Wieso ist WWE so wahnsinnig populär?

7 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Lieber PeterFragtNet,

ich finde offen gestanden, dass ich Ihre Frage im Kern zwar verstehe, aber die Wortwahl in Ihrer Fragestellung unfassbar respektlos ist, zum einen für diejenigen, die das Konzept als Zuseher schätzen, zum Anderen für die Ausübenden, welche bei jedem Auftritt alles geben um die Zuschauer zu unterhalten und dabei ihre eigene Gesundheit riskieren.

Vorweg gesagt: Wrestling hat eine fast 150jährige Tradition und erfand sich seit dieser Zeit unzählige Male neu.

Ich habe ja keine Ahnung was Sie erwartet haben, als Sie beim Zappen bei Wrestling hängengeblieben sind. Darauf kommt es ja schließlich an, man sieht fern und egal bei welcher Sendung hat man eine gewisse Erwartungshaltung. Wird diese erfüllt und man kann sich davon unterhalten lassen wird es geschaut und man taucht ein in diese Welt die da gezeigt wird. Wenn es einem nicht gefällt schaltet man halt weg. In Ihrer bruchstückhaften Fragestellung erwähnten Sie die Kampftechnik, daher nehme ich an, Sie vergleichen Wrestling 1zu1 mit Sport. Dies ist die falsche Erwartungshaltung, eine Frage an Sie: Wenn Sie einen Film der Rocky-Reihe ansehen, suchen Sie dann Rocky Balboa in den Ranglisten von WBO etc. oder kritisieren Sie an Sylvester Stallones/Dolph Lundgrens Boxtechnik herum? Ich hoffe nein, wobei Sie damit garantiert die Lachnummer in jeder Filmdiskussion wären.

Worauf ich hinauswill: Wrestling ist Grenzgänger zwischen Sport und Unterhaltung und somit eigenständig in der Welt des Entertainment. Sie wollen bestimmt alles gerne vereinfacht haben und alles in eine Schublade stecken, jedoch liegen Sie, egal bei welcher Schublade, hier daneben. Ich glaube, Sportfilme wie Rocky, Karate Kid oder ähnliche kommen dem Wrestling selbst zumindest am Nähesten. Stellen Sie sich vor, Sie sehen, wenn Sie Wrestling gucken wollen, eine TV-Serie, in dem es um eine Wrestlingliga und die dort auftretenden Wrestler geht. In diesem "Entertainment-Kosmos" wenn man so will entwickeln sich die Charaktere der Wrestler von Woche zu Woche weiter, es gibt Differenzen untereinander, die am Ende im Ring gelöst werden. Es gibt Allianzen untereinander, verschiedenste Arten von Charakteren, die quasi alle Film-Genres bedienen etc.. Während jedoch das Ende eines Films oder einer Serienstaffel einen Abschluss darstellt (die Rollen haben ihre Geschichte erzählt --> Ende) müssen beim Wrestling die Charaktere nach Abschluss einer mehrwöchigen/mehrmonatigen Handlung weiterhin sinnbringend eingesetzt werden. Hier kommen die Titelgürtel ins Spiel, alle Wrestler befinden sich quasi in einer Rangliste (wie beim Boxen), Ziel aller ist es über kurz oder lang, sich einen Titel zu holen. Und diese Rangliste verändert sich stetig. Das ist der Reiz der Handlungen, denn Charaktere wachsen, verändern sich, kämpfen für ihre Ziele über Jahre. So funktioniert Unterhaltung, deshalb schauen wir auch Filme und Serien, weil diese genau so funktionieren.

Sie werden jetzt bestimmt sagen: "Aber wieso ist Wrestling Sport?" Weil sich Sport eben nicht rein aus sportlichen Wettkampf definiert. Der Sport im Wrestling definiert sich über Athletik, Kraft und Akrobatik. Alle Wrestler sind trainiert, denn ein trainierter Körper beugt am Besten Verletzungen vor, jeder falsch berechnete Sturz oder Fehler kann theoretisch den Rollstuhl oder schlimmer bedeuten. Googeln Sie z. B. nach Darren Drozdov oder Mitsuharu Misawa wenn Sie mir nicht glauben. Natürlich ist das Ende vorgegeben (jeder Fan weiß das), aber ich frage mich, weshalb Sie nicht sehen können/wollen was Wrestler leisten und riskieren müssen, um die Zuschauer zu unterhalten. Und zur Kampftechnik: Natürlich gibt es die. Aber jeder Teilnehmer eines Matches sollte herausragende Momente haben, deshalb gehen mehr Aktionen durch als beim Boxen o. ä. wo alles von der Deckung abgefangen wird. Das erfordert die Geschichte, die die Wrestler auch während eines Matches erzählen. Da spielt auch der Realismus diverser Aktionen im Vergleich zu einem realen Kampf keine Rolle, es ist eben Entertainment. (wer fühlte sich z. B. nicht von Bud Spencer & Terrence Hill unterhalten? Wieviel Realismus war denn da dabei?) Der Stil selbst geht in immer spektakulärere Sphären, was ich auf gewisse Art und Weise schade finde, in den 70ern/80ern war mehr Realismus in den Matches, Wrestler hatten in einem 20-Minuten-Kampf 5 Stürze auf den Rücken und dennoch wurde das Match als gut bewertet. Mir gefällt der heutige Stil schon mit vielen High-Flying-Aktionen etc, finde jedoch die Mischung machts.

