Beste Lebensform und ebenso die zweitbeste Lebensform - Aristoteles. In der ersten wird auch beschrieben, was die Lebensform eben nicht ausmacht.?

2 Antworten

allgemein zu den Lebensformen, in denen Glück(seligkeit) (griechisch: εὐδαιμονία [eudaimonia]), gleichgesetzt mit einem guten Leben und Wohlergehen, gesucht wird:

https://www.gutefrage.net/frage/an-die-philosophen-was-meint-aristoteles-damit#answer-429144977

Nach Auffassung von Aristoteles ist die beste Lebensform die betrachtende/theoretische Lebensform (griechisch: βίος θεωρητικός [bios theoretikos]). Dazu gehört Hingabe an die Philosophie.

Die Lebensform bereitet Freude. Aber das, was sie spezifisch ausmacht, in Abgrenzung zu anderen Lebensformen, ist nicht Lust. Lust ist kennzeichnend für die Lebensform des Genusses/der sinnlichen Lust (griechisch: βίος ἀπολαυστικός [bios apolaustikos]).

Nach der Darstellung bei Aristoteles, Nikomachische Ethik 1, 3 gehören zu dem, das die beste Lebensform (die betrachtende/theoretische Lebensform) nicht ausmacht:

  • Lust
  • Ehre/Ruhm
  • Gelderwerb/Reichtum

Eine Bevorzugung der Lust (griechisch: ἡδονή [hedone]) als Ziel (die Menge/Masse und die derbsten Leute ergreifen diese Lebensform) erscheint Aristoteles als sklavisch, weil bei dieser Wahl das Leben von Weidevieh bevorzugt wird.

Ehre/Ruhm (griechisch: τιμή [time]) als Ziel (von den geistreichen und tatkräftigen Leuten gewählt) ist fast das Ziel des politischen Lebens. Weil aber Ehre/Ruhm in dem Ehrenhaften liegt und weil Ehre/Ruhm gesucht wird, um sich selbst zu überzeugen, gut zu sein, und Ehrung durch die Verständigen und Bekannten aufgrund eigener Vortrefflichkeit/Tugend/Tüchtigkeit erstrebt wird, ist Vortrefflichkeit/Tugend/Tüchtigkeit ein höheres Ziel als Ehre/Ruhm. Allerdings ist sogar Vortrefflichkeit/Tugend/Tüchtigkeit (griechisch: ἀρετή [arete]) insofern als höchstes Ziel unvollkommen, als jemand in ihrem Besitz auch schlafen oder das Leben lang untätig sein kann und auch mit Vortrefflichkeit/Tugend/Tüchtigkeit Schlechtes erleiden und in größtes Unglück kommen kann.

Gelderwerb/Reichtum als Lebensziel hat etwas Gewaltsames/Zwanghaftes an sich. Geld/Reichtum ist nur Mittel zu anderen Zwecken.

Nach der Darstellung bei Aristoteles, Nikomachische Ethik 10, 7 ist Glück(seligkeit) (griechisch: εὐδαιμονία [eudaimonia]) eine der Vortrefflichkeit/Tugend/Tüchtigkeit gemäße Tätigkeit und daher wohlbegründet Tätigkeit gemäß der vorzüglichsten Vortrefflichkeit/Tugend/Tüchtigkeit. Dies ist Vortrefflichkeit/Tugend/Tüchtigkeit des Besten. Ob nun dieses Beste der Geist/die Vernunft (griechisch: νοῦς [nous]) oder etwas anderes ist, das seiner Natur nach herrscht und leitet und Einsicht in das Schöne und Göttliche hat, oder das Göttliche oder das Göttlichste in uns: Die Tätigkeit gemäß der spezifischen (dem Wesen Mensch eigentümlichen) Vortrefflichkeit/Tugend/Tüchtigkeit ist die vollendete Glückseligkeit.

Bereiche, in denen die praktischen Vortrefflichkeiten/Tugenden/Tüchtigkeiten (im Unterschied zu denen der betrachtenden/theoretischen Lebensform) zum Einsatz kommen, sind nach Aristoteles, Nikomachische Ethik 10, 7, 1177 b:

  • Politik
  • Krieg

Bei der betrachtenden/theoretischen Lebensform ist Vortrefflichkeit/Tugend/Tüchtigkeit des Geistes/der Vernunft am Wirken, bei der praktischen Lebensform sind es praktische Vortrefflichkeiten/Tugenden/Tüchtigkeiten. Sogar bei der Lebensform des Genusses könnte jemand tüchtig/vortrefflich in der Sinneswahrnehmung ein.

Bei Aristoteles ist eine Unterscheidung wichtig, um welche Vortrefflichkeiten/Tugenden/Tüchtigkeiten es geht.

Vielleicht hat der alte Grieche Dinge behauptet, die er noch nicht googeln konnte; wir dürfen uns auch weiterentwickeln, ob zu unerem Vor- oder Nachteil, müssen unsere Urenkel beurteilen.