Dürfen Muslime das Gebet im Gefängnis unterbrechen?
Ich bin Gefängnisaufseher und wir haben viele muslimische Insassen die beten. Dies ist meiner Erfahrung nach einer der grössten Konfliktpunkte im Strafvollzug.
So beten die Insassen oftmals während des Tagesgeschäfts, wobei sich das Gefängnispersonal hier auf die Kooperation der Inhaftierten verlassen muss um einen geregelten Vollzugsalltag gewährleisten zu können.
Das bedeutet, dass wenn wir sie abholen für den Hofgang, oder um Termine mit Anwälten oder der Polizei wahrzunehmen, wir das Essen oder Medikamente bringen, das Tagesgeschäft im Gefängnis immer Vorrang hat und Gebete unterbrochen werden müssen. Bei 120 Insassen mit je 40 Gefangenen für die je 1 Aufseher zuständig ist pro Stockwerk, ist es absolut unmöglich auf jedem seine Gebetszeit Rücksicht zu nehmen.
Es ist eine unerhörte Frechheit, dass seitens der Gefangenen erwartet wird, dass wir auf jeden muslimischen Insassen warten müssen, bis er sein gebet beendet hat. Dies würde unsere Arbeit vollständig verunmöglichen. Im Gefängnis sind die Insassen im Zwangskontext und unterliegen der Hausordnung und dem Justizvollzugsgesetz. Dies besagt eindeutig, dass dem Vollzugspersonal folge zu leisten ist. Im Koran steht geschrieben, dass Gebete nur im Notfall zu unterbrechen sind. Wenn sich der Aufenthalt in einem Gefängnis in den Augen der Insassen nicht als Notfall qualifiziert, kann das nicht unser Problem sein.
Bei nicht Befolgung von Anweisungen wird sanktioniert. Bei allem Respekt der Religionsfreiheit gegenüber, ist dies jedoch der Punkt wo die Toleranz zu Ende ist. Wie seht ihr das?
9 Antworten
Der Knast soll eine Strafe darstellen, in dem Fall macht er das.
Gebete können nachgeholt werden, genug Zeit haben sie ja.
Wenn es wirklich Gläubige wären säßen sie nicht im Knast.
Muslime müssen müssen ihre Pflichgebete verrichten, selbst wenn sie im Sterben liegen sollten. Da ist auch, was ich auch vollkommen verstehe und unterstütze, die Hausordnung egal.
Zudem nimmt das Gebet auch nicht wirklich viel Zeit. Auf einige Insassen wartet man dann halt auch so 10 min, mit Anziehen etc. dann halt länger, ist aber auch nicht allzu schlimm.
Also, anstatt deine Energie zu verschwenden, warte einfach bis sie mit dem Gebet fertig sind, denn sie werden weder auf dich hören, was die Unterlassung der Pflichtgebete anbelangt, noch wird sie die Hausordnung diesbezüglich beeindrucken.
Hoffe konnte weiterhelfen
Viele Grüße,
Dumby
Du sagst:
Auf jeden muslimischen Insassen 10 Minuten zu warten bis er fertig gebetet hat, kann nur jemand schreiben, der vom betreuerischen Aufwand, dem engen Zeitplan und dem Arbeitsaufwand der den Aufsehern anfällt, keine Vorstellung hat.
Und wenn alle gleichzeitig beten würden? Das würde gehen...
Du sagst:
Wie in meiner ursprünglichen Frage beschrieben, würde dies unsere Arbeit vollständig verunmöglichen. In der Realität sieht es so aus, dass ein Insasse der auf den Hofgang will, zu diesem Zeitpunkt jedoch am beten ist und nicht gewillt ist sein Gebet zu unterbrechen, so hat er dasurch entschieden, dass ihm das beten wichtiger ist und verzichtet somit automatisch auf den Hofgang
Dann wartest du eben als Hofaufseher zwei Minuten, bis er fertig ist und dann kann er zum Hofgang. Ist jetzt auch nichts wildes.
Du sagst:
Wenn es um eine polizileiche Einvernahme, einen Gerichtstermin oder ähnliches geht und er sein Gebet nicht unterbrechen will, so helfen wir durch die Anwendung von Zwang eben nach wenn es nicht anders geht. Das Gericht findet pünktlich statt und wartet nicht bis er fertig gebetet hat
Das Gebet hat bei Muslimen immer Vorrang.
Du sagst:
In der Religion gibt es keine Eindeutigkeit.
Doch, in gewissen Dingen schon
Du sagst:
Ja selbst in den jeweiligen Religionen unter sich gibt es Abspaltungen je nachdem wie die "heilige Schrift" interpretiert wird (Reformierte, Katholiken, Shiiten, Suniten) um nur einige Beispiele zu nennen.
Und trotzdem gibt es Schnittmengen untereinander...
