Bin ich ein eventueller Narzisst?
Ich bin im Internet mit dem Thema Narzissmus in Berührung gekommen und ich erkenne mich in den beschriebenen Verhaltensweisen. Ich möchte hier zum Beispiel erwähnen:
-Ich denke permanent an mich und wo ich toll bin, wo ich nicht toll bin, was ich gut mache, was ich nicht gut mache etc. Ob positiv oder negativ, es geht nur um mich
-Ich finde mich selbst gutaussehend und sehe mich nicht ungern im Spiegel an, bin sehr groß und sehe sehr mächtig aus
-Ich mach mir dauernd Sorgen um mich selbst, aber kaum um andere
-Alles muss sich meinen Bedürfnissen unterordnen, andere haben für mich da zu sein, wenn ich sie brauche, seit ich Christ bin schaue ich mehr auf die anderen Menschen und versuche auch für sie da zu sein
-Bevor ich Christ wurde, war ich voller Neid und Hass auf andere, denen es besser geht
-Bevor ich Christ wurde, hatte ich immer Panik ein Opfer zu sein, ein Opfer sein war für mich eine unvorstellbare Schande, wenn ich dachte ich bin ein Opfer oder ein Verlierer habe ich Selbsthass entwickelt und mich sogar geschlagen und gekratzt. Der Anlass dafür konnte schon sein, wenn eine Person mit z.B. der selben Nationalität, der selben Haut,- Haar- und Augenfarbe oder dem selben Geschlecht wie ich gegen jemanden mit anderer Nationalität, anderer Haut-, Haar- und Augenfarbe oder anderem Geschlecht verloren hat. Andere Menschen die Opfer waren habe ich verachtet, Täter bewundert, aber auf Täter war ich auch neidisch, weil ich selbst gerne der Täter/Sieger gewesen wäre
-Meine Traumfrau stelle ich mir als weibliche Version von mir vor. Sie muss mein Anhängsel mit der gleichen Haut-, Haar- und Augenfarbe sein.
-Bevor ich Christ wurde, wurde ich wenn mich jemand nur im geringsten Angriff extrem aggressiv, brüllte und drohte sogar Frauen mit Gewalt. Ebenso aggressiv wurde ich, wenn ich das Gefühl hatte, dass jemand mir was in den Weg legen will oder mich und meine Interessen nicht respektiert. Ich war dann so furchterregend, dass sogar eine ganz gefürchtete Zicke sich irgendwann nur noch wenig gegen mich getraut hat
-Gegen eine Frau die ich hübsch finde zu verlieren, wäre der größte Albtraum für mich gewesen, außer sie ist meine mir selbst ähnliche Traumfrau
Ich habe/hatte aber auch Eigenschaften, die gegen Narzissmus sprechen:
-Ich wollte bei Treffen mit anderen Menschen nicht unbedingt im Mittelpunkt stehen, sondern fühlte/fühle mich sogar eher unauffällig am Rande wohl
-Ich bin im Gespräch eher unsicher und versuche mich zu verstellen und auf cool zu machen, obwohl mein Charakter gar nicht cool sondern ziemlich langweilig ist
Als Christ hat sich vieles gebessert, aber einiges ist noch immer wie beschrieben. Ich hoffe, dass ich so bleibe wie ich bin, aber dennoch ein guter Mensch sein kann, der sich selbst nicht ständig in den Mittelpunkt stellt und für andere Menschen lebt. Bin ich ein Narzisst?
6 Antworten
Ich kann keine Diagnose stellen. Nicht mal die von Narzisstischen Zügen oder sowas.
Was ich häufiger sehe ist ein 'bevor ich Christ wurde'. Das kann man im Endeffekt vernachlässigen, denn das ist ja inzwischen nicht mehr so. Alles andere geht sehr in RIchtung '*sehr auf dich selbst bedacht', doch das muss nicht unbedingt pathologisch sein, das kann auch Eitelkeit sein oder sehr sehr starke Selbstreflektion etc. etc.
Schon die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema und der Umstand, dass du nicht mit einem möglichen Narzissmus kokettierst kann auch als Indiz dagegen gewertet werden.
Kurzum: Geh zu einem Fachmann, wenn du das genau geklärt haben willst. Doch eine Persönlichkeitsstörung als solche wird in der Regel nicht durch das Christentum geheilt.
gut möglich, aber Selbstliebe an sich ist nicht unbedingt was Schlechtes – entscheidend ist, wie man damit umgeht, ob man z. B. andere vernachlässigt
Das lässt sich ganz leicht beantworten. Wenn diese Dinge aif dich zutreffen leidest du unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung. Wen nur 1-2 zutreffen bist du es nicht.
- Hält sich für den Besten
- Hält sich für wichtiger als andere
- Lügt viel
- Hat Anspruchsdenken
- Gönnt niemandem Erfolg ausser sich selbst
- Ist sehr schadenfroh
- Sein ganzes Leben ist ein Lüge und alles dreht sich um die Selbstdarstellung
- Er zieht andere runter um sich höher zu fühlen. (Toxisches Verhalten)
- Sehr egoistisch
- Sehr wenig bis garkeine Empathie
Übrigens noch ne kleine nachträgliche Ergänzung zu meiner Antwort.
