Depersonalisation Erfahrungen?

4 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Hallo Dennis, 

ich kenne Depersonalisation aus eigener Erfahrung sehr gut. Ich selbst litt vier Jahre darunter und dies massiv. Die gute Nachricht: Sie ist gut behandelbar, wenn man die richtige Therapie macht. 

Oft ist Depersonalisation verursacht durch eine traumabedingte dissoziative Störung. So war es auch bei mir. Traumatische Erlebnisse müssen einem dabei nicht bewusst sein. Diese sind oftmals dissoziiert, d.h aus dem Bewusstsein abgespalten. 

In einer Therapie geht es dann darum, die dissoziierten Inhalte wieder ins Bewusstsein zu bringen und zu integrieren. Das Symptom Depersonalisation verschwindet dann vom alleine. 

Mehr über dissoziative Störungen findest Du hier:

http://posttraumatische-belastungsstoerung.com/dissoziative-stoerungen-symptome

Es gibt übrigens auch eine Facebook-Gruppe zu Depersonalisation/Derealisation mit circa 1.500 Teilnehmern. 

Wenn Du Fragen hast, melde Dich gerne bei mir. 

Liebe Grüße 

Stephan


DennisReallife 
Beitragsersteller
 19.06.2017, 14:08

Danke für deine überaus nette Antwort. 

Du wirst wohl recht haben, denn ich bin mir tatsächlich keines Traumatischen Erlebnisses bewusst. Ich werde wohl demnächst einen Arzt aufsuchen. Das ist ein wirklich verrücktes Gefühl.. Ich kann mir nicht ausmalen, was es ausgelöst haben könnte.. 

Mit freundlichen Grüßen, Dennis.

StephanPTBS  19.06.2017, 17:11
@DennisReallife

Hallo Dennis, danke für die "Blumen" ;) 

Wichtig ist, dass sich der Arzt / Psychiater wirklich mit dissoziativen Störungen auskennt. Viele tun dieses nämlich leider nicht, auch wenn sie meinen, sie würden sich damit auskennen. Dieses ist zumindest meine Erfahrung. Ideal wäre ein Arzt, der Erfahrungen mit der Dissoziativen Identitätsstörung / Multiplen Persönlichkeitsstörung hat. 

Wenn immer ich Dir helfen kann, lass es mich wissen. 

HERZliche Grüße

Stephan 

Ich habe selbst viele (ich kann es allerdings nicht genau beziffern) Jahre unter dem Thema Depersonalisation gelitten und habe wirklich unnötig lange gebraucht, die Dynamik zu verstehen - ich habe alle drei von der gesetzlichen Krankenversicherung getragenen Psychotherapieverfahren durch, zunächst eine TP, dann eine Verhaltenstherapie, zuletzt eine gerade zu Ende gehende analytische Psychotherapie/Psychoanalyse.

In den intensivsten Zeiten der Depersonalisation war ich unglaublich leicht reizbar und wütend, unkonzentriert, geräuschempfindlich und undsizipliniert. Kurz gesagt fehlte mir der Kontakt zu meinem Körper, den es meines Erachtens braucht, um Reize, Impulse und Emotionen zu regulieren. Ich habe mich in diesen Zeiten nie richtig gespürt und positive Erfahrungen waren eher "dumpf".

Ich habe dabei wesentliche Dinge herausgefunden, die mir letztlich dabei geholfen haben, das Thema hinter mir zu lassen.

Zum einen Traumata aus der Kindheit, die aufgrund psychischer und physischer Gewalt ihre Spuren wie Angststörungen hinterlassen haben. In der Therapie hört man oft verkopfte Dinge wie, dass man "in die Angst hinein gehen" solle und ähnliches. Dass Traumata auch im Körper sitzen, habe ich dann gemerkt, als ich TRE (Trauma Releasing Exercises) gemacht habe, auf die ich in einem Blogbeitrag gestoßen war. Erschien mir wie Hokuspokus und den Namen finde ich immer noch etwas pompös, aber das Prinzip ist simpel und es berichten doch einige (in meinen Augen) seriöse Quellen positiv darüber. Da kamen intensivste Emotionen und Affekte zutage, es wurde viel geweint und gewütet - allerdings nicht unkontrolliert. Klare Empfehlung meinerseits, ohne TRE würde ich heute immer noch wie ein Opfer meiner Kindheit durchs Leben gehen.