Du sagst:
Der grösste Teil der Gefangenen ist selbst für ihr Schiksal und ihren Aufenthalt im Gefängnis verantwortlich.
Will ich nicht ableugnen.
Du sagst:
Wenn sie ihre Religion uneingeschränkt wahrnehmen wollen und nicht mit ihren religiösen Gesetzen in Konflikt kommen wollen, sollten sie vielleicht zuerst lernen sich an die staatlichen Gesetze zu halten die für uns alle gelten.
Die müssen sogar ihre Religion uneingeschränt wahrnehmen, nicht nur es wollen. Wenn Gott das Gebet befielt, wird das auch getan, ganz gleich wo man es, wenn nicht das Leben in Gefahr ist, bspw. durch einen Brand.
Du sagst:
Wer das nicht verstehen will, hat mit Konsequenzen und Sanktionen zu rechnen.
Sie verstehen es schon, wollen es nur nicht umsetzen... :-)
Du sagst:
Und am Ende des Tages, sind wir am längeren Hebel.
Naja, nur wenn der Hebel vergleichsweise wenige Insassen kontrolliert.
Viele Grüße
Ja das würde gehen in der Theorie. Tun sie jedoch in der Praxis leider nicht.
Sowas wie einen "Hofaufseher" gibt es nicht. Es gibt pro Stockwerk 1 Aufseher der für ca. 40 Gefangene zuständig ist. 5 Mal pro Tag werden unsere 4 Spazierhöfe Sektorweise in den jeweiligen Spazierhof geführt und das immer zu den gleichen Zeiten und in einem straffen Zeitplan. Alle 3 Aufseher der jeweiligen Stockwerke erledigen diese Aufgabe immer zusammen. Die Gefangenen werden gefragt ob sie zum Hofgang gehen wollen oder nicht. Wollen sie nicht gehen, wird die Zelle wieder geschlossen. Sind die Insassen nicht bereit oder schlafen, wird die Zelle wieder geschlossen. Sind die Insassen am beten und wollen das Gebet nicht unterbrechen, wird die Zelle wieder geschlossen. Hofgang verzichtet - Thema erledigt.
Das mag sein, dass bei Muslimen das Gebet immer Vorrang hat. Doch wie bereits erwähnt, sind muslimische Gesetze auf nicht-Muslime oder eben auch wie in diesem Fall auf Gefängnisaufseher nicht anwendbar. Das Strafgesetz, das Justizvollzugsgesetz und auch die Hausordnung des Gefängnisses jedoch schon. Diese staatlichen Gesetze gelten für alle und sind im Gegensatz zu den jeweiligen religiösen Gesetzen auf alle anwendbar.
Das ist ein Gott von inzwischen vielen der ihnen das Gebet "befiehlt". Jeder der sich einer Religion verschreibt ist der Überzeugung, dass sein Gott der einzig wahre und richtige ist. Wir nehmen auf die Religionen insofern Rücksicht, solange es das Tagesgeschäft nicht beeinträchtigt. Ansonsten wird in Übereinstimmung mit den stastlichen Gesetzen sanktioniert.
Ob sie es umsetzen wollen oder nicht ist uns relativ egal. Neben dem Auftrag für die öffentliche Sicherheit hat das Gefängnis auch eine nacherzieherische Funktion. Man muss verstehen, dass man sich nicht über alles hinwegsetzen kann, auch nicht mit dem Argument der Religionsfreiheit. Wer das nicht umsetzen kann oder will, wird solange sanktioniert bis er es verstanden hat, oder kommt bei schweren Verstössen in Isolationshaft. Spätenstens da kann er dann beten solange er will :).
Auch wenn es einen Aufstand gibt (gab es schon) sind wir am längeren Hebel. In äussersten extremen Situationen kommt eine Spezialeinheit die die Situation wieder "beruhigt". Das gab es in meinen 5 Jahren in diesem Beruf erst einmal. Punkt ist der: Religiöse Dogmen werden niemals über eine staatliche Institution bestimmen und das ist auch richtig so.
Dann kann man es doch absprechen! Sie können das Gebet innerhalb der Zeit verrichten und ist ja nicht schlimm wenn es im Hof verrichtet wird. Kommunikation ist A und O.
Nach allem was ich hier schon geschrieben habe, denkst du wirklich wir haben das in unserer Einrichtung nicht schon unzählige male versucht? Sobald wir Erwartungen und ein gewisses Entgegenkommen von den Gefangenen fordern bezüglich ihres Glaubens werden wir in 99% der Fälle sofort als Rassisten beschimpft und es wird uns unterstellt, wir hätten keinen Respekt. Wo jedoch der Respekt von diesen Gefangenen unserer Arbeit gegenüber bleibt, scheint ihr denkvermögen oftmals leider zu übersteigen.
