Wieso reden viele Menschen so über die Verhaltenstherapie?
'Nimm ein paar Medis, mach ein paar Wochen Verhaltenstherapie und dann ist Deine Welt wieder in Ordnung.'
Dass viele Menschen in unserer Gesellschaft gegenüber Psychotherapie(n) Vorurteile haben, habe ich (auch aus eigener Erfahrung) oft gemerkt.
Aber ich habe den Eindruck gewonnen, dass viele (vorurteilsbelastete Leute) die Verhaltenstherapie als solche überhaupt nicht ernst nehmen.
Viele Personen in meinem Umfeld/auch hier auf gf, stempeln sie als 'Larifari' ab.
Ich selbst habe keine Erfahrungen mit dieser Therapieform. Was sind eure Thesen, weshalb sich in einigen Köpfen so ein Bild von dieser Therapieform festgesetzt hat?
Dass mein Umfeld und gf nicht repräsentativ sind, weiß ich durchaus.
Daher frage ich mich, ob ihr auch schon herabwertende Aussagen über diese Therapieform gehört habt?
4 Antworten
Schwer zu sagen, woher die Vorurteile kommen. Ich persönlich bin sehr überzeugt von der VT.
1.Sie ist das am besten Untersuchte Psychotherapeutische Verfahren und hat sehr gute und breit aufgestellte Wirksamkeitsnachweise
2.Neben dem Verhalten betrachtet sie auch Kongitionen und Berücksichtigt, welche Lernerfahrungen Patienten in ihrem Leben gemacht haben, und Unterstützt bei einem Lösungsorientieren, Aktiven, und Ressourcenorrentieren Lösungsprozess
3.Es besteht aus meiner Sicht ein sehr kooperatives Verhältnis zwischen Klienten und Therapeten
Mancher Psychologischer Laie wird denken, die VT "kratzt nur an der Oberfläche"- für die Streng manualisierte und standartisierten Verfahren mag das auch gelten, aber die einzelnen Therapieformen stehen näher beieinander als man glaubt. So geht es auch in der VT darum, ungünstige Schemata und Gedanken in die Lerngeschichte einzuordnen und verständlich zu machen, und dann mit effektiven Strategien aufzulösen.
Ich denke die Therapieformen unterscheiden sich weniger in den Therapeutischen Strategien als durch die dahinter stehenden Erklärungsmodelle zur entstehung von Störungen.
Ich habe das auch schon gehört - einmal auch nach dem Motto "dann muss man sich halt entsprechend am Riemen reißen, dann muss da auch nicht hin". Ich erkläre mir das mit dem vielen Halbwissen, das im Umlauf ist, den gängigen Klischees und auch semi-seriöser Berichterstattung zum Thema "Umgang mit psychischen Erkrankungen und Therapien", die immer wieder in unfassbar polemischer und inhaltlich falscher Weise über diverse Blätter - allen voran Apothekenumschau - vermittelt wird. Das lesen die Leute bzw. das liest die Zielgruppe, glaubt es und wenn man das einmal wo gelesen hat, wird schon was dran sein.
Deswegen verzichten Betroffene selbst im Wissen, dass es besser für sie wäre und den Zustand verbessern würde, auf professionelle Hilfe - weil sie Angst haben, von ihrem Umfeld dann belächelt zu werden bzw. als "bekloppt" oder "geisteskrank" zu gelten - denn genau auf dieser Schiene argumentieren die Apothekenumschau sowie diese ganzen Gratismagazine der Krankenkassen, die auch nicht besser sind.
Allerdings muss ich einlenken: Wer mir bisher durch solchen Kappes aufgefallen ist, der ist in der Regel kein besonders gebildeter Mensch, stammt aus einem sehr einfachen Milieu eher auf dem Land, hat keine nennenswerten eigenen Probleme und ist schon dann zufrieden, wenn das Essen schmeckt und die Kirchenglocke ihm befiehlt, wann er in die Kirche gehen muss. Das sind Leute, für die Depressionen schon die Eintrittskarte in die geschlossene Psychatrie darstellen und die der Meinung sind, dass jeder, der zum Psychologen geht, verrückt ist und weggesperrt gehört. Und das ist letztlich die Kernzielgruppe, die solche Heftchen liest und dann glaubt, was da geschrieben steht.
Es gibt leider auch gebildete Menschen, auch Ärzte, die so denken und reden und vor allem auch Ärzte, die von diesem Gebiet nicht die geringste Ahnung haben und meinen sie könnten darüber urteilen.
Speziell im Bezug auf die Verhaltenstherapie ist es mir noch nicht aufgefallen, aber der Umgang mit psychischen Erkrankungen und Betroffenen ist zum Teil in der Tat katastrophal.
Da hast du Recht, es gibt 1000 Vorurteile über das ganze Thema. Was ein riesen Problem ist, da Vorurteile viele Betroffene dazu verleiten, sich keine professionelle Hilfe zu holen, was ein großer Fehler ist.