Sollte die Lufthansa(oder eine andere deutsche Airline) Boom Overtures Kaufen?

Dieses Flugzeug ist unnötig. Die reine Flugzeit mag geringer sein, die Reisezeit von Tür zu Tür beeinflußt das in der Regel nur wenig. Das ist dasselbe wie mit Hochgeschwindigkeitszügen. Schön, wenn ich von einer Großstadt in eine andere nur eine Stunde brauche, wenn ich aber noch zwei Anschlußzüge brauche, und die Verbindungen nicht passen oder Verspätung haben, nützt das gar nichts.

Statt dessen sollten Flugzeuge angeschafft werden, die

• sparsam
• komfortabel
• sicher
• rentabel

sind.

Die Lufthansa hat jetzt schon das Problem einer zu komplexen Flotte; zu viele unterschiedliche Flugzeugmuster und teilweise auch noch deutlich unterschiedliche Ausführungen innerhalb eines Musters. Nochmal ein weiteres Muster dazu zu stellen, macht's nicht besser.

Außerdem schätze ich, dass sie sich damit selbst die besonders zahlungskräftige Kundschaft aus den normalen Flugzeugen abgraben würde. Wenn die First-Class-Passagiere mit dem Boom Overture fliegen (was natürlich auch so beworben werden müsste), wer sitzt dann in den First Classes der 787, 777 und A350? Wenn die Antwort lautet "weniger", werden jene Flüge ggf. unrentabel.

Meiner Auffassung nach sollte irgendeine deutsche Airline dirses Flugzeug betreiben selbst wenn es nur durch übelste Subventionen für die Airline rentabel ist. Das ist sache des nationalen Prestige

Dann darfst du der Regierung bitte gerne das Geld zur Verfügung stellen, mit dem sie so einen Spaß dann subventioniert. Mein Steuergeld ist anderswo sicherlich sinnvoller angelegt.

Um das nationale Prestige aufzumöbeln, würde ich vorschlagen mal international zugesagte Projekte wie den Brenner-Nordzulauf, den viergleisigen Ausbau der Rheintalbahn und die Hinterlandanbindung des Fehnmarnbelttunnels pünktlich fertigzustellen. Unsere Nachbarländer sind extrem genervt von der Zusammenarbeit mit Deutschland, weil ganz viel geplant, ganz viel Geld in Bürokratie gesteckt wird und dann geht nichts voran.

Es hat nichts mit nationalem Prestige zu tun, wenn man im Ausland irgendein teures Spielzeug einkauft.

Die Concorde war schon zu klein um Geld zu verdienen, dieser Entwurf ist noch kleiner. Mit First Class allein kann man nicht rentabel fliegen. Ohne Fracht im Unterdeck kann man im Linienverkehr auch nur schwer Geld verdienen. Das zeigt der kleine Anteil des First Class Abteils an der Gesamtzahl der Plätze in den heute genutzten Flugzeugen und die große Bedeutung von Unterdeckkapazität.

Innovativ ist der Entwurf auch nicht, das war alles schonmal da bzw. wurde schonmal entworfen und wieder aufgegeben. Man versucht durch den Rückgriff auf uralte Aerodynamikkonzepte hunderte Millionen für Grundlagenforschung und Entwicklung zu sparen.

Außerdem halte ich nichts davon, wenn irgendein dahergelaufenes Startup versucht die Welt glauben zu lassen, dass Geld alles regelt. Ohne ein eingespieltes Team von erfahrenen Konstrukteuren lässt sich ein Projekt dieser Größe nicht verwirklichen. Nicht alles das im CAD gut aussieht, funktioniert auch in der Realität.

Auch die werbewirksame Bauweise aus Verbundmaterialien ist kein Erfolgsgarant. Neues Material ist kein Allheilmittel. Reibungswärme durch den unvermeidlichen Luftwiderstand ist im Überschallflug ein riesiges Problem. Wie problematisch das ist, zeigt allein schon die mit nur Mach 1,7 angesetzte Geschwindigkeit.

Es gibt übrigens sehr sehr handfeste Gründe, warum die Konfiguration mit 4 einzeln angebrachten Triebwerken unterm Flügel von Überschallflugzeugen bereits vor Jahrzehnten aufgegeben wurde. Physik ist unbestechlich. Auch dieses Aerodynamikproblem trägt seinen Teil zur begrenzten Geschwindigkeit bei.

Die gegenüber der Concorde herabgesetzte Geschwindigkeit führt zu einem Marketingproblem beim Verkauf der teuren Tickets: Dieses Flugzeug ist unter idealen Bedingungen nur ganz knapp doppelt so schnell wie die konventionelle Konkurrenz und es fehlt die prestigeträchtige 2 vor dem Komma.

Mal ganz davon abgesehen, dass die vorgesehenen Triebwerke garnicht existieren ...

Hallo Reinkanation,

Bereits die Concorde war, was du beschreibst, ein Prestigeprojekt. Keine Airline wollte die am Ende wirklich haben. Air France und British Airways wurden beinahe gezwungen, welche zu betreiben.

Meiner Meinung nach sind Überschallverkehrsflugzeuge allgemein nur ein "Weil wir's können", nicht weil wir sie brauchen. Daher prophezeie ich der Overture auch keinen großen kommerziellen Erfolg.

So zumindest meine Einschätzung.

Ob deutsche Airlines die jetzt betreiben sollten oder nicht, ist doch im Endeffekt völlig Wurst.

Dass die Lufthansa da mitmacht halte ich aber für nicht unwahrscheinlich. Die Concorde hatten sie ja auch bestellt.

LG KTM

Die Concorde war damals für Geschäftsreisende auch ein beliebtes Flugzeug, von daher denke ich mal, dass die Overture auch Fluggäste finden wird. Wir brauchen ja nicht viele. 1-2 Stück würden vermutlich schon reichen.