Mein alter Psychotherapeut war auch Christ. Total strenggläubig. Hielte sich für einen total tollen Gutmensch.
Seine eigenen narzisstischen Eigenschaften hat er abgespalten. Weil sowas ist ganz dolle böse und darf nicht existieren. Er ist nur ein toller Mensch, weil er gläubig ist.
Die Folge davon war, dass er in anderen Menschen ganz schlechte Menschen gesehen hat. Er hatte total Hass auf Menschen mit Borderline und Narzissmus. Wohlgemerkt als Therapeut. Der Hass ging so weit, dass emotionaler Missbrauch, Lügen und Manipulation gegenüber solchen Menschen seiner Meinung nach angebracht sei und in Ordnung ist. Selbst dann, wenn sie nichts gemacht haben. Denn das ist nur für ihr Wohl und damit sie sehen, dass sie psychisch gestört seien.
Dadurch dass er seine eigenen narzisstischer Anteile geleugnet hat, hat er angefangen sie auf andere zu projezieren. Hat also Menschen schlecht behandelt und das sich selbst damit gerechtfertigt, sie seien schlechte Menschen. In Wahrheit sind diese Patienten aber oft keine schlechten Menschen - und er projeziert das alles nur.
Wollte damit einfach mal als Extrembeispiel aufzeigen, dass es wichtig ist, Akzeptanz nicht nur danach zu suchen, was "christlich" ist. Man sollte auch seine unchristlichen Anteile akzeptieren und nicht unterdrücken. Und auch wenn meine Antwort vielleicht ein wenig danach klingt - mich würds wundern, wärst du Narzisst. Vielleicht narzisstischer Tendenzen - aber sowas ist meistens garnicht so schlimm
Klingt, als hättest du narzisstische Züge gehabt. Das haben viele Menschen, und in Maßen muss es nicht per se schlecht sein. Btw zu: "-Ich bin im Gespräch eher unsicher und versuche mich zu verstellen und auf cool zu machen, obwohl mein Charakter gar nicht cool sondern ziemlich langweilig ist". Das spricht eher für Narzissmus :D
Es gibt ein paar Punkte, die definitiv gegen eine narzisstische Persönlichkeitsstörung sprechen:
1. Die allerwenigsten Narzissten lerne innerhalb ein paar Jahre sich so gut zu reflektieren, wie du es bei dieser Frage getan hast.
2. Hast du projeziert? In anderen Dinge gesehen, die du an dir nicht magst? In anderen Dinge gesehen, die du an dir gut findest? Die die anderen Menschen in Wahrheit kaum/ garnicht haben? Sowas verzerrt die Warnehmung.
3. Narzissten brauchen Bestätigung um ihr hohes "Fake-Selbstbewusstsein" aufrecht zu erhalten. Da du nie im Mittelpunkt stehen wolltest, war das bei dir vermutlich nicht der Fall
4. Manipulation verwenden Narzissten extrem häufig. Im Text war davon nie die Rede.
5. Hast du eine innere Leere gehabt? Richtige Narzissten haben abgesehen von Wut und Neid idR keine Gefühle.
Wie du siehst, hast du vermutlich etwas deine Unsicherheiten kompensiert. Aber richtiger Narzissmus ist da noch ein paar Stufen höher :)
Ich weiß nicht, woher du deine Informationen über Narzissmus und die narzisstische Persönlichkeitsstörung hast, aber davon stimmt einiges nicht.
Lies dir mal die Diagnosekriterien durch, da ist zum Beispiel nicht die Rede davon, dass Menschen mit narz. PS keine Gefühle haben außer Wut und Neid. Auch nicht, dass sie nicht reflektiert sein können. Es kann auch sein, dass sie noch nie in ihrem Leben Bestätigung bekommen haben. Es gibt zur Zeit leider sehr viele "Informationen" über Narzissmus, die nur der Erfahrung einzelner Menschen mit anderen einzelnen Menschen entspringen. Bitte nicht alles glauben, sondern sich in der Fachliteratur informieren.
Das ist mir bewusst. Trotzdem trifft es auf die allermeisten Narzissten so zu. Ich denke auch, dass ein narzisstischer Mensch ohne übermäßige Wut oder Neid idR nicht therapiebedürftig ist.
Und guck dir mal weiblichen Narzissmus bzw vulnerabel fragil oder wie man den nennt an. Jeder Therapeut mit Ahnung Richtung NPS würde sagen, ihn gibt es. Aber anhand der Diagnosekriterien wäre das ebenso kein Narzissmus.
