Die Wirklichkeit ohne das Wort Gott?

6 Antworten

Wenn ich den Text richtig verstanden habe, scheint Karl Rahner zu behaupten, dass der Mensch erst dann sein volles menschliches Wesen entfaltet, wenn er sich selbst, sein Leben und seine Lebenswelt auch mal als Ganzes quasi "philosophisch" in den Blick nehmen kann. Er soll sich nicht vollkommen an das Leben in seinen Kleinigkeiten und Alltäglichkeiten verlieren, sondern auch mal zurücktreten und das Wunder des Lebens befragen. Der Begriff "Gott" ist für Rahner dabei ein wesentliches Merkmal dieser betrachtenden Einstellung des Menschen zu seiner Existenz.

Der Mensch hat meines Erachtens sicherlich das Vermögen und Potential, eine "philosophische" Haltung zum Leben und der Welt einzunehmen. Ich finde es auch zuweilen ganz bereichernd, das eigene Leben und den Lauf der Dinge in seiner Sinnhaftigkeit zu befragen. Ich glaube aber nicht unbedingt, das der Gottesbegriff für eine solche Betrachtung notwendig und elementar ist. Auch ohne Bezugnahme auf einen Gott kann ich mein Dasein "philosophisch" erhellen.

Ich finde es auch sehr bedenklich, dem Menschen das Menschsein abzusprechen, wenn er - aus welchen Gründen auch immer - eine solche Haltung nicht einnehmen kann. Der Gottesbezug ist meines Erachtens kein Gütesiegel für Menschsein.

Das Zurücktreten vor dem Großen Ganzen, das Herr Rahner als Bedingung für das Menschsein setzt, funktioniert auch tadellos ohne ein künstliches Überwesen namens Gott. Die Degeneration der Menschheit ist daher ohne das Wort »Gott« nicht zu befürchten.

Es tritt sogar eher das Gegenteil ein: denn im Gegensatz zu dem Überwesen »Gott« existiert das Weltall mit seinen unfassbaren Dimensionen ja tatsächlich und nachweisbar (von Gott kann man das nur vermuten). Das Staunen gegenüber dem gigantischen Universum befreit den Menschen zudem auch von der Anmaßung, über alles Bescheid zu wissen. Nicht einfach: »Gott hat es gemacht«, sondern: »Es gibt da ein unbegreiflich komplexes und unfassbar großes Universum. Wissenschaftler erarbeiten hierüber abstrakte Theorien, aber wirklich vorstellen kann sich das niemand.«

Das macht bescheiden und demütig, aber nicht das Philosophieren über Gott.

Hier ein Vergleich: Pubertäre Kinder verlassen ihre Eltern und gehen ihre eigenen Wege, die sie als Wahrheit bezeichnen, weil sie selbst davon überzeugt sind. - Kinder, die sich an die Anleitung ihrer Eltern halten und deren Rat und Sichtweise als Wahrheit erkennen, weil sie ebenso fest davon überzeugt sind, weil sie sie lieben. - Beide Gruppen werden es als Wahrheit sehen, Doch die mit den Eltern (GOTT) werden es zu einem besseren Ergebnis bringen. Auch was ihre Nachkommen betrifft!

Rahner ist mir zu kompliziert, rein sprachlich. Vermutlich läßt sich das, was er ausdrücken möchte, am ehesten mit der augustinischen Rede vom "homo incurvatus in se", dem "in sich gekrümmten Menschen" paraphrasieren.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung – Gläubiger Katholik

ohje...was für einen Schwachfug hat der denn da geschrieben...

einfach bedenken, dass die allermeiste Zeit sein Gott dem Rest der Menschheit unbekannt war und es hat wunderbar funktioniert.