Alte C-Klasse (W202) als Gebrauchtwagen?
Hallo,
Da sich mein Golf IV von mir verabschiedet (hat) bin ich (20) auf der Suche nach einem neuen Auto.. Budget liegt so bei 4000-5000 Euro.
Eignet sich eine C-Klasse in der Baureihe W202 als guter Gebrauchtwagen?
Natürlich solange auf den ersten Blick alles passt (Rost, komische Geräusche, ...)
Viele sind ja immerhin schon 25 Jahre alt..
Sollte auch die ein oder andere Urlaubsfahrt durchhalten können, ansonsten am Wochenende für die Fahrt in die Heimat (~50km)
Was gäbe es sonst für Alternativen im Budget?
LG und danke für alle Antworten :)
Edit: Habe bereits eins im Auge, wären ca. 160000km gelaufen..
1 Antwort
Ich fahre so einen Wagen seit vielen Jahren (C180 Classic Automatik von 1997, 277.500 Kilometer; vor etlichen Jahren gebraucht gekauft und aufgrund seiner Robustheit über die Jahre behalten - es war nie geplant, dass der bei uns 25 Jahre alt wird) und kann kompakt sagen: Ich bin nie günstiger bzw. wirtschaftlicher und entspannter Auto gefahren und würden den W202 nicht nur wieder kaufen, sondern auch weiter empfehlen. Allerdings würde ich keine 4000 Euro ausgeben, der typische W202 kostet bestenfalls 2500 Euro, wenn man nicht einen mit allen Extras und 80.000 Kilometern und ohne Rost haben will.
Rost betrifft zwar viele Exemplare, aber nicht jeden W202. Meiner fängt jetzt allmählich ganz langsam an der Unterkante der Fahrertür außen und am Kotflügel vorn links an zwei Stellen an zu pilzen, aber das darf er bei dem Alter und der Laufleistung und ich mache da jetzt auch nix mehr, weil ich das Auto nicht als Oldtimer im Superzustand fahren will, sondern als Gebrauchsfahrzeug mit robuster Technik. In Bremen produzierte Exemplare (ehemaliges Borgward-Werk) sind tendenziell besser verarbeitet und weniger rostfreudig denn die C-Klassen aus Sindelfingen. Weil das damals schon bekannt war, legte ich Wert auf ein norddeutsches Fahrzeug. Man erkennt Bremer C-Klassen an der Fahrgestellnummer "WDB202...1F......" statt "WDB202...1A......" für Sindelfingen.
Typische Schwachstellen des W202 sind schnell erzählt: Schlüssel und Zündschlösser, ab 1997 das ELCODE-Schloss; Rost natürlich, dazu die Traggelenke vorn und alle 90.-100.000 Kilometer die vorderen Spurstangenköpfe, dazu kann beim M111 Benzinmotor (C180 bis C230) bei höherer Laufleistung die Zylinderkopfdichtung zwischen dem 3. und 4. Zylinder undicht werden (Merkmal dafür ist Kühlwasserverlust ohne Undichtigkeit am Auto; man sieht das Leck an der Kopfdichtung von unten, wenn man die Karre auf die Bühne nimmt ganz gut). Die Bremsleitungen sind als mal verrostet, aber da hilft meist entrosten und gut einfetten, ein typisches Benz-Leiden aller Modellreihen bis heute. Die Lenkung hat als zu viel Spiel, auch das ist typisch Mercedes. Das Differenzial wird oft ölfeucht, aber andererseits: Wenn's trocken ist, ist es auch nix, dann rostet's nämlich.
Arg viel mehr ist nicht zu beachten. Der W202 ist auffallend robust und langlebig, sehr zäh und haltbar. Was man noch sagen müsste: Öl- und Filterwechsel sind alle 15.000 Kilometer fällig, mineralisches 10W-40 Öl reicht; 5W-30 usw. verträgt er gar nicht - da kann es sein, dass er das Tickern und Schlagen anfängt (Hydrostößel). Bremsflüssigkeit bitte alle zwei Jahre und am besten im Frühling wechseln (ist hygroskopisch, d.h. sie zieht Wasser an), Automatikölwechsel sollte man so alle vier Jahre mal machen, Spureinstellung mache ich persönlich jedes Jahr bzw. Achsvermessung, aber das ist nur mein Eigenwert. Ab Werk war kein Automatikölwechsel vorgesehen, er macht aber Sinn. Die Automatik selbst hatte bis 1996 vier Gänge, dann fünf; speziell der ansonsten recht gemütliche, viel Anlauf benötigende Mercedes C180 mit 122 PS zischt mit fünf Gängen etwas dynamischer ab und bewältigt Steigungen flotter, ein Sportwagen wird er aber dadurch nicht.
Viel ist sonst eigentlich nicht zu befürchten. Die Verschleißteile sind allesamt günstig, selbst wenn man sie bei Mercedes kauft. Man wird sie auch nur selten gebrauchen, ich habe z.B. noch den ersten Auspuff drunter - und wie gesagt alle Aufzeichnungen seit der Auslieferung/dem Kaufvertrag von 1997.
Ich traue meinem 25 Jahre alten Benz noch gut über den Weg, würde auch mit einem 1993er C180 klar kommen und hätte zu dem mehr Vertrauen als zu jedem neueren Fahrzeug. Deswegen kaufe ich nach Möglichkeit wieder so einen, wenn meiner mal am Ende angekommen sein sollte.
Ich sage mal so: Bis 2500 Euro solltest du was Ordentliches finden. Der W202 ist kein cooler Klassiker, kein Youngtimer, kein Hipster-Autos; er hat zwar Fans, aber er ist für die Mehrheit einfach nur ein kantiger, langweiliger, alter Benz, den irgendwelche Opas fahren. Er ist nicht so cool wie der 190er, er ist kein 124er, er rostet ggf. sichtbar, er ist noch gefühlt zu "modern" mit bis zu vier Airbags und ESP, man sieht ihn zu oft (weil er so ungemein zuverlässig ist) ... das drückt die Preise.
Ich hoffe, ich konnte dir helfen, aber einen gepflegten C180 W202 empfehle ich dir uneingeschränkt weiter, sofern er nicht schon Rostlöcher hat und nicht sechs Vorbesitzer schon damit unterwegs gewesen sind.
Sehr gerne. Mir geht es genauso - der W202 hat ein langweiliges Image, aber ich habe ihn über die Jahre liebgewonnen und als echten Freund angesehen. Das Auto tut und kann alles, was ich von einem Auto erwarte und es macht richtig Spaß. Das Fahrwerk ist hervorragend abgestimmt und auch der C180 Classic Automatik kann im Rahmen "dynamisch" sein, wenn man es will. Dazu trägt auch die tolle Lenkung bei in Verbindung mit der sehr tiefen Sitzposition. Ich fühle mich sauwohl in diesem Fahrzeug!
Ohaa.. Das ist ja mal ne Antwort, vielen Dank!
Das mit dem "kantigen, langweiligen, alten Benz" mag zwar so sein, aber ich find den mega und da wäre es mir auch egal wenn der Rest der Welt den potthässlich findet..
Also, wie gesagt, danke dir vielmals für deine ausführliche Antwort! Hilft mir sicherlich weiter bei der Autowahl.