Fluch oder Segen?

11 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Das ist keine Gabe, sondern ein Produkt deiner Phantasie. Möglicherweise bereits gekoppelt mit einer sozialen Angst. Indem du dir einbildest, Menschen zu durchschauen, gibst du dir quasi selbst die "Erlaubnis" misstrauisch zu sein.

Serien wie "Lie to me" verbreiten die Botschaft, dass Menschen durchschaubar wären. Fakt ist: Sie sind es nicht. Wäre es anders, gäbe es keine Verbrechen mehr. Man kann sich über langjährige Studien von Mimik und Körpersprache eine gewisse Beobachtungstechnik aneignen - wirklich zuverlässig wird deren Ergebnis dennoch niemals sein. Mag sein, dass auch du gelegentliche Zufallstreffer erzielst, aber nur das sind diese auch: Zufall.

Heißt: Hinter deiner Haltung steckt Angst, welche deine Phantasie bemüht, um Abwehrstrategien zu finden.

Es könnte sich lohnen, da mal etwas genauer hinzusehen.


TheHadouken23 
Beitragsersteller
 13.03.2013, 12:03

Genau so etwas ähnliches hab ich auch schon gedacht. Dies ist der Grund weshalb ich Psychologie studieren möchte. Dass ich eine perfekte Analyse der Psyche meines Gegenübers durchführen könnte wage ich mir keinesfalls zu behaupten. Aus Angst vor eventuellen Konflikten den Gegenüber zu analysieren bzw es zu versuchen, schätze ich als menschlich ein. Gehen Sie bitte einfach mal von dem Szenario aus, dass ich schon sehr oft "Glückstreffer" diesbezüglich hatte. Verstehe ich Ihre Aussage richtig, dass man sich darauf keineswegs verlassen sollte? Natürlich ist jeder Mensch verschieden. Aber jeden Menschen treiben auch fast immer dieselben Ziele an. Welche die Individualität der Psyche des Menschen wieder in Frage stellt. Ich hoffe, dass Sie verstehen worauf ich hinaus möchte.

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Jule59  13.03.2013, 12:10
@TheHadouken23

Gehen Sie bitte einfach mal von dem Szenario aus, dass ich schon sehr oft "Glückstreffer" diesbezüglich hatte. Verstehe ich Ihre Aussage richtig, dass man sich darauf keineswegs verlassen sollte?

Ja. Unser Gehirn beherrscht eine Menge Selbstschutzmaßnahmen in absoluter Perfektion. Dazu gehört, dass es glaubt, was es glauben soll. Über diesen Mechanismus halten sich beispielsweise Opfer von sexualisierter Gewalt über viele Jahre des Missbrauchs am Leben.

In deinem Fall greift die selektive Wahrnehmung. Die Aussicht darauf, Menschen durchschauen zu können, gibt Sicherheit. Um diese zu erhöhen, nimmst du unbewusst die erfolgreichen Momente wahr, während all die anderen, in denen du daneben liegst, gar nicht in deinen Wahrnehmungsbereich fallen. Daraus resultiert die Illusion einer hohen "Trefferquote".

Letzten Endes bestätigst du dir damit aber auch ständig deine Angst. Indem du die Individualität der Menschen in Frage stellst, erteilst du dir großzügig die Berechtigung, dich damit gar nicht abgeben zu müssen, weil ohnehin alle gleich ticken.

Das mag hilfreich gegen bestimmte Ängste sein - einem glücklichen und zufriedenen sozialen Leben dient es nicht.

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TheHadouken23 
Beitragsersteller
 13.03.2013, 12:34
@Jule59

Lösung dafür? Ich meine man kann es ja nicht einfach abschalten. Es klingt auf jeden Fall sehr einleuchtend was Sie da schreiben. Nur beinhaltet ein glückliches, soziales Leben, die Lüge an sich selbst? Ich habe auch genug Menschen um mich herum...sprich einen Freundeskreis. Es muss doch irgendwie möglich sein dies zu nutzen. Ich finde es etwas zu einfach dies als Einbildung abzustempeln. Wobei ich Ihnen in der Tatsache, dass schlechte Dinge bzw Misserfolge automatisch weggeblendet werden, Recht gebe. Dies schließt aber eine hohe Trefferquote nicht aus...Nur wovor hab ich Angst? Das weiß ich nichtmal selbst...Ist es die Angst verletzt zu werden? Ist es die Angst jemanden zu verlieren? Oder ist es einfach die Angst unrecht zu haben. Sollte sich Ihre Antwort bewahrheiten, müsste ich mein komplettes Weltbild nochmal überdenken. P.S. Dass Sie die hilfreichste Antwort gaben ist Fakt. Sie haben mich echt zum Nachdenken angeregt.Danke dafür :)...P.P.S. Ich entschuldige mich für den vielleicht teilweise zusammenhangslosen Text. Nur ging mir beim Schreiben echt viel durch den Kopf. Ich appelliere einfach an Ihr Verständnis diesbezüglich :)

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Jule59  13.03.2013, 12:58
@TheHadouken23

Nur beinhaltet ein glückliches, soziales Leben, die Lüge an sich selbst?

