Wieso ist das Gehirn bei Autisten anders als bei "Normalos"?

3 Antworten

Das stimmt nur zum Teil. Autismus und auch AD(H)S oder auch die leichte Autismus-Form, die man als Asperger-Syndrom kennt sind keine: "Hat man oder hat man nicht"-Phänomene. Man bezeichnet sie heute als Spektrumsstörungen.

Keine zwei Menschen sind gleich, auch keine zwei Gehirne. Man definiert einen Bereich, in den 80-90% der Menschen hinein passen als "normal", befindet man sich außerhalb dessen werden dafür bestimmte Begriffe gefunden.

Trotzdem ist es nicht verkehrt was du sagst. Bei Menschen, die sehr viele Bereiche des Autismus-, Asperger- oder AD(H)S-Spektrums abbilden ist die Gehirnchemie, also die Verabreitung bestimmter Botenstoffe deutlich messbar anders als bei der Mehrheit der Menschen. Dadurch reagiert ihr Gehirn auf die Reize und Herausforderungen die an sie gestellt werden anders. Es funktioniert aber nicht per se besser oder schlechter. Die genannten Gruppen haben oft enorme Vorteile in bestimmten spezifischen Bereichen, aber in den Bereichen die für das Verstehen und Zusammenleben mit anderen Menschen relevant sind, haben sie oft Defizite.

Bekannt werden aber meist nur die extremeren Fälle, bei denen die Betroffenen sehr weit in ihrem Spektrum am Rand sind.

Die Erkennung leichter Fälle einer Autismusspektrumsstörung (gleiches gilt für Asperger und AD(H)S) passiert oft gar nicht. Die Kinder lernen mit der Zeit schlicht, was die Umwelt von ihnen erwartet und lernen dann entsprechend zu funktionieren. Sie ecken zwar manchmal an, da sie aber oft in anderen Bereichen sehr gut sind, nimmt man es ihnen als leichte Schrulligkeit nicht übel.

Aber dieses Gebiet hat noch sehr viel Forschungsspielraum, denn die Gehinchemie ist erst in Ansätzen verstanden, weil sie unglaublich komplex ist.

Achso, die eigentliche Frage der Ursache: zum größten Teil Genetik, untersucht man die Eltern findet man meist schon Hinweise auf ähnliche Veranlagungen, die sich bei den Kindern dann verstärken und abschwächen können.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Du schreibst selber, dass die Hirnareale weniger stark vernetzt sind.

Was nützt dir ein Geistesblitz, wenn du ihn nicht erklären kannst? Wie will man interagieren, wenn man nicht erkennt, ob das Gegenüber überhaupt zuhört, Freund oder Feind ist bzw. versteht, was man will?

Als Ursachen werden genannt: genetische Ursachen, gestörte Hirnentwicklung, gestörter Hirnstoffwechsel

Das weist darauf hin, dass es vererbt und erworben werden kann. Vielleicht eine Unterversorgung bereits im Mutterleib oder in der frühen Kindheit? Ich könnte mir auch Medikamente oder schädliche Substanzen als Ursache in der sehr frühen Kindheit vorstellen.


Oowzeed  27.05.2022, 14:01

Erbliche Faktoren Ja, auch andere Faktoren, die die Hirnentwicklung beeinflussen werden noch erforscht, aber deine Äußerung hinsichtlich Medikamenten oder schädlichen Substanzen unterstellt, dass die Hirnentwicklung falsch oder schlechter wäre. Das ist durchaus nicht der Fall, sie ist anders, Autisten und andere Menschen mit Spektrumsstörungen haben im Gegenzug oft Areale die deutlich besser ausgebildet sind und vernetzt sind. Eine Wertung halte ich in diesem Fall für überheblich und schädlich, weil sie stigmatisiert.

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Realisti  27.05.2022, 14:23
@Oowzeed

Nun ja, die Betroffenen erleben ihren Autismus als eine Einschränkung und nicht wenige fühlen sich benachteiligt. Da fällt es mir schwer, die Ursachen für Autismus zu loben.

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Oowzeed  27.05.2022, 14:29
@Realisti

Es geht nicht um loben, natürlich erfahren Menschen mit Spektrumsstörungen Ausgrenzung und Benachteiligung, sowie alle die nicht ins Schema F passen, je ausgeprägter ihre Symptome sind, umso mehr. Aber hier liegt ein gesellschaftliches Defizit vor diese Menschen in ihrer Andersartigkeit zu begreifen und ihr Potential zu erkennen. Sie als krank oder defekt (sprachlich) auszugrenzen verschlimmert ihre Situation. Mit integrativen Ansätzen können sie oft vollständig am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Was mich aber hauptsächlich gestört hat ist der Bezug auf Medikamente oder schädliche Substanzen, die hier einen Defekt im Hirn suggerieren und das ist wissenschaftlich schlicht unhaltbar.

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Realisti  27.05.2022, 14:43
@Oowzeed

https://www.zentrum-der-gesundheit.de/news/medizin/allgemein-medizin/autismus-durch-asthma-medikamente-1602011004
Es geht um die Verknüpfung auf feinster Nerven- und Gehirnebene. Natürlich sind da Medis & Co. ein Thema. Genauso wie bei Cannabis bei Teenager. (Obwohl die ballern sich freiwillig und selber das Zeug in die Birne.)

In den 1960er Jahren nahmen Mütter auf ärztlichen Rat hin Contergan ein, mit den bekannten Folgen. Im Ergebnis von Genussmitteln in der Schwangerschaft gibt es viele Krankheiten auf neurologischer Ebene. Da liegt es überhaupt nicht fern auch hier neben den genetischen Anlagen auch nicht körpereigene Substanzen zu verdächtigen.

Ein ganz andere Thema ist, wie kamen die dahin: Ernährung, Umwelt, Medis, Unwissenheit, usw.?

Und selbst du kannst nicht leugnen, dass Autisten nicht "ticken wie die anderen Uhren". Es ist sehr löblich, dass du dich für Integration stark machst. Nur sollte man nicht damit übertreiben. Die weitgehenste Abschaffung der Förderschulen und Vorschulen oder auch Begabtenschulen sieht nur vordergründig gut aus. In Wirklichkeit hat man Menschen mit Handycap einen Schutzraum genommen. Gut ausgebildete Lehrer, die sich auf die Förderung spezialisiert hatten finden sich in der Ballung und mit der Erfahrung in keiner integrativen Klasse, egal wie gut gemeint.

Das ist hier ein klarer Fall von "gut gemeint" ist nicht gleich "gut gemacht."

Aus dem gleichen Grund sehe ich die Abschaffung der Hauptschulen kritisch. Diese ständige Gleichmacherei ist unglaubwürdig. Ich persönlich finde es viel wichtiger jedes Kind dort abzuholen, wo es ist. Ein Volk braucht nicht nur Häuptlinge sondern auch ganz viele Indianer. Und wenn es nach mir geht ganz viele glückliche Indianer mit einem erfüllten Leben.

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