Ich kenne mich mit Indien ein bisschen aus, aber nur bedingt.
In Asien herrscht tatsächlich eine indirektere Kommunikation, nicht so offen wie in Deutschland. Man bietet zum Beispiel an im Restaurant zu zahlen, obwohl man gar nicht zahlen will. Die Person würde gerne die nette Geste annehmen, kann es aber nicht aus Höflichkeit. Nach endlosem hin-und-her Diskutieren, gibt endlich die schwächere Person nach. In Deutschland geht das viel schneller: "Ich lad dich ein" - "oh danke das ist lieb". Oder man will nicht zahlen - dann bietet man es an erster Stelle nicht an.
Diese Nuancen können sicherlich in der Beziehung sichtbar werden und für Missverständnisse sorgen, aber meiner Meinung nach nicht in diesen Bereichen, wie du sie beschreibst. Nach meiner Erfahrung würde jede indische Person, die ich kenne, nein zu einer Party sagen können, zu der er/sie nicht möchte. Höchstens sich vielleicht eine Ausrede ausdenken. Ich stimme dir außerdem absolut zu, dass in der Beziehung diese "Höflichkeit" ja zu sagen komplett unnötig ist. Ich kenne mich letztendlich nicht tief genug aus, aber selbst für asiatische Standards scheint mir das in der Beziehung unnötig.
Darum ist es wirklich nicht fair von ihm, dir unehrliche Antworten zu geben und es dann auf dich zu schieben. Es ist super von dir, dass du auf seinen kulturellen Kreis Rücksicht nimmst, aber genauso sollte er auf DEINEN kulturellen Kreis Rücksicht nehmen können, wenn die Beziehung funktionieren soll.
Ihr habt darüber gesprochen, jetzt habt ihr Verständnis für mögliche Unterschiede, das ist ein essentieller Schritt. Aber jetzt wo er weiß, dass du ehrliche Antworten erwartest, sollte er dir tatsächlich welche geben. Denn ernsthaft - du kannst schließlich keine Gedanken lesen. Das ist einfach zu hoch erwartet...
Einen Ausflug am Wochenende für euch alle buchen ohne ihn zu fragen, ist tatsächlich eine riskante Entscheidung. Ich würde selbst als Deutsche vorher lieber gefragt werden. Aber jeder macht mal einen Fehler, ist in Ordnung, du hast dich ja entschuldigt. Jetzt solltest du dich eher fragen, ob der Vorwurf von ihm stimmt, ob du tatsächlich alles entscheidest und er sich immer anpassen muss ("angebliche" kulturelle Misskommunikation mal an die Seite gestellt). Würdest du sagen, dass es so ist? Falls nein, dann ist es nicht fair dir das vorzuwerfen, weil meiner Meinung nach das Missverständnis nichts mit kulturellem Kreis zu tun hat. Wie gesagt, die Unterschiede zwischen direkter/indirekter Kommunikation existieren zwar zwischen den Ländern, aber in diesem Ausmaß scheint es mir komisch. Dass du seine Gedanken lesen sollst, er nicht einmal zu einer Party nein sagen darf und das zu seinem eigenen Partner.
Für mich hört sich das eher nach einer Frage des Charakters an. Vielleicht kann er einfach schlecht nein sagen und fühlt sich dann mürrisch, wenn er die Sachen macht, die er nicht wollte. Das hat nichts mit Kultur zu tun, selbst wenn er es darauf schiebt (meiner Ansicht nach).
Mir ist aber aufgefallen, dass in manchen Familien in Asien die Bedürfnisse der (auch bereits erwachsenen) Kinder von den Eltern ignoriert und unterdrückt werden. Die Kinder lernen von früh an, dass sie ihre Emotionen, Träume und Bedürfnisse lieber nicht offen aussprechen. Dementsprechend ist es eventuell eine alte (leider schlechte) Gewohnheit von deinem Freund, die simplesten Gedanken und Wünsche nicht auszudrücken.
Das ist aber eine grundlegende Fähigkeit um eine gute, langlebige Beziehung führen zu können. Das beste wäre letztendlich, wenn er nach eurem aufklärenden Gespräch tatsächlich lernt, seine ehrliche Meinung zu Fragen geben und du darauf achtest, ihn in Zukunft in Entscheidungen wie Ausflüge einzubinden.