Der zweite Punkt sind mediale Süchte, die ich bis zu einem gewissen Punkt nicht wahrhaben wollte/konnte. Serien/Social Media/Pornographie/Videospiele, alles dabei. Erst der Abstand von diesen Themen ließ mich wieder zurückkehren - bzw. lässt, denn ich habe erst vor 6 Wochen festgestellt bzw. mir eingestehen können dass auch Fernsehen/Streaming ein süchtiges Verhalten bei mir auslösen können. Die Veränderungen seitdem sind enorm und werden jeden Tag besser spürbar, genau wie mein Körper. Ich kann nur jede und jeden dazu ermutigen, einmal Phasen der Abstinenz auszuprobieren, meine Empfehlung sind mindestens 6 Monate, aber das ist nur meine Erfahrung und sicherlich individuell. Die Betäubung, die ich in den Medien (wenn auch unbewusst) gesucht habe, habe ich bekommen. Das Leben war so etwas leichter zu ertragen, weil es nicht das gab, was ich gebraucht hätte. Aber wie das so ist, ab einem gewissen Punkt hindern einen die (Überlebens-)Mechanismen aus der Kindheit die Weiterentwicklung. Was die Beziehung zu sich selbst und zu anderen angeht.

Depersonalisation ist eine psychische Krankheit aus der Gruppe der dissoziativen Störungen. Körperteile (insbesondere die Glieder) werden als nicht zugehörig zum Körper empfunden. Manche beschreiben die Krankheit auch so, dass es ist wie ein Roboter zu funktionieren. Man kann sich im Spiegel anschauen und hat das Gefühl eine fremde Person zu sehen.

Im Gegensatz zu Krankheiten aus dem schizophrenen Formkreis sind Menschen mit Depersonalisation völlig bei Sinnen. Sie wissen, dass etwas nicht stimmt und können einwandfrei zwischen Fiktion und Realität unterscheiden. Aber das weisst du vermutlich schon.

Depersonalisation titt häufig im Zusammenhang mit anderen psychischen Erkrankungen (z.B. Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen oder ferner auch Depressionen) auf. Von dem her solltest du dich auch auf diese Krankheitsbilder untersuchen lassen. Selten ist eine Depersonalisation, welche isoliert auftritt (kann jedoch durchaus vorkommen).

Die Frage ist also, wie man Depersonalisation behandelt, denn das Leben mit dieser Krankheit ist alles andere als lustig.

Bei einer Depersonalisation, welche im Zusammenhang mit anderen psychischen Erkrankungen auftritt behandelt man primär die zugrunde liegende Krankheit. Bei einem isolierten auftreten ist die Behandlung sehr schwierig und meist langwierig.

Es gibt natürlich Depersonalisationen die von alleine wieder verschwinden, doch meist ist eine Psychotherapie das oberste Gebot. Wichtig ist es eine Psychotherapie zu machen, die ein gewisses Konzept hat (z.B. Verhaltenstherapie oder Psychoanalyse). Ein oberflächliches Gespräch beim Arzt oder Psychologen ist nicht mit einer richtigen Psychotherapie vergleichbar. In einer Psychotherapie lernst du dich Schritt für Schritt deiner Krankheit zu stellen und diese langsam zu überwinden.

Medikamente die gegen Depersonalisation zugelassen sind gibt es nicht. Es gibt jedoch Hinweise, dass Lamotrigin und Aripiprazol dagegen helfen können.

Mehr zu Lamotrigin: http://deprimed.de/lamotrigin/
Mehr zu Aripirazol: http://deprimed.de/aripiprazol/

PS: Ich selbst leide unter Derealisation (die Umfeld kommt einem völlig unreal vor).

Was verstehst unter Depersonalisation ?Wie wirkt sich das bei dir aus ?

(Immerhin schreibst du noch ein klares verständliches und korrektes Deutsch.)


DennisReallife 
Beitragsersteller
 17.06.2017, 23:06

Ich bin auch keineswegs in meinem Verstand gestört. Ich fühle mich nur getrennt von meinem Körper, ich fühle mich als wäre ich meine Gedanken alleine. Blicke ich in den Spiegel, sehe ich einen fremdem Menschen, Bewegungen sind automatisiert, ich kann diese sehr wohl willentlich ausführen, fühle mich aber nicht wie der Ausführende, sondern viel mehr wie ein Beobachter. Bewege ich mich umher, bin ich nicht dort, wo ich physisch bin, sondern im Geiste wo anders. Ich bin nicht das physische ich.