Wie trügerisch Erinnerung sein kann (rosarote Brille)
Grundlegend sei gesagt das dieses Thema hier wahrscheinlich nur Kinder der 90er verstehen bzw. wirklich nachvollziehen können - es kann trotzdem gerne jeder mitlesen und auch mit diskutieren aber das ist mehr so eine emotionale Geschichte die man nur als Kind aus den 90ern versteht
Zum einen sei gesagt das ich die 90ern maximal positiv in Erinnerung habe - wie sicherlich zu erwarten war - das Wetter war immer sonnig und die Winter immer knallig kalt und verschneit - vor allem hatte man nie etwas auszusetzen und allgemein war es gefühlt die beste Zeit meines Lebens - soweit zu meiner persönlichen Erinnerung
Prüft man aber die Fakten dann fällt schnell ein anderes Bild auf, so war die Love Parade z. B. total verregnet und "Boomerang" von Blümchen wurde bei total bewölktem Wetter gedreht - ich selbst habe auch eine Erklärung für diese verzerrte Erinnerung gefunden und zwar das man gefühlt 50% der Zeit damals eigentlich Fernsehen geschaut hat und sich dadurch - weil man es einfach auch konsumiert hat ohne irgendwie zu hinterfragen - als eine Art Erinnerung gespeichert wurde
Ich hatte mit meiner Oma auch schon darüber gesprochen (81 Jahre alt, BJ 43) - und sie meint ironischer das ihre beste Zeit im Leben die Zeit war wo Menschen zur selben Zeit totale Hungersnot hatten und zum Teil verhungert sind (also ca. nach 1945-1950) - die 90ern dagegen meinte sie sei das schlimmste Jahrzehnt überhaupt in ihrem gesamten Leben gewesen weil durch Inflation und allgemein die gesamte Wende eben auch sehr viel Vermögen in der DDR einfach verschwand und sie zum Teil nicht wusste wie sie ihre Familie ernähren soll (ist ein Thema für sich)
Das interessante dabei aber ist wie gesagt das mir zumindest bei mir aufgefallen ist das wenn ich an den Vibe der 90ern denke und dessen Ursprung verfolge ich wirklich dabei rauskomme das dieses Bild durch Medien massiv getrübt ist
Das gleiche betrifft auch andere Menschen - z. B. sagt jeder das in der DDR der Zusammenhalt massiv besser gewesen ist - obwohl jeder weiß das man bespitzelt wurde und zur Not auch verpetzt - und das zum Teil von den wirklich besten Freunden oder im Extremfall auch Familie
Die zwei Fragen die mich bei dem Thema beschäftigen sind: warum ist diese Erinnerung so extrem verzerrt und bin ich der einzige dem sowas auffällt ?
3 Antworten
Das Problem ist nicht neu und ich denke, jeder kennt es. Das Sprichwort "die Erinnerung malt mit goldenem Pinsel" habe ich schon in meiner Kindheit gehört.
Es scheint ein psychologisches Phänomen zu sein, das ich jetzt aus dem Stehgreif nicht kenne. Da müsste ich mich erst einlesen.
Ich habe aber einen Link gefunden, der genau dieses Thema behandelt:
https://karrierebibel.de/retromanie/
Würde ich eher als Nostalgie-Effekt abstempeln, also dass man die Vergangenheit oft positiver in Erinnerung hat als sie wirklich war. Die meisten Menschen empfinden ihre Jugendzeit als unbeschwert, weil sie weniger Verantwortung hatten. Positive Erlebnisse bleiben stärker im Gedächtnis, während negative Erfahrungen über Jahre verblassen.
Statistisch gesehen kann man deine Aussage, dass man „gefühlt 50% der Zeit damals eigentlich Fernsehen geschaut hat“, nicht unterstützen. Im Schnitt hat ein Bürger in den 90er Jahren etwa 3 Stunden pro Tag in Deutschland ferngesehen. Diese Zahl ist zwar hoch, aber es deutet darauf hin, dass Fernsehen nicht die Mehrheit der Zeit eingenommen hat. Vielleicht beruht darauf auch die trügerische Wahrnehmung, dass du glaubst, jeder hätte so viel TV geschaut wie du.
Also ich kann nur von mir sprechen aber der Fernseher lief auch nur ca. 3-6 Stunden - man hatte ja noch Schule und musste schlafen - sagen wir man kam 16:00 nach Hause dann lief das Teil 4 Stunden - am Wochenende war es natürlich anders
Ich habe da aber auch wirklich zu wenig Erinnerungen daran, ich weiß nur noch dases eine sehr kurze aber intensive Zeit gewesen ist - ich bin dann sobald es möglich war auf Computer umgestiegen - als Big Brother eingeführt wurde habe ich mich dann komplett vom Fernseher verabschiedet und nutze es auch heute noch maximal nur als Monitor
Ich vermute, dass liegt am Aufwachsen.
Man wird älter und größer, der Körper baut sich immer mehr auf und man beginnt in kleinen Schritten etwas zu erreichen.
Das Umfeld wird dabei mit dem eigenen Empfinden in die Erinnerungen aufgesogen.
So scheiden unangenehme Dinge aus.
Deshalb finde ich es auch nicht schlimm, dass in die heutige Zeit immer noch Kinder hineingeboren werden.
Es ist ja ihre Zeit, in der sie aufwachsen und ihre Erinnerungen festlegen. Und sie wundern sich, warum wir meckern, so wie wir uns über unsere Eltern gewundert haben.
Paar Ausnahmen gibts trotzdem. Meine Erinnerungen an die Kindheit haben nur wenige positive Momente. Meine gute Zeit war theoretisch mit 14 bis 16 und dann noch paar kleine Lichtblicke. "Willkommen in der Welt eines Sensiblen."