Jetzt steht Dein Kommentar da schon 6 Tage. Ich habe lange darüber nachgedacht und bin zu folgendem Schluss gekommen. Dein Problem ist, dass Du den kreativen Prozess mit Deiner Motivation verwechselst. Du meinst, dass das Nachlassen des kreativen Prozesses (dass einem etwas einfällt, am besten etwas qualitativ Hochwertiges) ein Zeichen von mangelnder Motivation ist. Das ist nicht der Fall!
Der "kreative Prozess" läuft oder läuft nicht. Den kann man nicht "machen", ebenso wenig wie man Wetter "machen kann", mit einer Ausnahme, auf die die komme ich noch.
Um diese Aussage zu stützen zitiere ich sehr kreative Menschen wie z.B. den Liedermacher Bob Dylan, der in seinen jungen Jahren ein ungeheures Volumen an herausragenden Liedern geschaffen hat mit Texten von einer so hohen Qualität, dass er vor kurzem den Nobelpreis für Literatur für sein Lebenswerk erhalten hat, meiner Meinung nach völlig zu Recht. Aber er klagt darüber, dass ihm jetzt, er ist etwa so alt wie ich (76), nichts mehr einfällt.
Eines meiner liebsten Bücher ist "Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten" von Robert Pirsig. Der Autor hat nach diesem spektakulären Bucherfolg (ein "Kultbuch"!) versucht, weitere Romane dieser Qualität zu schreiben, es war alles ein müder Abklatsch. Der kreative Schub hatte seine Frucht getragen. Ein Kultbuch wie dieses schreibt man nur einmal in seinem Leben. Wenn man es gelesen hat, versteht man warum (Warnung: die ersten 80 Seiten sind sehr zäh!).
Ich glaube, es gibt niemanden, der weiß, wie man einen kreativen Schub auslöst und wie man ihn in Gang hält, aber es gibt Vermutungen darüber, wie man eine "kreative Routine" entwickelt, die es erleichtert im "kreativen Prozess" zu bleiben".
Von Thomas Mann wird erzählt, dass er die Gewohnheit hatte, an jedem Tag von 10 bis 13 Uhr am Schreibtisch zu sitzen und zu schreiben (wichtig, nichts anderes zu tun als zu schreiben). Ich bin nicht sicher, ob ich das korrekt zitiere, vielleicht war es etwas anders. Er brachte sich damit in eine "Voreinstellung" (engl. preparatory set) für Schreiben. Und das scheint den kreativen Prozess in Gang zu halten. Bei den äußerst produktiven Autorinnen Cornelia Funke und Joanne K Rowling ähnlich zu laufen / gelaufen zu sein. Das ist eine Empfehlung an Autoren / -innen, die den "horror vacui" (die Angst vor der Leere = dem leeren Blatt) erleben: einfach anfangen zu schreiben, irgendetwas, bis das Schreiben "ins Laufen kommt".
Der Zustand, in dem "es läuft", ist ein Trance-Zustand. So lange er anhält, spürt man keinen Hunger und keinen Durst. Ich kenne ihn vom Programmieren. Wenn ich ihn erreiche, schaffe ich in kurzer Zeit sehr viel, verglichen mit dem unproduktiven Zustand, in dem ich mich nur vor der anstehenden Arbeit drücke und alles Mögliche andere mache, nur weil ich fürchte, die anstehende Aufgabe nicht zu bewältigen. Wenn der Termindruck dann zu groß wird, fange ich an, merke, dass ich in den Hochleistungs-Modus komme und bin darüber ganz glücklich, vor allem deswegen, weil ich unerwartet viel schaffe.
Was kannst Du daraus lernen? Sei nicht unglücklich, wenn die Muse Dich nicht küsst. Deren Küsse kannst Du nicht erzwingen, sie geschehen oder bleiben aus. Aber Du kannst das machen, was Du üblicherweise in einem kreativen Moment machst, auch in Momenten, die nicht "kreativ sind".
Die Bee Gees haben einmal erzählt, wie sie neue Songs erfinden. Sie saßen zu dritt mit einem Instrument (Keyboard / Gitarre / ...) zusammen und klimperten abwechselnd Standard-Tonfolgen (sog. Licks) vor sich hin, bis sich eine der entstehenden Lick-Kombinationen sich als brauchbar zeigte.
Naja, ich hoffe, dass Dir davon etwas hilft bei der Überwindung Deiner Frustration.