Es wurden auch Kommunisten eingeliefert.

ich verstehe nicht wodurch entschieden wurde dass man ins KZ eingeliefert wird? 
Meistens direkt durch den Stern. Oder durch Polizei etc.

Wie wurde man gefangen genommen? Einfach von den SS Soldaten zuhause aufgesucht und mitgenommen?

Meistens ja, aus den Häusern rausgenommen

Wurden nur Juden eingeliefert oder auch Christen?

Natürlich auch beide, die Vernichtung war nicht zentralisierz

Welche Religion hatten dann die Soldaten und Mitarbeiter von denen?

Sehr viele unterschiedliche:)

Es wurden ja Juden, Arbeitslose und Homosexuelle eingeliefert, aber woher wussten die SS Mitarbeiter denn wer homosexuell war?

Das wurde meist Geraten

Die hatten ja Namenslisten von den ganzen Leuten die eingeliefert wurden, woher wussten die die ganzen Namen der Leute?

Ja die Gab es.

Alles was ich beantworten kann grade