Rückmeldung zu Prolog

4 Antworten

Inhaltlich ist es spannend. Gerade wenn etwas nicht so ist, wie es anfangs scheint.

Handwerklich finde ich es schade, dass du die drei Personen als Mann, anderer Mann und Junge bezeichnest. Ich würde den drei Personen mehr Charakteristika geben und sie danach bezeichnen. Wenn der erste Mann beispielsweise ein Riese ist, dann würde ich ihn anschließend auch eher so bezeichnen. Der zweite Mann könnte dann eine Zwergenstimme haben oder sowas in der Art.

Mir gefällt deine bildliche Beschreibung, das verleiht deinem Text Atmosphäre und lässt einen in die Geschichte eintauchen. Schön wäre, wenn außer dem Sehen noch ein paar Sinne mehr angesprochen werden, beispielsweise fühlt sich der Junge warm oder kalt an? Stinkt einer der beiden? Vielleicht nach Schweiß oder durch Mundgeruch? Usw.

Zum Abschluss muss ich noch anmerken, dass ich den Eindruck hatte, dein Text sei eine Rohfassung. Es sind mehrere Wiederholungen drin, manche Sätze sind unklar geschrieben und man stolpert mehrmals beim Lesen. Die Frage an dieser Stelle ist dann auch, ob du den Text spontan geschrieben hast und ihn schnell bewertet haben wolltest oder ob du ihn so oft überarbeitet hast, dass du Textblind geworden bist. In beiden Fällen hilft es den Text einen Tag ruhen zu lassen und am nächsten Tag neu anzugehen. Dann fällt es einem eher auf, was verbessert werden muss. Ansonsten benutzt du recht viele Adjektive, die durch starke Verben ersetzt werden können. Damit möchte ich dich jetzt aber auch nicht allein lassen und liste daher mal konkret auf welche Stellen ich meine und mache Verbesserungsvorschläge (die du nicht übernehmen musst 😉)

1. Die Hand lag auf der grobgearbeiteten Steinschale.

Wessen Hand? Die des Jungen oder des Mannes? Es ist nicht eindeutig an dieser Stelle wo wir uns befinden.

2. Langsam kniete der Mann sich hin.

Solange jemand nicht auf seine Knie fällt ist die Bewegung immer langsam. Daher kannst du das Adjektiv weglassen und schreiben: Der Mann kniete sich hin. Das Bild bleibt dasselbe.

3. Vorsichtig, als hätte er Angst, sich zu verbrennen, strich er die Haare aus dem Jungen die Haare aus dem Gesicht. 

Hier habe Ich gleich zwei Anmerkungen. Zunächst einmal finde ich den Vergleich mit dem Verbrennen nicht gelungen. Die Angst liegt wohl eher darin begründet, dass er sich sorgt, dass der Junge die Augen plötzlich aufschlägt, seine Hand packt und ihm mit der Steinschale den Schädel einschlägt, oder?

Zweitens: Mach aus strich er die Haare aus dem Jungen die Haare aus dem Gesicht ->

Strich er dem Jungen die Haare aus dem Gesicht.

4. Die Wunde zog sich in einer geraden Linie von Braue quer über die Stirn bis unter den dichten Locken verschwand und so tief, dass sogar der Schädel gespalten wurde, trotzdem war kaum Blut auf dem Gesicht.

Die Beschreibung ist schwer verständlich für einen Dritten. Das liegt daran, dass du zu viele Details angibst. Weniger ist in fem Fall mehr:

Die Wunde begann an seiner Braue und zog sich in gerader Linie bis unter die dicken Locken. Sie war tief, trotzdem war kaum Blut auf dem Gesicht.

5. Die Augen schauten starr ins Nirgendwo.

Erst einmal wessen Augen? Die des Jungen oder des Mannes? Macht es überhaupt Sinn, dass die Augen des Jungen offen sind?

