Wieso können viele Stotterer Gedichte ohne zu stottern aufsagen?
Stimmt das überhaupt? Wenn ja, woran liegt das? Ist es das Gefühl etwas auswendig gelernt zu haben und sich dadurch sicherer zu fühlen.
5 Antworten
Ich kenne einen Stotterer, der nicht stottert, wenn er Englisch spricht.
Es gibt sehr viele unterschiedlich Gründe, warum und in welcher Situation ein Mensch stottert - ohne die Gründe zu kennen, lässt sich über die Ursache solcher Phänomene, wie von Dir beschrieben, nur spekulieren.
Ja, die Frage ist wirklich, ob das überhaupt stimmt, es gibt große Unterschiede zwischen einzelnen Stotterern, für manche ist Lesen (oder Gedichte vortragen) die Hölle, teilweise, weil sie die vorgegebenen Worte nutzen müssen und nicht auf andere Begriffe ausweichen können. Anderen dagegen fällt lautes Vorlesen und Gedichteaufsagen leicht. Es gibt Erklärungen, zum Beispiel könnte der vorgegebene Rhythmus Stotterern helfen. Sicher ist wenig, wenn es um Erklärungen über Stottern geht.
Eine sehr interessante Frage, auf die ich Folgendes antworten möchte:
Stotterer können auch flüssig (ohne zu stottern) singen. Das geht meines Erachtens auf 3 Faktoren zurück.
- Beim Singen kommuniziert man nicht. Wenn ich das Lied singe: "Alle Vögel sind schon da", möchte ich meinem Zuhörer nicht mitteilen, dass schon alle Vögel da sind.
- Das, was man singt, wurde schon vorher gelernt (Text und Melodie). Nur musikalisch seht Gebildete oder sehr Phantasievolle können spontane Botschaften singen. Sehr eindrucksvoll ist der Film "Die Regenschime von Cherbourg", in dem alle Dialoge gesungen werden. Aber die wurden natürlich vorher gelernt.
- Singen ist rhythmisch, spontanes Sprechen nicht. Wenn spontanes Sprechen rhythmisch wäre, dann könne man, wenn sich zwei Leute unterhalten, danach tanzen.
Alles das trifft auch auf das Sprechen von Gedichten zu. Allerdings ist die Verflüssigung nicht so zuverlässig wie beim Singen und betrifft auch nicht alle Stotterer. Was ist also anders?
Möglicherweise spielt auch die gegenüber dem spontanen Sprechen andere Stimmbildung beim Singen eine zusätzliche Rolle, die beim Gedichtsprechen nicht so deutlich anders ist. Es ist auch möglich, dass die Verflüssigung beim Gedichtsprechen je deutlicher ist, desto überriebener der Text als Gedicht gelesen wird, also mit deutlichem Rhythmus und besonders klangvoller Stimme.
Für viele stotternde Menschen trifft das tatsächlich zu, da sie beim Vortragen eines Gedichtes nicht frei und situationsbezogen sprechen müssen. Ihnen fehlt nämlich nicht die Technik zum flüssigen Sprechen, das Stottern ist eigentlich immer an seelische Anspannung geknüpft. Ähnlich ist es, wenn stotternde Menschen einen Text vorlesen, eine Theaterrolle spielen oder ein Lied singen. Manche stottern auch "nur" privat, nicht aber im Beruf, weil sie dort eine vorgegebene Rolle erfüllen.
hat bestimmt was mit hirnregionen zu tun, singen soll ja auch helfen