Was denkt Ihr über Pflege und Betreuungs berufe?

6 Antworten

Arbeite inkl. Praktikum und Ausbildung jetzt 32 Jahre in der Pflege. So schön der Beruf auch ist, aber aufgrund der besch... und immer mehr bisch... werdenden Bedingungen, würde ich es nicht nochmal machen. Dazu noch die verhältnismäßig schlechte Bezahlung. Für mich kein Wunder, dass kaum noch jemand den Beruf machen will und viele dem Beruf den Rücken kehren. Den Politikern scheint es völlig egal zu sein, unternommen wird nichts, um den Beruf attraktiver zu machen. Das ist noch nicht mal die Bezahlung, das ist vor allem die ständige Unterbesetzung und dadurch bedingten hohen Stressfaktor. Aufgrund der sehr hohen körperlichen und psychischen Belastung wäre auch ein früherer Renteneintritt ohne Abzüge noch eine Möglichkeit. Viele schaffen es eh nicht, bis zur Rente den Beruf durchzuziehen. Aber wie gesagt, ein Wunschtraum, weil es die da oben null interessiert (selbst Legalisierung von Cannabis ist wichtiger, da konnte ich gar nicht so viel essen, wie ich hätte k... können). Ausserdem ist es für mich keine Krankenpflege mehr, sondern Schadensbegrenzung, pflegen schafft man ja zeitlich kaum noch, auf manchen Stationen gar nicht mehr.

Zu 1)

Ein Beruf der extrem wichtig ist und viel mehr Respekt und Anerkennung (welches sich u.a. auch gehaltsmäßig auswirken sollte) verdient, insbesondere von der Politik. Lt. Krankheitsminister Karlchen habe ich nichts zu Coronasituation beigetragen, weil ich mich (trotz einrichtungsbezogener Impfpflicht) nicht habe impfen lasse (ich habe zu der Zeit auf der Coronastation gearbeitet).

Zu 2)

Ich arbeite in dem Beruf, um kranken Menschen zu helfen, ihre Situation zu verbessern, gesund zu werden,... Ein ausfüllender, schöner, verantwortlicher Beruf.

Ich will nicht mehr (muss aber leider noch fast 10 jahre), weil Krankenpflege kaum noch machbar ist und leider oft nur Schadensbegrenzung möglich ist. Die körperliche und psychische Belastung, die Verantwortung, ... ist sehr hoch, die Bezahlung entsprechend unterirdisch.

Ich habe 25 Jahre als examinierte Krankenpflegerin im 3-Schicht-System gearbeitet, sowohl in der Kranken-als auch in der Altenpflege. Ich bin dankbar, daß ich diesen schönen anstrengenden Beruf ausüben durfte, würde mich heute aber nicht mehr dafür entscheiden.

Warum? Der Beruf hat mich krank gemacht. Ich hatte einen Burnout und 3 Bandscheibenvorfälle kurz hintereinander. Meine Langzeitbeziehung ging den Bach runter, weil ich nur gearbeitet und geschlafen habe (das bisschen Freizeit braucht man für seine eiigene Erholung). Ein dauerndes Übel war das ständige Einspringen. Ich habe oft 3 oder auch 4 Wochen am Stück durchgearbeitet ohne einen einzigen freien Tag. Doppelschichten gab es auch, d.h. Dienst von 7.00 bis 22.00 Uhr. Durch die permanente hohe Belastung gibt es in der Pflege auch oft Mobbing. Jeder denkt, er arbeitet am meisten und lässt seinen Frust an den Kollegen aus. Viele unfähige Vorgesetzte, die sich nicht dafür interessieren, was wirklich auf der jeweiligen Station und im Team abgeht. Hauptsache, der Laden läuft irgendwie. Beschwerden von Angehörigen werden abgebügelt. Könnte noch sehr viel mehr schreiben, aber denke, das reicht erstmal.

Zum Vergleich: Ich arbeite heute in einem Bürojob in 60% Teilzeit, muss das Haus nicht mal mehr verlassen, da Home-Office und verdiene mehr als damals in meinen 50/60-Std.-Wochen, in denen ich mich kaputtschuften musste. Ich werde von meinen Chefs respektvoll behandelt, bekomme jederzeit sämtliche Unterstützung, falls ich sie benötige, kann Überstunden auf- und abbauen, wie ich möchte, Urlaub planen nach meinen Wünschen und vieles mehr. In der Pflege alles Wunschdenken.