Außerdem ist das hier so ein Fall für starke Verbe. Statt zu schreiben, dass die Augen starr schauen kannst du direkt schreiben: Die Augen starrten ins Nirgendwo.

6. Seine Faust schloss sich um so fest um etwas ...

Was ist dieses etwas?

7. «Keine Sorge», die Stimmte des Jungen war leise und heiser. Er hob die Faust ein bisschen. «Ich werde ihn überall finden.»

Zunächst einmal ein kleiner Rechtschreibfehler: Stimmte.

Dann finde ich es unlogisch, dass der Junge den Mann einfach so fliehen lässt, wenn er eh bei Bewusstsein war und er ihn sowieso verfolgen und aufspüren wird. Ich glaube kaum, dass dieses Handeln realistisch ist. Als Autor musst du dich um das naheliegendste Verhalten deiner Figuren bemühen.

So, das wäre alles. Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Überarbeitung und freue mich schon darauf, mehr von dir zu lesen. Potential hast du nämlich.

Woher ich das weiß:Hobby – Ich schreibe seit mehr als 20 Jahren.

Inkognito-Nutzer   19.08.2024, 10:23

Vielen Dank für die Rückmeldung.
Es ist tatsächlich eine Rohfassung, da ich gerne wissen wollte, worauf ich beim überarbeiten achten sollte.

Hier noch ein paar Kommentare zu deinen Rückmeldungen:

1. Die Hand lag auf der grobgearbeiteten Steinschale.
Wessen Hand? Die des Jungen oder des Mannes? Es ist nicht eindeutig an dieser Stelle wo wir uns befinden.

Ich finde es eigentlich klar, da sich alles vorher auf den Jungen bezieht. Es kann sein, dass es daran liegt, dass es hier auf einer neuen Zeile ist. Sollte ich vielleicht lieber "Seine Hand" schreiben, dass die Verbindung klarer ist?

Die Beschreibung der Wunde ist wirklich viel zu lang, werde ich kürzen.

Auch bei den Augen finde ich nicht, dass es unklar ist, da zuvor schon der Junge beschrieben wurde es kein Hinweis darauf gibt, dass es sich plötzlich auf jemand anderen bezieht oder täusche ich mich da?

Ob es Sinn macht, dass er die Augen offen hat? Marius (der Junge) hat sie vermutlich offen, vielleicht blinzelt er auch gerade. Zur Erklärung: Die dritte Person kann Illusionen erschaffen, daher sieht es für den Mann so aus, als wäre er tot. Durch die offenen Augen will er diesen Effekt vermutlich verstärken oder es entspricht seinen Bild von einem Toten.

Die Formulierung ist hier Absicht. Irgendwo hinschauen (wenn auch ins Nirgendwo) suggeriert Leben, starr das Gegenteil. Es sollte also ein Hinweis darauf sein, dass Marius noch am Leben ist. Ich kann aber auch verstehen, dass es der Moment und die Art nicht die beste ist.

Das etwas ist ein Ring. Das das hier nicht beschrieben wird, liegt daran, dass er in dem Moment nicht sichtbar ist. (Es gibt in der Perspektive einen Bruch, als am Anfang die Wunde erwähnt wird, das werde ich noch streichen.)

Er verfolgt ihn nicht, da er zu diesem Zeitpunkt schlicht nicht in der Lage dazu ist, er hat immer noch eine ernste Verletzung und da er ihn auch später noch aufspüren kann, wäre es eine dumme Idee, jetzt dem Mann hinterher zu torkeln und dabei riskieren, getötet zu werden. Ich sollte aber schauen, dass das noch klarer wird.

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Zeltan  19.08.2024, 17:05
@Inkognito-Beitragsersteller

Du hast recht, ich habe mir schon gedacht, dass es sich auf den Jungen bezog und es geht besser. Das schaffst du auch.