Unterm Strich ist Wrestling eine grandiose Unterhaltung für Jung und Alt, ein Entertainmentkonzept, dass sich bewährt hat (WWE RAW ist die am längsten am Stück laufende wöchentliche TV-Sendung der Welt, seit 1993). Andere schauen gerne Superheldenfilme, spielen irgendwelche Konsolenspiele, verfolgen Serien wie Walking Dead oder schauen Filme wie Tribute von Panem oder Herr der Ringe. Sind alles ausgedachte Geschichten, die auch noch in Fantasiewelten spielen. Wrestling ist eine Stuntshow, die in einem Ring vor Livepublikum performt wird... und: alle Wrestler machen ihre Stunts selbst. Man ist alles zusammen: Athlet, Stuntman, Entertainer, Schauspieler. Und ja, ein Regelwerk gibt es auch, aber ich kann von Ihnen nicht verlangen, sich da einzulesen wenn Sie schon beim Begriff Wrestling innerlich abwinken.

Ihnen, lieber Peter, muss es ja nicht gefallen. Vielleicht glauben Sie mir auch garnicht wenn Sie diese Zeilen lesen. Also, wenn Sie weitere Fragen haben, können Sie mir diese gerne stellen, aber Sie unterschätzen Wrestling maßlos.

Woher ich das weiß:Hobby – Wrestling-Nerd seit 1992 mit großem Detailwissen

PeterFragtNet 
Beitragsersteller
 08.12.2015, 20:15

Danke für deine mehr als ausführliche Antwort, Ich will hier keinem zu nahe treten, das ist einfach nur mein Eindruck welches mir dieser Verein vermittelt. Auf Grund der hohen Popularität versuche ich einfach nur zu verstehe, nicht mehr und nicht weniger.

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KrizKey  08.12.2015, 20:27
@PeterFragtNet

Gerngeschehen, aber die Fragestellung an sich schafft halt schon eine angespannte Grundstimmung, hätte man anders auch fragen können. :)

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Sunnyracer  08.12.2015, 18:45

Perfekte Antwort. :)

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Es gab ja hier schon ausgiebige und gute Antworten, daher werde ich mich auf 2-3 kurze Anmerkungen beschränken. Hier einige Fakten:

1. Aktuell sind im ProWrestling über 650 Griffe und Aktionen aus sämtlichen Kampfsportarten der Welt erlaubt. das bedeutet also, wer im Wrestling Fuss fassen will muss einen Kampfsport Hintergrund haben.

2. ProWrestling hat in erster Linie das Ziel Geschichten im Ring zu erzählen und zeitgleich den Zuschauer dazu aufzufordern mit der Geschichte mitzugehen indem man die darin verwickelten Charaktere mag oder nicht mag.

3 WWE und Wrestling ist in erster Linie deswegen so populär, weil es eben die einzige Kampfsportart ist, welche die Illusion erzeugt, dass es in den Fehden um mehr geht als nur einen sportlichen Wettkampf. Wie in einer TV Soap Serie streiten sich die Wrestler um Frauen, Erfolge und Titel und erzeugen so dynamische Storys. Außerdem ermöglicht es den Wrestlern neben den Kampfsport halt auch wirklich eine "bestimmte" Rolle zu spielen - das ist irgendwo etwas, das kein anderer Sport zu bieten hat und wer die "love me, hate Soaps" wie Gute Zeiten ... etc nicht mag findet hier eine alternative auf sportlicher Ebene. 

4. ProWrestling ist sehr auf die Sicherheit der Akteure bedacht. Jeder Kämpfer muss bei seinem Kampf also größte Vorsicht walten lassen um andere nicht gezielt zu verletzten. Der Vorteil liegt auf der Hand: dadurch kann ein Wrestler über 100 Kämpfe im Jahr bringen und ist für die Geschichte "immer" verfügbar. Zum Vergleich: ein Profi Boxer schaft bis zu seinem 30. Lebensjahr im schnitt vielleicht 50-60 Kämpfe bevor er aufhören muss, weil durch die ständigen Kopfschläge Hirnschäden etc zu befürchten sind.

Das ist einfach Unterhaltung.

Nicht mehr und nicht weniger. Wenn ich einen Film/Theaterstück gucke weiß ich auch das das gespielt ist. Man kann es als eine Form des Theaters sehen wenn man möchte, da jeder Kampf genau durch choreographiert wird.

Es ist kein Affentheater.Und das mit "0 Kampftechnik " stimmt auch nicht.Alle wrestler müssen Jahre lang trainieren bevor sie in ein richtiges match gesteckt werden.Außerdem müssen Sie genau wissen wie sie fallen damit sie sich so wenig wie möglich wehtun.Regeln gibt es auch.Du hast warscheinlich nur beim Gedanken Wrestling an zwei eingeölte Kerle die sich mit Stühlen die Köpfe einschlagen.Guck dir einfach mal Shawn Michaels gegen Undertaker bei Wrestlemania 25 an.Dann wirst du warscheinlich anders denken.

0 Kampftechnik? Wie kommst du denn auf das? Lerns doch mal selber all die Moves perfekt und verletzungsfrei auszuführen ;) Dann siehst du dass das nicht 0 Kampftechnik ist. Und was ist dein Problem? Manchen gefällt es. Beweisführung abgeschlossen.