Darf man Informatiker und Ingenieure als Wissenschaftler bezeichnen?

5 Antworten

Das hängt davon ab, was man unter dem Begriff "Wissenschaftler" verstehen möchte. Wissenschaft ist nämlich nicht gleich Wissenschaft...

Zunächst unterscheidet man ganz grundsätzlich zwischen Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften. Was ist jetzt des?

Also Geisteswissenschaften werden von ihren Vertretern auch gerne "Erkenntniswissenschaften" genannt. Dies sind Fächer wie Philosophie, Theologie, aber auch Mathematik. Sie beschäftigen sich mit der reinen Logik, mit Dingen, die man sich "im Geiste" überlegen kann, im weiteren Umfeld auch mit historischen Texten aus den jeweiligen Fachgebieten. Die Philosophie ist ja sozusagen sowieso "die Mutter" aller Wissenschaften...

Dem gegenüber stehen die Naturwissenschaften oder auch Erfahrungswissenschaften. Sie sind dem Namen nach der Natur verpflichtet. Der Unterschied ist also, dass Erkenntnis hier gewonnen wird, indem Vermutungen an der Natur (im Experiment oder andere Beobachtung) überprüft werden. Vermutungen, die sich nicht mit den Beobachtungen decken, werden verworfen - obwohl sie vielleicht formal logisch korrekt waren. (Prinzip der Falsifizierung) Eine naturwissenschaftliche Aussage kann also an der Erfahrung scheitern, eine geisteswissenschaftliche muss dafür in sich unlogisch sein. Die klassischen Naturwissenschaften sin Physik, Chemie und Biologie.

Ingenieure und Informatiker passen offensichtlich nicht richtig gut in eines der beiden Lager. Ingenieure stehen aber in der Praxis den Naturwissenschaften sehr nahe, weil ihre Arbeit oft auf der Anwendung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse beruht. Deshalb gibt es auch den Studiengang "Ingenieurwissenschaften".

Eine Folge dieser Überlegung ist, dass man alle Vertreter dieser Berufsgruppen als "Wissenschaftler" bezeichnen kann, wenn mit diesem Begriff eben nicht nur der klassische Naturwissenschaftler gemeint ist.


Rowal  22.09.2012, 11:49

Die Mathematik zählt weder zu den Geisteswisssenschaften noch zu den Naturwissenschaften. In der universitären Organisation ist die Mathematik allerdings meistens in der Fakultät für Naturwissenschaften angesiedelt, unter anderem deshalb, weil die Mathematik als "Hilfswissenschaft" unentbehrlich ist. Geisteswissenschaften wie die Philosophie und die Theologie haben reflektierenden Charakter. Es geht zum Beispiel um die Erkenntnisfähigkeit des Menschen, um die Rolle des Menschen in der Welt, um Hermeneutik usw. Damit hat natürlich die Mathematik nichts zu tun. Hier geht es ausschließlich um Urteile "a priori" - in der Termiologie von Kant.

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Die Zielsetzung der Wissenschaft ist die Gewinnung von allgemeingültigen Erkenntnissen. Diese Zielsetzung ist auch bei Informatikern und Ingenieuren vorhanden, nur stehen am Ende eines Informatik- oder Ingenieur-Projektes keine abstrakten Modelle sondern materielle Modelle, anhand deren Funktionieren bewertet werden kann, wie gut die Erkenntnissgewinnung gelungen ist. Demgemäß können Informatiker und Ingenieure prinzipiell als Wissenschaftler bezeichnet werden. Eine Einschränkung ist jedoch, dass die gefundenen Lösungen oft sehr spezieller Natur sind und wenig allgemeinen Charakter haben.


Melanie19880203  21.09.2012, 11:46

Eine Einschränkung ist jedoch, dass die gefundenen Lösungen oft sehr spezieller Natur sind und wenig allgemeinen Charakter haben.

Stimmt. Nur in den Fällen wo die Programmierung Bereiche wie zum Beispiel der Linguistik berührt und somit Allgemeingültigkeit besitzt kann es als Wissenschaft bezeichnet werden. Oder ein anderes Beispiel ist die Programmierung von Künstlicher Intelligenz, denn diese Erkenntnisse sind wichtig im Bereich der Erkenntnistheorie und der Bewusstseinsforschung. Ansonsten ist die Informatik eher eine Art "Handwerk" ... und das ist gut so, sonst wären eine Menge Informatiker schon arbeitslos.

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Ja, denn es gibt einen extra Bereich in den Wissenschaftsdiszipinen extra für Computerwissenschaften und Informatik.

All das ist selbst ne Wissenschaft für sich.

Informatik gehört deswegen an den Hochschulen zu den MINT Fächern. MINT steht für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaft Technik.

Und der Abschluss eines Informatikers heißt heutzutage Bachelor of Science oder, falls er weiterlernt Master of Science.

Darf man, es gibt kein Gesetz dagegen.

Du darfst sogar Kühe und Bullen Polizisten nennen.