Was den starren Blick angeht: Ich verstehe, dass du beides sugerieren möchtest, aber das funktioniert nicht so gut, wie den Leser auf eine falsche Fährte zu locken. Ich würde ihn wirklich eher tot erscheinen lassen und dann zum Schluss klarstellen, dass er noch lebt. Das verstärkt den Effekt der Überraschung.

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Hey,

ich finde den Text auf jeden Fall spannend und würde gerne weiterlesen wollen.

Allerdings zwei kleine Sachen: Wenn du aus der Perspektive des Mannes schreibst, dann kannst du nicht schreiben 'Das lockige Haar fiel ihm ins Gesicht und bedeckte die klaffende Wunde auf seiner Stirn', denn dann könnte er die Wunde unter dem Haar ja nicht sehen, jedenfalls meiner Meinung nach.

Außerdem finde ich, ergibt dieser Satz keinen Sinn: '...und verschwand im Wald, ohne sich zu vergewissern, dass sie kraftlos zu Boden fiel'. Vergerwissern bedeutet, nachzugucken, ob z. B. alles rein ist. Ich würde schreiben: 'und verschwand im Wald, ohne zu bemerken, dass sie kraftlos zu Boden fiel.' Das würde für mich mehr Sinn ergeben.

Ich hoffe, meine Antwort ist hilfreich :)

Woher ich das weiß:Hobby

Inkognito-Nutzer   19.08.2024, 16:57

Danke für die Rückmeldung. Tatsächlich habe ich beide dieser Stellen schon verbessert. Hier hast du sonst der Prolog nach momentanen Stand:

Der Mann betrachtete den Jungen, der zu seinen Füssen lag. Die Haare fielen über sein Gesicht, die längeren Strähnen streiften fast die kleine Steinschale, die unter seiner Hand lag. 
Der Mann kniete sich hin, betrachtete ihn genauer.
Der Körper zeigte keine Regung mehr, kein Zucken, keine pulsierende Ader, kein Heben und Senken des Brustkorbs.
Langsam strich er dem Jungen das Haar hinter die Ohren. Ein tiefer Schnitt zog sich von der Braue über die Stirn bis er schliesslich in den dichten Locken verschwand, doch bis auf ein kleines Rinnsal war kein Blut zu sehen. Seine Augen schauten starr zu ihm hoch.
Der Mann schnitt eine Grimasse und wandte den Blick ab. Er zog die Schale unter der Hand des Jungen hervor und verschwand raschen Schritts im Wald.
Unter der dicken Blutschicht verzogen sich die Lippen des Jungen zu einem Lächeln. Seine eben noch kraftlose Hand, hatte er zu einer Faust geballt.
Eine dritte Person kam hinter einem Busch hervor. Kurz blieb sein Blick an dem Jungen hängen, dann ging er in die Richtung, in die auch der Mann gegangen war.
«Warte, Giacomo», die Stimme des Jungen war schwach und brüchig. Er hob die Faust ein bisschen, zwischen seinen zitternden Fingern glänzte etwas Goldenes. «Ich werde ihn überall finden.»
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Ich finde der Text ließt sich irgendwie ein bisschen stockend, eventuell wegen Unterverwendung von komplexeren Satzstrukturen oder aber auch wegen diversen Wiederholungen


Inkognito-Nutzer   19.08.2024, 13:59

Ja, das stimmt. Der Anfang soll zwar auch etwas langsam und stockend sein, aber das ist wirklich nicht gut. Ich werde versuchen, beim überarbeiten etwas mehr Verbindung zwischen den einzelnen Teilen zu schaffen.

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Servus,

Ich persönlich fand, daß den Text ziemlich gut ist. Ich bekam den Eindruck, daß Sie ziemlich von klassischer Literatur überzeugt sind, und aufgrund dessen nahmen Sie den Stil deren. Und ich muß sagen, daß es mir persönlich gefallen hatte.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit den Erzählungen!

Mit freundlichen Grüßen