Ein hartes Vorgehen durch die Anwendung von Zwang oder das Verhängen von Sanktionen ist in vielen Fällen leider das Einzige Mittel das noch greift und auch die Einzige Sprache die verstanden wird.
Die gebete darf man nur im Notfall sprich Lebensgefahr Unterbrechen
Selbst Schuld wenn sie ins Gefängnis kommen. Draussen in der Freiheit können sie alle beten wie sie wollen und wann sie wollen, doch im Gefängnis gelten andere Regeln. Sie können beten und ihre Religion ausüben solange unser Tagesgeschäft nicht beeinträchtigt wird. Allah und der Islam und auch alle anderen Religionen stehen nicht über dem Staat und auch nicht über den staatlichen Gesetzen. Religionsfreiheit und Toleranz bedeutet nicht, dass Religion über allem anderen steht.
Die Gebetszeiten sind für alle Muslime gleich, deswegen muss man nicht für jeden eine extra Gebetszeit einräumen.Und das Grundgesetz sichert die Religionsfreiheit, da steht auch die Hausordnung der Justizvollzugsanstalt nicht drüber.Wären das betende Juden würdest du diese Frage nicht mal stellen & das auch nicht kritisieren.
Falsch. Wir schränken die Religionsfreiheit der Insassen nicht ein. Im Gegenteil sogar. Wir drucken Ihnen auf Verlangen sogar die aktuellen Gebetszeiten aus und nehmen bei der Verpflegung während des Ramadans im Rahmen einer ausserordentlichen Verpflegungsrunde Rücksicht auf ihren Glauben.
Aufgrund des hohen muslimischen Anteils in den Gefängnissen wurde Schweinefleisch sogar gänzlich von der Speisekarte eliminiert. Das Einzige was wir im Gegenzug erwarten ist, dass die Ausübung ihrer Religion das Tagesgeschäft des Gefängnisses nicht beeinträchtigt. Wer seine Gebetszeiten nicht entsprechend ausrichten will, wird von uns in Übereinstimmung mit der Hausordnung und dem Justizvollzugsgesetz absolut berechtigt sanktioniert.
Wenn du dir Respekt verschaffen willst, dann nehme die Bullenpeitsche, diese Sprache verstehen sie.
Ich musste ein bisschen lachen als ich diesen Kommentar gelesen habe. Auf jeden muslimischen Insassen 10 Minuten zu warten bis er fertig gebetet hat, kann nur jemand schreiben, der vom betreuerischen Aufwand, dem engen Zeitplan und dem Arbeitsaufwand der den Aufsehern anfällt, keine Vorstellung hat.
Wie in meiner ursprünglichen Frage beschrieben, würde dies unsere Arbeit vollständig verunmöglichen. In der Realität sieht es so aus, dass ein Insasse der auf den Hofgang will, zu diesem Zeitpunkt jedoch am beten ist und nicht gewillt ist sein Gebet zu unterbrechen, so hat er dadurch entschieden, dass ihm das beten wichtiger ist und verzichtet somit automatisch auf den Hofgang.
Wenn es um eine polizileiche Einvernahme, einen Gerichtstermin oder ähnliches geht und er sein Gebet nicht unterbrechen will, so helfen wir durch die Anwendung von Zwang eben nach wenn es nicht anders geht. Das Gericht findet pünktlich statt und wartet nicht bis er fertig gebetet hat.
Es gibt auf der einen Seite die religiösen Gesetze und auf der anderen Seite gibt es eben auch die staatlichen Gesetze.
In der Religion gibt es keine Eindeutigkeit. So gelten z.B. für Christen nicht dieselben religiösen Gesetze wie für Muslime. Ja selbst in den jeweiligen Religionen unter sich gibt es Abspaltungen je nachdem wie die "heilige Schrift" interpretiert wird (Reformierte, Katholiken, Shiiten, Suniten) um nur einige Beispiele zu nennen.
Während in der Welt der Religionen Uneinigkeit herrscht und von Muslimen nicht erwartet werden kann, dass ihre religiösen Gesetze auf Christen oder Atheisten anwendbar sind, so unterliegen wir alle, unabhängig der Religion, den staatlichen Gesetzen wie z.B. dem Strafgesetz oder eben auch dem Justizvollzugsgesetz.
Der grösste Teil der Gefangenen ist selbst für ihr Schiksal und ihren Aufenthalt im Gefängnis verantwortlich. Wenn sie ihre Religion uneingeschränkt wahrnehmen wollen und nicht mit ihren religiösen Gesetzen in Konflikt kommen wollen, sollten sie vielleicht zuerst lernen sich an die staatlichen Gesetze zu halten die für uns alle gelten.
Ich bleibe dabei, sie haben sich im Gefängnis an unseren Tagesablauf zu richten, nicht umgekehrt. Wer das nicht verstehen will, hat mit Konsequenzen und Sanktionen zu rechnen. Und am Ende des Tages, sind wir am längeren Hebel.