Und richtige Narzissten können sich nicht gut reflektieren. Das liegt vorallem an Projektion und dass sie schlechte Dinge nicht in ihr Selbstbild integrieren können
Da hast du schon recht, den Diagnosekriterien sollte man nicht blind folgen. Sie sind rein deskriptiv, beruhen also nicht auf einer belegten Theorie, sondern auf Beobachtung. Sie wurden zu einer bestimmten Zeit geschrieben und können sich ändern. Aber auf etwas muss man sich eben (vorläufig) einigen.
Es gibt viele Konzepte und Theorien rund um den Narzissmus, die teilweise sehr plausibel, aber offiziell nicht anerkannt sind. Was der "Kern" des Narzissmus ist, dazu gibt es keinen Konsens. Deshalb stört es mich, dass es im Internet zur Zeit so viele "Experten" gibt, die genau zu wissen meinen, was ein Narzisst ist und was nicht.
Ich bin psychologischer Psychotherapeut. Gerade deshalb würde ich nicht bei jemandem, den ich nie persönlich getroffen habe, eine PS ausschließen.
Was ich mal spannend fände weil du Psychotherapeut bist - Narzissten richten ja oft enormen Schaden an Mitmenschen an.
Wie würdest du das einschätzen - wieviel davon ist vorsätzlich und gewollt? Wieviel ist eher "ausversehen"? Merken sie überhaupt, dass sie idR schlechte Menschen sind?
Je schwerer die PS, desto weniger reflektiert sind die Menschen in der Regel, weil ihre verzerrte Wahrnehmungund Denkweise das verhindert - das stimmt natürlich. Das heißt aber nicht, dass diejenigen, denen ihre Muster bewusst sind, nicht therapiebedürftig sind. Die Erkenntnis ist oft belastend. Und sie macht eine Therapie erst möglich.
Schlechte Menschen, schwieriges Wort... was ist das überhaupt? Ich hatte noch nie einen Patienten, von dem ich sagen würde, dass er/sie ein schlechter Mensch ist. Aber das liegt bestimmt auch daran, dass die nicht unbedingt in Therapie kommen :) Weil sie zu schwer gestört sind, oder weil sie einfach schlechte Menschen sind - das ist eher eine philosophische Frage. Werden schlechte Menschen schon schlecht geboren? Wenn nein, werden sie es irgendwann- was vielleicht bedeutet, dass sie auch wieder "gute" Menschen werden können...
Aber zurück zu den narzisstischen Patienten, mit denen ich bisher zu tun hatte: natürlich verhalten die sich oft abwertend und von außen betrachtet wie Arschlöcher. Vor allem zu Beginn der Therapie. Manchmal ist es ihnen gar nicht bewusst, weil sie sich schwer in andere hineinversetzen können. Manchmal verhalten sie sich so, weil sie in einen außergewöhnlichen Gefühlszustand geraten, und ein "Programm abspielen", das sie irgendwann gelernt haben. Und hinterher tut es ihnen leid und sie können es sich selbst nicht erklären. Manchmal sind sie auch überzeugt, dass die Person es verdient hat, das deutet dann eher auf eine schwerere Störung hin. Wenn sich das nicht ändert, macht eine Therapie natürlich keinen Sinn.
All diese Dinge versucht man in der Therapie zu ändern, was aber viel Arbeit für die Patienten bedeutet und nur Sinn macht, wenn sie wirklich was ändern wollen.
Danke dir :)
Hast du es denn schon geschafft, dass richtige Narzissten zu ihren Gefühlen finden?
Und denkst du, Narzissmus ist unter Therapeuten häufig?
Zu ihren Gefühlen finden, ja, definitiv. Das ist aber erst der Anfang :)
Es gibt Therapeuten mit narzisstischen Persönlichkeitszügen, aber Persönlichkeitsstörungen sind zum Glück sehr selten. Psychologische und ärztliche Psychotherapeuten machen eine lange Ausbildung, zu der auch Selbsterfahrung gehört. Man setzt sich mit der eigenen Persönlichkeit auseinander, damit man z.b. nichts eigenes in die Pat hinein projiziert und seine eigenen Gefühle dem Pat gegenüber einordnen kann. Vorsichtig wäre ich bei Heilpraktikern, da die Ausbildung recht oberflächlich ist und keine Selbsterfahrung beinhaltet. Da tummeln sich schon auch Narzissten, die sich überschätzen ("wozu eine lange Ausbildung, das kann ich auch so, weil ich eine besondere Gabe habe") und wenig reflektiert sind. Kann man natürlich nicht verallgemeinern, aber ohne sich mit Hilfe einer außenstehenden Person mal gründlich reflektiert zu haben finde ich es nicht gut, andere zu therapieren.
Finde es super von dir, wie du da rangehst. Glaube einige machen es sich da ein wenig einfach a la "eh nicht heilbar". Wollt ich einfach mal gesagt haben ^^
Dem schließe ich mich auf jeden Fall an. Narzisstische Menschen haben auch sehr oft extreme Angst davor, dass sie als "nur" normaler Mensch gesehen werden. Sie haben Angst, nur ein Durchschnittstyp zu sein und nichts besonderes. Ja, Narzissmus hat im Grunde auch viel mit Angst und Scham zu tun.