Meine Mama hat über 20 Jahre in der ambulanten Pflege gearbeitet. Ich fand den Beruf immer super schön. Ich persönlich war in meiner Ausbildung an der Pforte eines Altenheims, bei der mir der Kontakt zu den Bewohnern auch sehr viel gegeben hat. Irgendwann verliert man auch die Berührungsängste, die man anfangs noch hat und hat sehr viele schöne Momente mit den pflegebedürftigen Menschen.

Für mich war es leider dennoch nie eine Option. Ich selbst war mit einem Altenpflegehelfer zusammen und an freien Tagen wurden wir sehr oft früh morgens geweckt, ob er nicht für jemand Kranken einspringen könnte. Zudem waren die Arbeitszeiten natürlich auch ein Thema.
In meinem jetzigen Bürojob habe ich Gleitzeit und könnte auch ehrlich gesagt nicht mehr drauf verzichten. Grad mit ADS ist es oft schwierig, bei der Sache zu bleiben und dank der Gleitzeit kann ich meine Arbeit von meiner Konzentration abhängig leisten. 

Für mich ist es sehr bemerkenswert, wenn jemand sich für die Pflege entscheidet. Es ist ein super schöner Job, der eben aber auch sehr anstrengend ist - sowohl physisch, als auch psychisch.

Man müsste mal etwas am Pflegeschlüssel ändern und auch an der Bezahlung. Dass ich genauso viel verdiene, wie eine Freundin in der Pflege, obwohl ich den ganzen Tag nur Produktbeschreibungen schreibe, find ich sehr ungerecht. 


Altersweise  19.08.2024, 13:11
Man müsste mal etwas am Pflegeschlüssel ändern und auch an der Bezahlung.

Bei allem Verständnis für diese Forderung, aber das ist schon heute für die Bewohner von Pflegeheimen nicht mehr bezahlbar und ohne eine grundlegende Reform von Kranken- und Pflegeversicherung wird sich da auch nicht viel ändern.

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ItsRaven 
Beitragsersteller
 19.08.2024, 13:03

Danke für deine Antwort. Ich stimme dir komplett zu.

Ich bin froh das ich in dem Beruf arbeite, finde aber auch das sich noch einiges ändern muss.

Ich finde es schade das oft die Zeit fehlt, auf jeden einzelnen Bewohner / Klient individuell einzugehen

Der Beruf muss auf jeden Fall attraktiver gestaltet werden

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Ich wollte das im Anschluss an meinen Zivildienst mal machen, aber damals gab es noch keinen Pflegenotstand. Dann habe ich halt was anderes gemacht. Seither hatte ich aber beruflich immer wieder mit pflegerischem Personal zu tun und habe diesen Menschen immer Wertschätzung entgegengebracht, weil ich eben aus eigener erfahrung weiß, was da zu leisten ist und wie wichtig diese Leute auch persönlich für ihre Schützlinge sind.

Gut, dass es Leute gibt, die das tun - und das zu so beschissenen Konditionen. Die sollten deutlich besser werden und die Leute dafür mehr Anerkennung erhalten.

Ich hätte keinen Bock drauf.


ItsRaven 
Beitragsersteller
 19.08.2024, 12:42

Angenommen der Beruf würde besser bezahlt werden und die Arbeitskonditionen verbessern sich. Gibt es etwas das dich davon abhalten würde den Beruf auszuüben?

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guitschee  19.08.2024, 12:43
@ItsRaven

Ja, ich würde die Berufe nicht machen wollen.

Ist nicht meines.

Kinderbetreuung würde mich zum Beispiel nur nerven und mich überfordern, ebenso die Arbeit mit geistig Behinderten und Alten.

Und Kranke: ziemlich viel Elend und widerliches Zeugs - würde ich auch nicht mögen.

Obwohl einer der größen Negativpunkte: die fehlende Zeit für den einzelnen Menschen ja besser würde, mit besseren Arbeitskonditionen.

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ItsRaven 
Beitragsersteller
 19.08.2024, 12:51
@guitschee

Kann ich teilweise nachvollziehen da ich selbst nicht mit Kindern arbeiten wollen würde. Ich arbeite mit Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung. Konnte ich mir Anfangs garnicht vorstellen wobei mir die Arbeit jetzt sehr gefällt. Ich finde hier gibt es noch viel zu viele Klischees.

Vielen Dank für deine Antwort

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guitschee  19.08.2024, 12:53
@ItsRaven

Das ist sicher auch eine Sache der Gewöhnung und man kann da reinwachsen, aber ich bin halt froh, wenn es andere machen.

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