Ebbe und Flut wechseln sich alle 6 Stunden ab?

4 Antworten

Hallo IQDetectiv,

Wieso erzeugt die Fliehkraft der Erde immer genau hinterm Mond einen Wasserberg?

Obwohl man oft als Erklärung für die beiden Flutberge auf dem offenen Meer liest, dass der erste Flutberg durch die Anziehung des Mondes, der zweite Flutberg (auf der dem Mond abgewandten Seite) über die Fliehkraft entsteht, ist diese Erklärung falsch. :-P

Die Gezeitenkraft ist eine sehr, sehr kleine Kraft. Deswegen entstehen die Flutberge in den Ozeanen streng genommen nicht dadurch, dass der Mond die Wassermassen in den Ozeanen anhebt.

Betrachten wir den Punkt auf der dem Mond zugewandten Seite:

Genau unter dem Mond werde die Wasserteilchen ein klein wenig mehr angezogen als an allen anderen Punkten der Umgebung. Die Wasserteilchen folgen daher der Erddrehung von diesem Punkt weg etwas zögerlicher: Aus Sicht der Wasserteilchen bleibt der Mond zurück, wenn die Erde sich weiter dreht. Die Teilchen bleiben infolge dessen auch etwas zurück.

Die Wassermassen werden deshalb durch den Mond tangential von der festen Erdkugel weggezogen. Der Mond hebt also nicht das Wasser an, sondern bewegt es tangential über die Erdoberfläche.

Eine tangentiale Bewegung des Wassers benötigt viel weniger Kraft als ein Anheben der Wassermassen.

Und genau so entstehen die Flutberge. Auf der dem Mond gegenüberliegenden Seite ist es genau anders herum, nur dass die Teilchen hier im Punkt der lokal kleinsten Anziehungskraft verharren wollen.

Anders als die Sache mit der Fliehkraft, versteht man über diese Erklärung auch, warum die Verbindungslinie der Flutberge dem Mond leicht voraus eilt: Die Flutberge entstehen eben über eine tangentiale Kraft.

So eine perfekte Abstimmung kann doch kein Zufall sein

Ist ja auch kein Zufall, sondern Physik.

So. Jetzt bin ich aber gemein und sage Dir, dass nur an wenigen Küstenorten weltweit dieser strenge Rhythmus gilt. An einigen Küsten gibt es nur einmal am Tag einen Flutberg. Ananderen Küsten wechselt die Häufigkeit und Intensität der Flutberge. Und ja, an einigen hat man 2 Flutberge... während es an anderen Küsten fast keine Gezeiten gibt.

Das liegt daran, dass das oben Gesagte nur für das offene Meer gilt, auf dem die Wassermassen den Kräften halbwegs frei folgen können.

In Küstennähe wird dagegen die Form der Meeresbecken dominant. Wellenberge rollen in die Becken, werden reflektiert und führen zu Interferenzeffekten, die Gezeiten lokal verstärken oder auslöschen. Deswegen die oben beschriebenen Unterschiede. Und so viel zur angeblich "perfekten Abstimmung".

Grüße

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Diplom in Physik, Schwerpunkt Geo-/Astrophysik, FAU

Die für mich beste Erklärung geht wie folgt:

Die Gravitation (Schwerkraft) des Mondes geht auf die Erde als Ganzes. Das heißt sie greift hauptsächlich am Schwerpunkt (etwa Mittelpunkt) der Erde an. Wäre die Erde nun ein wirklich fester Körper, dann würden sich alle Teile der Erde gleich verhalten.

Da die Erde aber eine flüssige Oberfläche (=Ozeane) besitzt, gibt es weitere Einflüsse:

Die Wasserfläche in Richtung Mond wird, da sie näher am Mond ist, stärker vom Mond angezogen und bildet deshalb einen Flutberg.

Die Wasserfläche auf der anderen Erdseite, ist weiter wweg vom Mond als der Erdmittelpunkt, und wird deshalb weniger stark angezogen. Deshalb bleibt sie relativ zur Bewegung des Erdmittelpunktes zurück und bildet einen Flutberg, der vom Mond wegzeigt.

Da diese beiden Flutberge auf der gleichen Linie: Erdmittelpunkt - Mond, sind, aber auf entgegengerichteten Erdseiten, können sie sich nie treffen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung