Vielleicht liegt ein Teil der Antwort schon im ersten Satz: 'ich bin ein netter Mensch'. Das 'eigentlich' schränkt das ein wenig ein, im Sinne von 'ich wäre gerne ein netter Mensch'.
Menschen sind nicht per se 'nett'. Wenn sie zur Welt kommen, sind sie zunächst nur egoistisch, man könnte sagen, solipsistisch. Sigmund Freud hat darauf hingewiesen, dass man erst einmal lernen muss, zwischen sich selbst und der Außenwelt zu trennen. Es ist ein durchaus schmerzhafter Prozess, festzustellen und zu akzeptieren, dass die Welt nicht ausschließlich dazu da ist, um das eigene Wohlbefinden auf der Stelle zu garantieren. Das Kind lernt dann, dass man besser 'nett' ist, wenn die anderen auch nett sein sollen, d.h. der ultimative Egoist kriegt meistens nichts. Dass das Zurückstecken der eigenen Interessen mit Frust und Ärger, oftmals mit Wut, einhergeht, hat man gefälligst in der Trotzphase zu überwinden und irgendwann merkt man das fast gar nicht mehr.
Ein Mensch, der so heftige Antipathien bei einem auslöst, könnte jemand sein, der einem ähnelt, der z.B. so selbstverliebt und rücksichtslos ist, wie man selber vielleicht gerne wäre (oder insgeheim immer noch ist). Nicht selten reibt man sich z.B. in der Pubertät an seinen Eltern, Geschwistern, Freunden, nur um später festzustellen, dass man ihnen ähnlicher ist, als es einem eigentlich lieb ist.
Menschen mit einer (vielleicht gut verborgenen) depressiven Grundstimmung reagieren oft sehr allergisch auf Menschen, die sich nicht an implizite Erwartungen halten. Ein depressiver Mensch ist nicht etwa ein bescheidener Mensch, der nur wenig Bedürfnisse hat, sondern insgeheim ein Mensch mit sehr hohen Erwartungen, der sich aber nicht traut, rücksichtslos aufzutreten. Statt dessen hofft oder erwartet er, dass die anderen seine Befürfnisse erraten, zur Not, in dem man sie durch Leiden darauf hinweist. Wer sich davon unbeeindruckt zeigt, wird gehasst und verachtet.
Wenn man jemanden auf Anhieb abgrundtief hasst, könnte man versuchen, herauszufinden, warum dieser Menschen für das eigene Geschäftsmodell (nett zu sein, um geliebt und akzeptiert zu werden) bedrohlich ist. Vermutlich ähnelt dieser einem mehr, als man es wahrhaben möchte, zugleich ist er vermutlich ungenierter und aggressiver in der Äußerung seiner eigenen Bedürfnisse. Man hasst ihn, weil er Dinge tut, die man selber gerne tun würde, oder weil er so ist, wie man insgeheim gerne wäre.