Darf ein Pfarrer unter keinen Umständen das Beichtgeheimnis verraten?
Die Frage beschäftigt mich schon länger. Und zwar: Im Religigonsunterricht hatten wir es davon, ob ein Pfarrer etwas verraten darf, was ihm jemand gebeichtet hat. Grundsätzlich nein. Aber was ist, wenn jemand beichtet, dass er z.B. ein Mädchen vergewaltigt hat? Er könnte es ja immer wieder tun! Darf der Pfarrer dann die Polizei verständigen, um andere Mädchen zu schützen? Oder darf er das nicht, weil er ja eigentlich das Beichtgeheimnis wahren muss?
17 Antworten
Wiederholt sind wir mit Fragen zum Beichtgeheimnis konfrontiert.
Daher hier einige Informationen dazu:
Kirchenrecht
Das Beichtgeheimnis ist im kanonischen Recht (1983) unbedingt behauptet ("Das Beichtgeheimnis ist unverletzlich", can. 983 §1 CIC) und die direkte Verletzung desselben wird mit Exkommunikation bestraft (can. 1388 CIC).
Es wurde aber auch schon zuvor in der Kirche anerkannt und gilt somit rechtsgeschichtlich als eine der ältesten Datenschutzvorschriften. Es bindet den Beichtvater und "falls beteiligt, den Dolmetscher und alle anderen ..., die auf irgendeine Weise aus der Beichte zur Kenntnis von Sünden gelangt sind" (can. 983 §2 CIC).
Dabei ist es unerheblich, ob die Beichte durch die Absolution "erfolgreich" beendet wird.Der evangelische Geistliche hat ebenfalls das in den Pfarrdienstgesetzen der Landeskirchen geregelte Beichtgeheimnis zu beachten.
Es ist gegenüber jedermann „unverbrüchlich“, selbst eine Entbindung durch den Betroffenen ist daher, anders als beim davon zu unterscheidenden Seelsorgegeheimnis, nicht möglich.
Daneben existiert im Bereich der Kirchenverwaltung die „Amtsverschwiegenheit“, von der durch die vorgesetzte Kirchenbehörde entbunden werden kann.
Deutschland: Staatliches Recht
Zeugnisverweigerungsrecht
Sowohl im deutschen Zivil- als im Strafprozess sind Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei Ausübung der Seelsorge anvertraut ist, zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt.
Für den Strafprozess folgt dies aus §53 Absatz 1 Nr. 1 der Strafprozessordnung, für den Zivilprozess aus §383 Absatz 1 Nr. 4 der Zivilprozessordnung (ZPO).
Entgegen dem Wortlaut des §385 Absatz 2 ZPO verpflichtet selbst eine (kirchenrechtlich meist unwirksame, s.o.) „Entbindung“ nicht zum Zeugnis.
Für die römisch-katholische Kirche ergibt sich das aus Artikel 9 des Reichskonkordats und für andere Religionsgemeinschaften aus dem Gleichheitsgrundsatz.
Wer Geistlicher in diesem Sinne ist, bestimmt sich nicht nach einem bestimmten Status (Priesterweihe, Ordination), sondern nach der Funktion, zur Seelsorge berufen zu sein.
Auch Pastoralreferenten, nicht-ordinierte Seelsorger, Gemeindediakone usw. kommen deshalb als Inhaber des Aussageverweigerungsrechts in Frage.
Nichtanzeige geplanter Straftaten
Für Geistliche besteht gem. §139 Abs. 2 Strafgesetzbuch auch keine Anzeigepflicht, selbst wenn sie in ihrer Eigenschaft als Seelsorger von dem Vorhaben eines Hochverrats, Landesverrats, Münzverbrechens, Mordes, Totschlages, Raubes, Menschenraubes oder eines gemeingefährlichen Verbrechens glaubhaft Kenntnis erhalten.
Damit nimmt das staatliche Recht auf den Gewissenskonflikt des Geistlichen und die Glaubwürdigkeit der betroffenen Religionsgemeinschaft Rücksicht.
Reformvorhaben des Bundesinnenministeriums
Im Januar 2008 plante erstmals eine Bundesregierung unter Federführung des Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble den Abhörschutz für Geistliche ( §100c Abs. 6 StPO) einzuschränken. Dies traf auf heftige Proteste seitens der christlichen Kirchen.
In der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung des BKA-Gesetzes findet dieses Vorhaben keine Entsprechung.
Das bezieht sich nicht nur auf die römisch/katholische Kirche und die Evangelische Kirche, sondern auch auf Religionsgemeinschaften die in diesen Kirchen sind.
Beispiel:
Der "Marburger Kreis", benannt nach seinem Entstehungsort Marburg, ist evangelisch ausgerichtet und gehört auch zur EKD (Evangelische Kirche Deutschlands).
Die Mitglieder, die in diesem Kreis als Seelsorger tätig sind, unterliegen ebenso dem Beichtgeheimnis. Obwohl sie keinerlei Theologische Ausbildung, über ein Studium gemacht haben. Es sind Laien-Geistliche.
Ihr Status ist im Hinblick auf das Beichtgeheimnis aber dem eines Pfarrers gleichgestellt.
Gruß Michael
Nein, der Pfarrer darf nicht die Polizei verständigen.
Nein,das darf er leider nicht.
Aber jemand der das dem Pfarrer aufrichtig beichtet und Gott um Vergebung bittet,hat den Fehler bestimmt eingesehen und wird es hoffentlich nicht mehr tun.
Jeder Pfarrer wuerde in einem solchen Fall der Polizei einen "anonymen" Hinweis geben.
Wobei ich es fuer ausserst unwarscheinlich halte, dass ein Verbrecher nach seiner Tat zur Beichte geht!
Er kann Anzeige erstatten wenn er will, muss aber nicht.
http://dejure.org/gesetze/StPO/53.html
§ 53 StPO - Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen
§ 139 Straflosigkeit der Nichtanzeige geplanter Straftaten .... (2) Ein Geistlicher ist nicht verpflichtet anzuzeigen, was ihm in seiner Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden ist....Unter denselben Voraussetzungen ist ein Rechtsanwalt, Verteidiger, Arzt, Psychologischer Psychotherapeut oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut nicht verpflichtet anzuzeigen, was ihm in dieser Eigenschaft anvertraut worden ist. Die berufsmäßigen Gehilfen der in Satz 2 genannten Personen und die Personen, die bei diesen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind, sind nicht verpflichtet mitzuteilen, was ihnen in ihrer beruflichen Eigenschaft bekannt geworden ist.
(4) Straffrei ist, wer die Ausführung oder den Erfolg der Tat anders als durch Anzeige abwendet. Unterbleibt die Ausführung oder der Erfolg der Tat ohne Zutun des zur Anzeige Verpflichteten, so genügt zu seiner Straflosigkeit sein ernsthaftes Bemühen, den Erfolg abzuwenden.