Wie lautet die Formel für die gravitative Zeitdilatation?

2 Antworten

Wie lautet die Formel für die gravitative Zeitdilatation?

Das ist nicht pauschal zu beantworten, weil der durch relative Bewegung hervorgerufene Effekt oft nicht von dem gravitativen zu trennen ist. Darauf gehe ich später ein.

Für stationäre Beobachter an den Orten |r›₀ und |r› lässt sie sich über die Energieerhaltung für ein Lichtsignal klar machen:

Ein Lichtsignal habe eine mittlere Photonenzahl n, die in Ermangelung von Absorption oder Emission konstant bleibt, und am Ort |r›₀ eine mittlere Photonenenergie ħω₀, sodass seine Gesamtenergie nħω₀ beträgt. Nun haben Photonen zwar keine Masse (im Sinne einer Eigenmasse, die bis auf den konstanten Faktor c² mit seiner Ruheenergieübereinstimmt), aber jede Energie führt zu Wechselwirkung mit Gravitation. Daher hat das Lichtsignal am Ort |r› auch eine potentielle Energie

(1) (nħω(|r›)/c²)·ΔΦ = (nħω(|r›)/c²)·(Φ(|r›) − Φ(|r›₀)),

und die Gesamtenergie

(2.1) E = nħω(|r›)(1 + ΔΦ)

bleibt konstant gleich nħω₀, was sich in die Periodendauer T = 2π/ω umrechnen lässt:

(2.2) T(|r›) = (1 + ΔΦ) ·T₀
bzw.
(2.3) T/T₀ = (1 + ΔΦ)

Das Verhältnis der Periodendauern ist die gravitative Zeitdilatation

dt(|r›₀)/dt(|r›) = dt(|r›)/dτ

zwischen |r› und |r›₀; τ ist hier die Eigenzeit des Beobachters am Ort |r›. Im zentralsymmetrischen Gravitationsfeld einer dominierenden Masse M ist

(3.1) Φ(r)/c² = (1/√{1 − 2GM/(c²r)}) − 1 =: (1/√{1 − 2µ/r}) − 1,

das in NEWTON'scher Näherung µ≪r zum bekannten Resultat

(3.2) Φ(r)/c² ≈ (1/(1 − µ/r)) − 1 ≈ (1 + µ/r) − 1 = µ/r = GM/r

führt, wobei µ als Gravitationsradius und 2µ als SCHWARZSCHILD-Radius bezeichnet wird. Karl SCHWARZSCHILD, nach dem sie benannt ist, gelang es 1916 - kurz vor seinem gewaltsamen Tod im Ersten Weltkrieg - die erste Lösung von Albert EINSTEINs Feldgleichungen zu entwickeln, der auch der Faktor 1/√{1 − 2µ/r} entstammt.

Ausgangspunkt ist die Polarkoordinatenform der MINKOWSKI-Metrik, in der das Quadrat eines Linienelenemts die Form

(4.1) (cdτ)² = (cdt)² − (cdr)² − (rdϑ)² − (r·sin(ϑ)dφ)²

hat. Dabei steht r für den räumlichen Abstand vom Ursprung r=0 und markiert zugleich eine „Umkugel“ um den Ursprung mit der Oberfläche A=4πr². Letzteres gilt auch für die SCHWARZSCHILD-Metrik

(4.2) (cdτ)² = (cdt)²(1 − 2µ/r) − (cdr)²/(1 − 2µ/r) − (rdϑ)² − (r·sin(ϑ)dφ)².

Der radiale Abstand zwischen zwei Orten r₁≥2µ und r₂>r₁ ist größer als r₂−r₁, nämlich

(5.1) ∫_[r₁]^{r₂} dr/√{1−2µ/r},

was für r₁≫2µ näherungsweise

(5.2) ∫_[r₁]^{r₂} dr/(1−µ/r) ≈ ∫_[r₁]^{r₂} dr(1 + µ/r) = r₂−r₁+µ·ln(r₂/r₁)

ist. Gleichung (4.2) liefert für einen Körper bei konstantem r und ϑ=π/2

(6) 1 = (dt/dτ)²(1 − 2µ/r) − (r·dφ/cdτ)²
        = (dt/dτ)²(1 − 2µ/r − (r·dφ/cdt)²)
        = (dt/dτ)²(1 − 2µ/r − (v/c)²)
        ⇒ dt/dτ = 1/√{1 − 2µ/r − (v/c)²}

Wie ich oben sagte, ist der Effekt durch die Geschwindigkeit nicht von der durch die Gravitation zu trennen.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – + Auseinandersetzung mit Gegnern der RT

SlowPhil  01.03.2017, 15:28

Die Gleichungen (3.1) und (3.2) beruhen auf einem Denkfehler. Zunächst einmal ist ganz allgemein

(1) ω₀/ω = (1 + Φ/c²),

denn dies beruht auf der Energieerhaltung, und die ist ein fundmentales Prinzip. Bei Φ=–c² verschwindet dieser Faktor, und das ist ein pathologischer Fall. Die Kreisfrequenz eines jeden Lichtsignals, das „weiter oben“ startet, muss bei Annäherung an dieses Gravitationspotential jede Grenze überschreiten.

Licht, das von dort „versucht“, nach oben zu gelangen, fällt nicht etwa von einem Umkehrpunkt wieder zurück wie ein hochgeworfener Stein oder verliert seine gesamte Energie irgendwo (weiter „oben“), sondern kann Φ=–c² nicht einmal verlassen. Diese Stelle ist ein Ereignishorizont.

Hingegen ist

(2) Φ ≈ –GM/r,

eine Näherung, aber nicht für

(3.0) Φ/c² = 1/√{1 – 2GM/c²r} – 1,

(da käme im Übrigen +GM/c²r heraus) sondern für

(3.1) Φ/c² = √{1 – 2GM/c²r} – 1.

Der Energie-Term ist natürlich der zeitliche Teil der SCHWARZSCHILD-Metrik, in dem √{1 – 2GM/c²r} im Zähler steht. In 2GM/c²r ≪ 1 - Näherung ist das nämlich

(3.3) Φ/c² ≈ (1 – GM/c²r) – 1 = –GM/c².

Für r=2GM/c² verschwindet der SCHWARZSCHILD-Faktor, und das Gravitationspotential wird –c² (nach NEWTON würde man dafür –c²/2 erwarten).

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Greife zur Einsteins ART, dort steht die Formel. Im Kopf habe ich die nicht.