Ein bisschen weniger Drama genügt auch zum Analysieren :). Wollte man über "Die Lüge" sprechen, wäre das wohl eher ein philosophisches Thema. Fakt ist, dass im sozialen Miteinander Lügen unabdingbar ist. Jeder Mensch lügt unzählige Male am Tag, ohne das überhaupt zu merken. Wären wir bedingungslos ehrlich zueinander, würde ein soziales Zusammenleben niemals funktionieren.

In einem gewissen Alter neigt man zu kompromisslosen Ansprüchen an sich selbst und andere. Das ist eine wichtige Zeit, denn sie bedeutet eine sehr ernsthafte Auseinandersetzung mit den eigenen Werten. Gleichzeitig wird man recht unglücklich dabei, denn es lebt sich ziemlich einsam als einziger Verfechter der Wahrheit unter lauter Lügnern :).

Ist es die Angst verletzt zu werden? Ist es die Angst jemanden zu verlieren? Oder ist es einfach die Angst unrecht zu haben.

Das kann ich nicht beantworten. Möglicherweise ein bisschen was von allem. Vielleicht ist es hilfreicher, statt nach der Angst zu fragen, nach den Bedürfnissen zu suchen, die dahinter stehen? Ich finde hinter den von dir genannten Ängsten z.B. ein Bedürfnis nach Sicherheit.

Das gehört zu unseren grundlegenden Bedürfnissen - wie auch die nach Liebe, Respekt oder Gerechtigkeit - und ist ein Motivator für viele Gefühle, wie Angst, Wut oder Trauer.

Sollte sich Ihre Antwort bewahrheiten, müsste ich mein komplettes Weltbild nochmal überdenken.

Das lohnt sich immer :). Ich bin 53 und finde es immer wieder äußerst sinnvoll, mein Weltbild hin und wieder einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Das macht den eigenen Horizont weiter und eröffnet viele interessante neue Perspektiven :).

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Gute Menschenkenntnis zu haben, ist grundsätzlich keine schlechte Sache. Man weiß immer gleich, was auf einen zukommt. Man ist viel sicherer in seinen eigenen Entscheidungen. Wichtig ist, das du dir selbst vertraust. Man nennt es gesunden Menschenverstand.

Es ist okay, jede neue Bekanntschaft zu prüfen, bevor allzu großes Vertrauen missbraucht wird. Aber man soll es nicht übertreiben und es zur Macke werden lassen.

Das ist keine Gabe, sondern deine Sichtweise auf die Welt. du glaubst, jeden sofort einschätzen zu können. Einen Beweis brauchst du nicht, denn für dich ist ja schon von vornherein klar "dass die meißten Menschen nur eine Maske tragen." Verlass dich nie auf dein Vorurteil. Aus Gestik und Mimik kannst du nie eindeutig etwas lesen. Immer ist deine Art zu denken und zu interpretieren zwischen die Wirklichkeit und deine Wahrnehmung geschaltet. Jemanden "durchschauen" kann man nur, wenn man ihn kennt, ihn in vielen Situationen beobachtet hat, mit ihm über seine Ansichten und Pläne gesprochen hat, kurz: sich mit ihnm beschäftigt hat. Dagegen ist zu kucken, wie er geht und das Gesicht verzieht eine armselige Erkenntnisquelle.

Soweit bekannt, gibt es keinen einzigen Menschen auf dieser Erde, der einen anderen Menschen sofort durchschaut. Mag sein, daß du eine gute Menschenkenntnis besitzt. Wahrscheinlicher ist, wie du ja auch schreibst, daß du nur versuchst, Gestik und Mimik zu "analysieren". Du besitzt weder Gnade, noch Fluch; du bist mißtrauisch. Natürlich soll man auf sein Gefühl (Bauchgefühl) achten. Doch gelegentlich täuscht es einen auch.